Bariloche zum zweiten Mal 05.03.2024

Vor uns steht wieder einmal ein Grenzübertritt von Chile nach Argentinien. Mittlerweile sind wir schon recht geübt in Sachen Migration abstempeln, TIP lösen, Esswaren schmuggeln und SIM-Karte lösen. Unsere argentinische SIM-Karte ist immer noch über einen argentinischen Bürger registriert, was das Aufladen dieser Karte recht einfach macht. Und, es klappt immer noch. Mit knapp 5 CHF sind wir mit 15 GB dabei.
Gemeinsam mit Anja und Uli überqueren wir also die Grenze beim Paso Cardenal Antonio Samoré. Sowohl auf chilenischer Seite, als auch auf argentinischer Seite empfängt uns eine wunderschöne Landschaft. Die Strecke zieht sich aber mehr in die Länge, als wir vermuteten. Im herrlichen Villa La Angostura, ein wunderschöner, touristischer Ort am Nahuel Huapi Lake genehmigen wir uns Kaffee und Kuchen.
Wieder europäisch angehaucht im Apfelstrudel-Stil mit Sahne. Eine Stunde später passieren wir den, im Schweizer Bergstiel geprägten Ort San Carlos de Bariloche (häufig nur: Bariloche genannt) schon zum zweiten Mal auf unserer Reise. Dieses Mal aber bei wunderschönem Wetter und warmen Temperaturen. Unglaublich, was das Wetter ausmacht; der Ort gefällt uns heute um einiges besser. Aber nicht annähernd so schon, wie in der Schweiz. Dieses Geheimnis verraten wir natürlich nur Euch, die Argentinier lassen wir im guten Glauben, auf dass die ihren Stolz behalten. Auch Bariloche liegt am Nahuel Huapi, dem grossen Gletschersee inmitten der Anden. Die Stadt ist für seine alpenländische Architektur nach Schweizer Vorbild und seine Schokolade bekannt, die in vielen Geschäften entlang der Hauptstrasse Calle Mitre verkauft wird. Zudem ist die Stadt ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen und Skiausflüge in die nahen Berge sowie für die Erkundung des umliegenden Seengebiets.
Ein Abstecher in die ca. 20 km ausserhalb gelegene Colonia Suiza ist wohl ein Muss jedes Schweizers, worauf aber sogleich eine Enttäuschung folgt. Eine Ansammlung von verschiedenen Buden und Häuschen, die uns nicht annähernd an die Schweiz erinnert. Die Läden verkaufen allerlei Plunder aus China und Fernost. Das Ganze wirkt auf uns, wie ein herunter gekommenes Hippiedorf, das eigentlich nie eines war. Fazit: kein Pflichtprogramm – eher ein netter Gag!
Am Abend geniessen wir noch ein Fondue mit unseren deutschen Freunden in Bariloche. In Anbetracht dessen, dass wir so weit von der Schweiz entfernt sind, nicht schlecht, könnte aber besser sein. Wir bessern auf: Schütten noch etwas Weisswein nach und peppen mit Pfeffer aus der Mühle auf. Die dürfen wir selbst aber nicht betätigen, anscheinend soll Pfeffer hier teuer sein. Auf alle Fälle laden wir all unsere deutschen Freunde zur Fondueberichtigung zu einem echten Schweizer Fondue bei uns zu Hause ein!

