Fahrt nach Nicaragua 17.04.2023
Zwei Grenzübertritte in einem Tag. Nachdem wir eine laute Gratisnacht vor Adonay‘s lax office verbringen durften und uns gratis mit 40 Kopien unserer Dokumente für zwei Grenzübertritte einkopieren durften, gehts um 07.00 Uhr los Richtung Honduras. Soll mal einer klagen, die Anwaltshonorare seien zu hoch. Wir überholen eine kilometerlange Camiones-Schlange. Etwas kriminell, aber ist halt so. Wir kommen so zeitig an die Grenze. Alles läuft wie am Schnürchen, fast etwas zu schnell, hie und da flattern Kopien im Wind, Dokumente landen im falschen Mäppchen, wo sind die Originale, wo ist das final abgestempelte Formular? Fingerabdrücke links, rechts, Daumen etc. Wir fahren rassig durch 130 km Honduras, um an der Grenze zu Nicaragua das gleiche Procedere (von allen etwas schwarz gemalt) zu durchlaufen. Alle sind sehr hilfsbereit, Camiones stehen doppelspurig parkiert. Wir werden über Fahrbahninseln gelotst (nur für hohe Bodenfreiheit), um dann wieder auf einer Gegenfahrbahn das Immigrationsziel in verbotener Richtung zu erreichen. Achtung! Fenster hochkurbeln, Desinfektion im Gange. Puahhh, das stinkt nach sämtlichen ‘-ziden‘ vereint in einem Giftcocktail. Die Drohne steckt in meiner kleinen Handbörse, doch dann entdeckt mein Schmugglersauge den Gepäckscanner in unserem Warteraum. Mit genügend Erfahrung (natürlich nur als Filmkonsumentin) steure ich zur Toilette. Ich muss das Ding kurzfristig loswerden. Zum Glück ist der Toiletteneimer mit einem Plastikbeutel ausstaffiert, was für Mittelamerika gar nicht selbstverständlich ist, aber meiner Idee entgegenkommt. Die Drohne soll im Eimer unter dem Abfallsack (mit gebrauchtem Toilettenpapier, wie in Lateinamerika üblich) auf mich warten und ja nicht auf Erkundungsflug gehen. Ich bin so ziemlich die einzige Mujer hier, deshalb gehe ich das Risiko ein, bin aber trotzdem mächtig nervös und hoffe, dass keine übereifrige Angestellte den Eimer leert. In der Zwischenzeit muss Horu durch den Scanner und wird mit solch hohen Dosen bestrahlt, dass sicherlich alles tot ist, selbst allfällige Wanzen. Kammerjäger inklusive. Schlussendlich wurden unsere Taschen doch nicht gescannt. Ich kann also meine Abholaktion auf der Toilette starten. MEINE Toilette ist aber besetzt, und ich muss der Toilettenfrau irgendwie plausibel machen, warum ich gerne warte, – auf Spanisch, – das kommt ihr sicherlich spanisch vor. Sam hat dann vorgeschlagen, die Drohne nach Verlassen Nicaraguas einer gründlichen Desinfektion zu unterziehen. Endlich Nicaragua! Bei der Einfahrt ins Land, nochmals eine Kontrolle, fehlt uns noch ein roter Beleg, keine Ahnung! Vom Winde verweht? Auf alle Fälle lässt uns der Beamte nach einem kurzen Telefonat passieren. ‚Sois de Suiza!, doppelt er lächelnd nach. Um 14.30 Uhr haben wir es geschafft und sind geschafft!
Für heute haben wir genug vom Fahren, Dokumente bereitstellen, Formulare ausfüllen und diskutieren. Wir fahren den Parque Acuático Telica kurz vor der Stadt Leon an. Hier können wir auf dem gesicherten Parkplatz übernachten und haben abends ab 17.00 Uhr den ganzen Aqua Park für uns alleine. Das mit den Wasserrutschen lassen wir lieber bleiben. Am Pool essen wir Spaghetti Napoli mit Käsegarnitur aus Guatemala, Gurken- und Tomatensalat mit etwas Camembert aus El Salvador nach französischem Rezept. Ach ja, und einem Italienischen Pino Grigio. Wir wollen morgen in der Früh Leon ansteuern, um Horus Bremsen wieder einmal einer Sicherheitskontrolle zu unterziehen. Der Parkplatz beim Parque Acuático ist wirklich bewacht. Zwei Mal in der Nacht erwache ich ab dem Lichtkegel einer starken Taschenlampe, welcher diffus durchs Dachzelt huscht. Es handelt sich wirklich um einen Wächter, und ich schlafe beruhigt weiter. Auch die Temperaturen sind hier mit ca. 32 Grad in der Nacht deutlich angenehmer.
León 18.04.2023
Die Vögel sind schon früh aktiv und holen uns aus dem Schlaf. Gemütlich essen wir unser Frühstück am Pool und machen uns dann auf den Weg Richtung Garage Taller Lurma, wo wir am Vortag bereits einen Termin vereinbart haben (Lurma hat sich durch einige Landcriuser im Hof verraten).
Die Kolonialstadt León, vollständig Santiago de los Caballeros de León, hat eine ganze Menge an tollen Sehenswürdigkeiten und einzigartigen Aktivitäten ganz in der Nähe zu bieten. Ausserdem ist die Stadt wunderschön und blickt auf eine reiche Geschichte zurück. Auch ist Leon die Wiege der nicaraguanischen Revolution. Hier wollen wir eigentlich nur wenig Geld ausgeben, für den Sicherheitscheck unserer Bremsen.
Frohen Mutes fahren wir wieder durch die Marktstrassen von Leon, als wir plötzlich hinten links im Achsenbereich ein deutliches Knacken hören. Das war ganz klar kein wildes Huhn, welches wir überfahren haben. Das Getriebe greift keinen einzigen Gang mehr! Kupplung? Sam macht die Radnaben rein und 4×4-Getriebe. So kommt Antrieb auf die Vorderachse und es geht langsam Richtung Garage weiter. Horu ist zum Fahrzeug mit Vorderradantrieb mutiert. Zum Glück erreichen wir die letzten 800 Meter bis zur Garage. ‚Tenemos un problema serio‘, begrüssen wir den Garagenchef. Schnell ist klar, dass die Hinterräder nicht mehr mitdrehen. Differentialgetriebe im Eimer? Antriebswelle gebrochen? Nach Abmontage des Rades wird ersichtlich, dass beim Flansch die Bolzen abgeschert sind. Der Flansch muss ausgewechselt werden. Die ganze Trommel muss ausgewechselt werden. Die Welle ist zum Glück nach gerade. Bei Toyota in Managua ist leider der Flansch nicht einzeln erhältlich, sondern nur als Set inklusive Radlager und Bremstrommel, dazu Kleinmaterial. Kosten: C$ 54‘911.74!. Weil das niemand versteht (wir sind ja auch Neuankömmlinge in Nicaragua): USD 1‘510.00. So ein Mist. Trotzdem sind wir dankbar, dass unser Horu noch fast bis zur Garage durchgehalten hat, und erst im Wissen eines bevorstehenden kompetenten Garagisten, welcher innert 24h Originalteile auftreiben kann, den Antrieb aufgegeben hat. Der Schaden hätte ja auch irgendwo in den Bergen auftreten können. So landen wir als Rucksacktouristen im schnuggeligen ‚Casa de los Berioss‘ mit Internet und vier Wänden. Ein weiteres Problem, welches wir zu lösen haben. Weder Tigo-SIM noch Swisscom-SIM funktionieren hier, obschon volle Netzanzeige. Swisscom erkennt zwar das Tigo-Netz, soll aber in Nicaragua nicht funktionieren. Tigo aus Guatemala will auch keine Daten mit Nicaragua austauschen. Nach all unseren mechanischen und digitalen Problemen gehen wir jetzt in die Stadt und melden uns später wieder, wenn wir uns besser fühlen!
Und nach kurzer Zeit sind wir wieder da, neu vernetzt über Claro-SIM.
Ende gut, alles gut! Wir sind wieder vernetzt. Hatten einen herrlichen Ausflug auf das Dach der Basilica Catedral de la Asuncion de la Bienaventurada Virgen Maria. Dem Ausflug folgt ein wirklich sehr interessanter, historischer Unterreicht im Museo de la Revolution. Die Ersatzteile für Horu kommen auch wirklich morgens um 08.00 Uhr von Toyota Managua in Leon an. Die Teile werden sofort verbaut, und wir können unser fahrbares Zuhause um die Mittagszeit abholen. Er ist uns Gold wert. Deshalb überfallen wir innert zwei Tagen in Folge die Bankomaten in Leon, um genügend Cash in USD und Córdoba zu beziehen. Wir spielen damit im Hotelzimmer noch etwas Monopoly, d.h., wir zählen die Noten ab. USD für die Ersatzteile, Córdobas für die Arbeit. Horu schaltet und waltet wieder in allen Gängen, Hinterradantrieb, 4×4 oder Untersetzung, denn das mussten wir bereits am Nachmittag ungewollt ausprobieren, da wir uns jämmerlich, dank der tollen Routenvorschläge von Garmin, verfahren haben.