Camino de Los Siete Lagos 07.03.2024

Die 7-Seen-Route im Süden Argentiniens verbindet mit stillen Seen, verschneiten Vulkanen, uralten Wäldern und unberührten Nationalparks einige der schönsten Natur-Sehenswürdigkeiten Argentiniens miteinander. Viele der Seen entlang der Ruta de Los Siete Lagos werden von Gletschern gespeist und zeichnen sich durch ihr glasklares Wasser aus. Auf der unberührten Wasseroberfläche spiegelt sich die Umgebung, was vor allem beim Lago Espejo (bezeichnenderweise „Spiegel-See“), im wahrsten Sinne des Wortes, „widerspiegelt „ wird.
Die vielen Aussichtspunkte erlauben uns tolle Ausblicke auf alle Blautöne inmitten grüner Natur. Die Strecke ist insgesamt fast 200 Kilometer lang. Sie führt von Villa La Angostura nach San Martín de los Andes, entlang der Lagos Espejo, Correntoso, Villarino, Falkner, Escondido, Machónico, und schlussendlich dem Lago Lácar.
Entgegen ihres Namens führt die Ruta aber nicht nur an 7, sondern an rund 40 Seen vorbei; sie wurde jedoch nach den 7 grössten und wichtigsten Seen benannt.
Die Ausblicke verführen unsere Augen auf diese menschenleere und wunderschöne Landschaft. Dabei werden wir auch immer wieder von den beeindruckenden Falken begleitet, welche uns schon zum Frühstück neugierig und ohne Scheu begrüsst haben.

San Martin de los Andes 08.03.2024

Im hübschen San Martin de los Andes verbringen wir zwei Tage zur Überbrückung eines Regentages, welchen uns der Wetterbericht treffsicher vorausgesagt hat. Mit dem Regentag sinkt auch das Thermometer um 15 Grad in die Tiefe und zeigt gerade noch sechs Grad auf der Skala an.

San Martin lebt vom Tourismus und liegt in einem breiten Tal, östlich des Lago Lácar. Hier ist der beste Startpunkt, um den Lanín Nationalpark und den Nationalpark Nahuel Huapi sowie die Berge der Umgebung zu erkunden. Für aktive Touristen gibt es hier ein breites Angebot. Im Winter ist San Martin ein beliebtes Zentrum für Skifahrer, die sich 20 Kilometer von der Stadt entfernt am Cerro Chapelco vergnügen können. Es gibt 27 Pisten mit einem wunderschönen Ausblick auf den Vulkan Lanin. Im Sommer stehen dann Kajak Touren, viele Wanderrouten oder Fahrten mit dem Mountainbike und ein 18-Loch-Golfplatz auf dem Programm. Attraktion im Herbst ist die Farbenpracht der einheimischen Wälder. Wir besuchen den Ort gerade in der Zwischensaison, wo’s Mal heiss, dann wieder kalt ist, und sich nur wenige Touristen in den Strassen versammeln.

Hier erholen sich vor allem Grossstädter aus Buenos Aires und Cordoba, aber es gibt auch die internationalen Gäste, wie wir.
Demzufolge ist das Preisniveau hier recht hoch, es gibt viele Restaurants und natürlich die üblichen Schokoladengeschäfte und Läden mit Kunsthandwerk. Aber auch viele Sportgeschäfte decken den Bedarf an Kleidung und Geräten für das Outdoor-Leben. Importartikel sind für Argentinier fast unerschwinglich geworden, selbst wir Schweizer müssen hier tiefer ins Portemonnaie greifen, als bei uns zu Hause.
Der Ort hat aber seinen Charme trotz stetigem Wachstum behalten können. San Martin bietet ein einheitliches Erscheinungsbild im Alpenchic. Typischer Baustil für diese Gegend, die sogenannte argentinische Schweiz, sind robust gebaute Aussenfassaden aus Natursteinen mit Holzelementen. Mit seinen von Rosen und alten Bäumen gesäumten Bürgersteigen und den chaletartigen Häusern ist San Martin de los Andes sicherlich einer der schönsten Orte in den südargentinischen Anden. Bei Weitem schöner als Bariloche.
Heute verbringen wir fast drei Stunden der Regenzeit, um Bargeld aufzutreiben. Viele Geschäfte vergraulen Kreditkartenzahlern mit zusätzlichen 20% Gebühren die Kauflust und möchten lieber Bares in die Hand, womit sie sogleich ihre Waren bezahlen können. Geld, das liegen bleibt, bedeutet in Argentinien mit jeder Stunde Verlust. Das bedeutet also für uns, einen Pago Facil mit Western Union zu finden. Die Überweisung klappt in der App jeweils zuverlässig – sofern Internet vorhanden. Aber, welche Wester-Union-Filiale hat genügend Cash? Cerrado infolge Siesta, Systemausfall oder Filiale nicht mehr vorhanden. Endlich, wir stehen in der Warteschlange an vorderster Front, warten aber über eine Stunde, wahrscheinlich, bis genügend Auszahlungsgeld von einzahlenden Pago-facil-Kunden vorhanden ist. Wir hören immerhin die Geldscheinzählmaschine ihre 100-Scheine-Bündel ratternd zählen, das zeichnet ja schon viele $-Zeichen in unsere Augen. Mit 2 Bündeln à 100 Scheinen, verlassen wir voll bepackt die Kasse. Wohlbemerkt, es handelt sich total nur um 200 USD! Wer weiss, wann wir wieder an Bares kommen.

Regen, Kälte, das bedeutet Museumstag. Wir besuchen das Museum «La Pastera Museo del Che»
Dank der Mitarbeiter des Nationalparks Lanín und der Stadt San Martín de los Andes, entstand zur Erinnerung an das Leben und die Ideale von Ernesto Guevara dieses hübsche Museum. Im Jahr 1952, durchquerte Che auf dem Motorrad, zusammen mit Alberto Granado, Südamerika. Die beiden haben im Januar 1952 hier Halt gemacht. Wir sind beeindruckt und zeitlich fast ein bisschen überfordert, ab so viel Video- Bild- und Audiomaterial.

Brief an seine Mutter:
»Querida Vieja:
(…) Después de eso en medio de mil dificultades que salvamos con nuestra acostumbrada pericia, llegamos a San Martín de los Amdes, en un lugar precioso, en medio de bosques vírgenes con un lago lindísimo; en fin hay que verlo porque vale la pena (…) Un cariñoso abrazo de tu hijo que te ama.
Ernesto Guevara»

Lanín Nationalpark 09.03.2024

In der Hoffnung, dass sich die Schlechtwetterstörung langsam verzieht, fahren wir weiter auf der Ruta 40 durch das hübsche Dörfchen Junín de los Andes, machen dort kurz unsere Einkäufe und besuchen die spezielle Kirche mit dem speziell langem Namen «Iglesia Nuestra Señora de las Nieves y Beata Laura Vicuña». Schon bald biegen wir in die RP 61 Richtung Westen ab. Ab da befahren wir nur noch Gravel mit Wellblecheinlage. Die Strasse führt uns am Huechulafquen Lake vorbei. Aufgeregt aufgewühlt erscheint er vor dem Vulkan Lanín. Das verheisst, immer noch kalte Temperaturen beim Aussteigen.

Der Nationalpark Lanín liegt im argentinischen Teil von Patagonien, im Südwesten der Provinz Neuquén. Der Park gehört zu der Öko-Region „Altos Andes“ und beherbergt grosse Waldgebiete sowie die Patagonische Steppe. Über 412‘000 Hektar erstreckt er sich entlang der Westlichen Grenze zu Chile. Am Lago Huechulafquen, am Fusse des Volcán Lanín, verweilen wir ein paar Tage. Die Panoramastrecke entlang des Sees ist ein wahrhafter Naturtraum und lässt einen die unkomfortable Holperpiste wohlwollend geniessen. Das Wetter ist uns wolkenlos gesinnt, die nächtlichen Temperaturen daher eher kalt. Morgenreif empfängt uns beim Aufstehen und lässt den Boden unter unseren Füssen knistern. Unsere Wanderung zum „Base Lanín“ wärmt uns aber ordentlich auf. Bald sind wir dem Vulkan eine Spur näher gekommen.