Volcán Cerro Negro 19.04.2023
Nachdem uns unser Garmin wieder einmal in die Irre führt, d.h., auf dem direktesten Weg zum Fusse des Cerro Negro führen will, und unsere Boden- und Dachfreiheit langsam ans Limit stösst, entscheiden wir uns, zu wenden, so lange dies noch möglich ist. Wir entscheiden uns für eine andere Zufahrt und finden glücklicherweise die Alternative, welche zum Ziel führt. Der Cerro Negro ist ein 728 m hoher Vulkan in Nicaragua, der in der Nähe der Stadt León liegt. Er befindet sich in der Bergkette Cordillera de los Maribios, in der viele aktive Vulkane liegen. Dieser Vulkan ist sehr aktiv, kann aber bestiegen werden, da sich die Eruptionszeiten auf Grund seiner besonderen Beschaffenheit sehr genau voraussagen lassen. Bei jedem Ausbruch wächst der Vulkankegel. Da wir dieses Jahr nicht zum Skifahren kamen, gehts ab aufs Sandboard. Eine Stunde Aufstieg (drei Schritte vorwärts, 2 Schritte rückwärts) steigen wir 260 hm an, also gefühlt über 500 hm. Zum Glück sind wir morgens um 06.30 Uhr ungefrühstückt gestartet. So sind die Temperaturen noch einigermassen erträglich. Ob der Wind ein Segen ist oder nicht? Kommt darauf an, von welcher Seite er kommt. Unser Gepäck, das Board, gilt es auch, den Berg hinaufzuhiefen, hält man das Board falsch, hat es doch eine gewisse Angriffsfläche, da haut es einen beinahe um. Wir müssen öfters, jeweils nach 5 geschafften Höhenmatern, verschnaufen. Nach einer knappen Stunde haben wir unser Startziel erreicht. Nur unsere französischen Freunde, welchen wir schon einige Tagen ungewollt auf den Fersen sind, stehen oben am Kraterrand. Sie nehmen den Abwärtsweg aber wieder unter die Füsse. Wir unter den Po, um in weniger als einer Minute wieder unten zu sein. Unser Adrenalin macht Höhenflüge. Wäre der Anstieg nicht so mühsam, wir hätten das noch zigmal gemacht.
Granada 20.04.2023
Granada ist am Ufer des Nicaraguasees. In dieser Stadt gibt es zahlreiche Sehenswürdigkeiten im spanischen Kolonialstil, welche die wiederholten Überfälle von Piraten überstanden haben. Der Hauptplatz der Stadt, der Parque Central, ist von der farbenfrohen, neoklassizistischen Fassade der Kathedrale von Granada geprägt, die ursprünglich aus dem Jahr 1583 stammt. Das nahe gelegene Centro Cultural Convento San Francisco ist für seine präkolumbischen Statuen berühmt.
Als wir aus unserem RV-Park zu Fuss die Strasse Richtung Parque Central nehmen, sind wir erst einmal vollkommen überfordert. Wir landen nämlich mitten im Geschehen auf dem lokalen Markt von Granada. Es ist irgendwie alles etwas schmuddelig, auf den Strassen drängen sich Busse, Autos und Menschen aneinander vorbei, die Gebäude sind heruntergekommen, der Putz – soweit vorhanden – bröckelt von den Fassaden und ein Verkaufsstand reiht sich an den nächsten. Wir werden in diesen ersten Momenten von den vielen Eindrücken, Geräuschen und bunten Farben förmlich erschlagen.
Ohne Plan durch die Strassen zu schlendern, ist unsere liebste Art und Weise einen unbekannten Ort und dessen Flair zu erkunden. Das Zentrum von Granada zeigt sich dann aber von seiner gepflegten Glanzseite und ist voller farbenfroher und prächtiger Kolonialgebäude, bunter Häuser, freundlicher Menschen und an jeder Ecke und in jeder Seitenstrasse gibt es Spannendes zu entdecken: der abenteuerliche Transport eines uralten Kühlschranks auf der Ladefläche einer Pferdekutsche, ältere Herrschaften in Schaukelstühlen vor ihren Hauseingängen, klassische Schuhputzer bei der Arbeit und das geschäftige Treiben auf der Strasse. Häufig können wir auch durch die offenen Haustüren einen Blick in die fantastischen grünen Innenhöfe werfen.
Während der Kolonialzeit hatte Granada einen der bedeutendsten Häfen in Zentralamerika mit Handelsverbindungen nach Cartagena, Guatemala, San Salvador, Panama und Peru. Wichtige Handelsgüter waren Kakao und Tabak. Die Schiffsroute für den zunehmenden Handel führte über den Nicaraguasee und weiter über den Río San Juanin die Karibik.
Infolge des wachsenden Reichtums und der Auseinandersetzungen der Spanier mit England, Holland und Frankreich wurde die Stadt mindestens dreimal von Piraten überfallen.
1913 wurde durch Papst Pius X. das Bistum Granada errichtet, dessen Hauptkirche die Catedral Nuestra Señora de la Asunción ist. Wir verlängern noch um einen Tag und machen einen entspannten Bootsauflug auf dem Nicaraguasee. Die Islets of Grandada sind eine Gruppe von 365 kleinen Inseln (für jeden Tag eine), die über die Halbinsel Asese verstreut liegen. Hier gibt es noch Inselchen für USD 250’000.00 zu kaufen. Viele gehören mit ihren wunderschönen Liegenschaften und Gartenanlagen einflussreichen Politikern, Bierbrauereibesitzern oder Tabakplantagenbesitzern.
Wie könnten wir ohne Vulkane auskommen? Darum, kurzer Ausflug auf den Vulkan Masaya. Er liegt inmitten der 6 mal 11 km grossen Masaya-Caldera in der Nähe der gleichnamigen Stadt und befindet sich im Nationalpark Vulkan Masaya.