Auf dem Rückweg begleitet uns ein goldiger nähergekommen. Wieder ein Chico mehr, den wir ins Herz schliessen dürfen. Er geniesst das Ausleben seines Herden-Instinkts und führt uns zielsicher bis zum Trailhead zurück. Wir fragen uns, ob er diese lange Lanín-Tour von 22 km und 1000 hm wohl täglich macht.

Und weil das Schöne so nahe liegt, besuchen wir noch „El Saltito“ und fahren hierfür bis ans Ende der Strasse RP-61 am Lago Paimún. Vom Volcán Lanín kommend, stürzt hier ein Seitenarm des „Barroso del Salto“ in die Tiefe und reisst unsere Blicke bis in den See hinunter mit.

Junín de los Andes 11.03.2024

In Junín de los Andes machen wir einen Übernachtungsstopp, bevor wir unsere Fahrt auf der N-40 Richtung Norden fortsetzen. Wir treffen nochmals auf unsere Freunde Anja und Uli, bevor sich unsere Wege nun endgültig trennen. Auch sie wollen hier übernachten. Vor der Brücke, welche auf die kleine Insel zum Camping führt, warnt uns eine Tafel mit einem Limit von 3.5 Tonnen. Die Brücke scheint aber, für südamerikanische Verhältnisse, sehr stabil zu sein. Auch haben wir mit der Zeit ein gutes Bauchgefühl für Machbares. Also, ab ins Abenteuer! Uli bleibt nichts Anderes übrig, als uns zu folgen, obschon er sicher noch eine halbe Tonne mehr auf die Brücke bringt. Währenddem inspiziert Anja die Brücke, wir sind aber schon durch; sie wäre aber trocken geblieben.

Río Agrio 13.03.2024

Río Agrio, der saure Fluss – Einen passenderen Namen hätten sich die Argentinier für das Gewässer im Norden Patagoniens kaum ausdenken können. Zeitweise kann in diesem Fluss ein pH-Wert von Null gemessen werden, dies entspricht in etwa dem einer fünfprozentigen Salzsäure. Selbst der Lago Caviahue, in den der Rio Agrio mündet, ist mit einem pH-Wert von weniger als drei noch saurer als Essig.

Der Rio Agrio entspringt direkt am Krater des Vulkans Copahue. Dieser einzige, noch aktive Vulkan des Landes, setzt unter anderem Schwefelverbindungen und Kohlendioxid frei. Schwefelhaltige Mineralien verwittern an der Luft zu Schwefelsäure, welche die Messskala bis zum Nullpunkt sinken lässt. Kein Fisch überlebt pH-Werte von weniger als vier; Schnecken, Muscheln und Krebse fehlen, weil sie in der Säure keine Kalkschale aufbauen können. Überlebenskünstler in den sauren Seen sind vor allem Bakterien, Algen und mikroskopisch kleine Tiere. Auf seinem Abwärtsgang vom Copahue-Vulkan hinterlässt der Río Agrio sieben Wasserfälle zwischen Felsen und Araukarien, welche eine einzigartige Landschaft schaffen. Beim Erreichen des Plateaus bildet er den bereits erwähnten Caviahue-See. Der Agrio-Fluss ist auch der Ausfluss dieses Sees und wenige Kilometer von seiner Mündung entfernt macht er einen spektakulären 60-Meter-Sprung namens „Salto del Agrio“. Dabei formt er eine wunderschöne Lagune ins vulkanische Basaltgestein. Moose geben der feuchten Wanne seine grüne Farbe, wogegen das saure Wasser mit Hilfe des umgebenden Sauerstoffs das Basalt-Gestein ins Orange oxidieren lässt. Auf seinem Weiterweg durchquert er mehrere Städte und mündet dann endgültig in den Fluss Neuquén.

Unsere Drohne quittiert für heute leider ihren Dienst, dieses farbige Szenario aus der Vogelperspektive zu filmen. Zu stark weht der böige Wind. Egal, vom Rim aus sind unsere Blicke ähnlich facettenreich.

Weiter auf Ruta 40 – 14.03.2024

Einsam und verlassen führt uns die RN-40 von der Provinz Neuquén über die Grenze in die Provinz Mendoza. Landschaftlich wunderschön, aber tagelang das gleiche (schöne) Bild: Río Grande, Vulkankegel, Hügel- und Bergketten, die sich in der Ferne in blasse Pastelltöne, wie Grau und Lila, und wie vom Pinsel kunstvoll hingemalt, am Horizont verziehen. Zur Abwechslung mal wieder 100 km Ripio-Wellblech von der feinsten Wellenlänge, welche uns nach einiger Zeit einer leichten Gehirnerschütterung nahe bringt. Was meint wohl Horu dazu?

Hier übernachten wir etwas abseits der Strasse, windgeschützt an einer Baumallee und treffen auf Marianne und Peter aus Böblingen www.kischdle.de.
Schön, in dieser Einsamkeit den Abend bei Wein und später bei Kaffee und Schokolade aus Bariloche zu viert ausklingen zu lassen. Vielleicht Auf-Wiedersehen.
Weiter gehts auf der Ruta 40. Wir haben uns einen Degustationstisch in der Bodega „Ojo de Agua“ von Dieter Meier gebucht. Ye(a)llo!

Ojo de Agua in Mendoza 15.03.2024

Dieter Meier ist ein Schweizer Konzeptkünstler, Musiker und Unternehmer, der vor allem als Sänger des Elektropop-Duos «Yello» international bekannt wurde. Man hat das Gefühl, dieser Mann könnte aus einem Sandkorn ein Goldvreneli machen. Schliesslich und endlich war er einmal Berufs-Pokerspieler! Das stimmt überhaupt nicht, relativiert Meier, und spricht über seinen grossen Flop mit digitalen Mischpulten im Silicon Valley und einer in diesem Zusammenhang stehende Ton-Panne während einer Rede von George W. Bush. Er meint, jeder Unternehmer sollte auf Flops gefasst sein. Wichtig sei, dass man lernt, auch damit umzugehen.
Während einer Live Rede von George W. Bush auf CNN wollte ein Mischpultbediener das Gespräch von zwei Journalistinnen über deren, noch eingeschalteten Mikrofone abhören und hat dafür den Regler der Lautstärke hochgestellt. Der «Sextalk» der beiden Frauen überlagerte dadurch für ganze drei Minuten die Rede des Präsidenten. CNN hatte nach dieser Peinlichkeit weiteren Bestellungen von Dieter Meiers Mischpulten annulliert, obschon seine Mischpulte eigentlich zuverlässig mischten; es war einfach ein Bedienungsfehler!

Mit 12 Mio. verkauften Tonträgern stehen Yello auf Platz drei in der ewigen Rangliste der erfolgreichsten Schweizer Entertainer. Dieter Meier ist ein Tausendsassa. Er selbst, bezeichnet sich als Individual-Anarchisten mit aussergewöhnlichen Aktionen. Unter anderem, hat er elf Alltagsgegenstände in der Innenstadt von Zürich vergoldet, wie Teile von Brückengeländern, Signaltafeln, Strassenpfosten oder Kanaldeckeln. Das Motto: «Le Rien En Or».

Er singt und er macht Wein. Ebenso ist er unternehmerisch in der Gastronomie aktiv. Auch hat der Entertainer und Unternehmer in der Schweiz eine Fabrik für sein Schokoladenprojekt eröffnet. Seine Wohnsitze sind Zürich, Berlin, Los Angeles, Argentinien und Ibiza. Markenzeichen: Schnauzbart, Halstuch, Einstecktuch und Zigarre.

Leider treffen wir ihn bei unserem heutigen Besuch nicht an. Aber wir geniessen in seinem Weingut, Ojo de Agua, südlich der Stadt Mendoza, ein 5-Gang-Menu mit grosszügiger Weinbegleitung über Mittag und dürfen in dieser wunderschönen Umgebung von Shiraz- und Malbec-Reben und einer schneebedeckten Andenkulisse übernachten. Das ist auch gut so! Bereits nach dem Essen muss ich mich für drei Stunden in die Koje legen und verfalle in einen tiefen, aber ungesunden Schlaf. Erst bei Dämmerung erwache ich wieder aus diesem, ganz speziellen Schlaf. Wir laufen danach, immer noch nicht ganz stabil, durch die Weinreben, dieses Mal nur mit akustischer Begleitung von Grillen. Was für ein herrlicher Tag inmitten von süssreifen Trauben. Ojo de Agua, Dieter Meier, Mendoza.

Córdoba 17.03.2024

Córdoba ist nicht nur die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, sondern auch die zweitgrösste Stadt des Landes. Sie liegt nahe dem geografischen Mittelpunkt von Argentinien, östlich der Bergkette Sierra de Córdoba. Aufgrund der zahlreichen, hier beheimateten Bildungs- und Lehreinrichtungen bzw. Kirchen, wird die Metropole auch einfach La Docta, «die Gelehrte», oder Ciudad de las Campanas, «Stadt der Glocken» genannt. Córdoba vermittelt aufgrund der vielen Studenten einen recht jungen und lebendigen Eindruck – auch das kulturelle Angebot ist äusserst vielfältig. Aber die Stadt kann auch mit einer Menge Kolonialbauten aus dem 17. und 18. Jahrhundert aufwarten, die heute grösstenteils unter Denkmalschutz stehen.

Die Bewohner der gleichnamigen Provinz nennen sie „La Capital“ (Hauptstadt). Córdoba ist, wie viele andere Städte in Lateinamerika, bekannt für seine Kolonialbauten, insbesondere der Gotteshäuser, Museen, Bars und Restaurants. Die meisten dieser Bauten befinden sich nahe dem zentralen Platz der Stadt, dem „Plaza San Martín“, wo wir auch für 3 Tage unser Airbnb bezogen haben. Dieser Platz ist nach dem südamerikanischen Unabhängigkeitskämpfer benannt.

Eine grosse Besonderheit, aus stadtplanerischer Sicht, macht den „Plaza San Martín“ aus: von der Höhe der Nordwestecke an werden alle Hausnummern dieser Stadt aufwärts gezählt, was gleichbedeutend ist mit der Änderung der Strassennamen. In der Praxis sieht es dann für uns so aus, dass eine Strasse, die sich im Westen der Stadt „Avenida Colón“ nennt, sich ab dem benannten Punkt in die „Avenida Emilio Ol­mos“ verwandelt. In Nord-Süd-Richtung benennt sich beispielsweise die „Avenida General Paz“ in die „Avenida Vélez Sarsfield“ um. Aus dieser Beschreibung heraus kann man schliessen, dass die meisten Häuserblocks (oder Manzanas ;-)) in der Innenstadt parallel im Schachbrettmuster angeordnet sind, was für argentinische Städte oft typisch ist.

Auf diesem Platz treffe ich zu einem kleinen Grüppchen, um eine „Free-Walking-Tour“ zu machen. Ich entscheide mich, die Tour auf Spanisch zu verfolgen; die Gruppe ist mit drei Teilnehmern sehr klein, Spanisch wirkt authentischer und leert mich, dass „Manzana“ nicht immer „Apfel“ bedeutet (Tom spricht auch englisch, französisch und deutsch) und mit drei netten Jungs einmal solo durch die Altstadt Córdobas, wirkt verjüngend auf mich. Am Schluss Tanzen wir noch mitten vor dem Einkaufshaus „Patio Almos“ – was – zugegebenermassen – schon etwas peinlich war.

Während unserem weiteren Besuch in der quirligen Grossstadt, treffen wir auf weitere, bemerkenswerte Bauten, wie etwa der Häuserblock der Jesuiten (Manzana Jesuitica, seit 2000 Weltkulturerbe der UNESCO). Der Gebäudekomplex aus dem 17. Jhdt. beinhaltet neben der Universität bzw. dem historischen Museum der Universidad Nacional de Córdoba, die Montserrat School und die Kirche der Gesellschaft Jesu. Weitere interessante Sehenswürdigkeiten sind auch die Compañía de Jesús, die älteste erhaltene Kirche Argentiniens, das Monasterio de Santa Teresa – ein rosafarbenes Kloster aus dem Jahr 1717, das historische Regierungsgebäude Cabildo (ein Arkadenbau der Kolonialzeit mit grossem Ausstellungszentrum) oder der Justizpalast mit dem Paseo de Sobremonte – angeblich einer der schönsten Plätze Córdobas. Eine der beliebtesten Grünflächen der Stadt ist der ca. 6 km² grosse Parque Sarmiento mit seinem Zoo, Vergnügungspark (Super Park), Rosengarten und sogar einem kleinen See. Darüber hinaus gibt es noch zwei Observatorien in bzw. in der Nähe von Córdoba, die eine bedeutende Rolle in der Sternenbeobachtung Argentiniens einnehmen.

Fahrt nach Concordia 19.03.2024

Nach unserem Stadtaufenthalt in Córdoba, führt uns die RN-19 weiter Richtung Osten. Wir peilen den Grenzübergang bei Concordia an, um das letzte Land auf unserer Reise in Angriff zu nehmen.
Nach 400 km monotoner Fahrt, machen wir einen Übernachtungsstopp in Paraná, nur wenige Kilometer ausserhalb der Stadt Santa Fe. Dieser Halt dient nur zur Regeneration; für den Moment sind wir vom Lustwandeln in Städten gesättigt. Die Stadt Santa Fe hat uns auf unserer Durchfahrt einen sehr schönen, grünen und aufgeräumten Eindruck hinterlassen. Die ganze Strecke, von Mendoza quer durch das Land Argentinien, ist geprägt von weitläufiger Agrikultur. Nach Mendoza, mit seinem Traubenanbau für den gastronomischen Genuss, folgen in den Provinzen Córdoba und Entre Rios Sojabohnen, Mais, Weizen, Erdnüsse und Sorghum (Hirse). Felder, soweit das Auge reicht! Zwischendurch werden die Felder von Fabrikationsstätten für den dazu erforderlichen Dünger unterbrochen.
Immer wieder begegnen wir dem Florettseidenbaum, einer Pflanzenart aus der Gattung Ceiba, welche zu den Wollbaumgewächsen gehört. Er wird auch „Chorisie“ genannt und ist als Zierpflanze in Südamerika beheimatet und weit verbreitet. In den Städten ziert er die Strassenränder oder die Parks. Seine Malven-artigen Blüten reichen von Pink, über Gelb, bis zu Weiss. In den Kapseln seiner Früchte bildet er «Kapok-Wolle», welche wir noch aus unserem Handarbeitsunterricht kennen. Er wächst als breitkroniger, schnellwüchsiger Baum und erreicht Wuchshöhen von über 15 Meter. Da sein Stamm bei älteren Bäumen manchmal als Wasserspeicher für die Trockenzeit dick und tonnenförmig angeschwollen ist, hat ihm diese Statur den spanischen Namen „palo borracho“, übersetzt etwa „betrunkener Baum“ eingetragen. Der junge Stamm ist mit spitzen Stacheln besetzt.
Wir kommen am Nachmittag in Concordia an, wo wir uns in der Nähe des Hauptplatzes verköstigen und doch noch ein paar Zonen für Fussgänger durchstöbern. Am nächsten Morgen wollen wir über die Grenze nach Uruguay, wo sich dieselbe Stadt auf der anderen Seite des Rio Uruguay «Salto» nennt.