Copacabana 23.10.2023
Der Grenzübertritt von Peru nach Bolivien gestaltet sich sehr einfach. In Yungyo lassen wir unser Pässe abstempeln, Horus Tip können wir direkt im Nebengebäude annullieren lassen. Nebengebäude ist etwas übertrieben, eher ein Provisorium. Das Gebäude wurde, ebenso wie so manche Mautstellen-Cajas, während den peruanischen Strassenprotesten abgefackelt. Auf der bolivianischen Grenzseite in Copacabana, lassen wir unsere Pässe stempeln und herhalten für Horu den bolivianischen Tip. Unser Fahrzeug wurde von der Dame nur kurz inspiziert. Rahmennummer und einen kurzen Einblick ins Innere. Zielsicher möchte sie den Stauraum unter der Seitenbank einsehen. Wir erklären ihr, dass es sich um die Toilette handelt. Sie verzichtet auf die weitere Inspektion. Wir fahren auf einen Campground, direkt am Titicaca-See, von wo aus wir das Städtchen Copacabana bequem zu Fuss erreichen. In einem neuen Land haben wir primär immer genau 3 Ziele: Geld abheben, neue SIM-Karte und dann Happy-Hour! Unser nächstes Ziel wird La Paz sein, wo wir bereit einen Check-up-Termin für Horu vereinbart haben.
La Paz 25.10.2023
Auf 4000 Metern Höhe ist der Rand eines tiefen Kessels, an dessen Wänden eine Stadt zu kleben scheint. Eine unmögliche Lage! – Nein, nicht für La Paz, das Herz und die Seele von Bolivien! Der Höhenunterschied zwischen dem Stadtrand von El Alto am oberen Ende des Kessels und den talabwärts gelegenen, südlichen Stadtteilen mit vielen Villen und Hochhäusern beträgt knapp 1000 Meter.
Heute fahren wir von Norden kommend in La Paz ein. Wir bekommen schon einen kleinen Vorgeschmack der Stadt in El Alto. Das Treiben auf der Strasse ist kunterbunt, die Märkte nehmen die Durchfahrtsstrassen ein, so dass es für eine Zeit lang kein Vorwärts und kein Rückwärts mehr gibt, und zwar für alle! Die Strassen sind wegen Baustelle ohne Vorankündigung zu. Unsere Strasse, die uns zum Ziel führen würde, liegt in einem Tunnel genau unter uns. Wir können (und wollen!) nur links abbiegen, weil die Strasse nach rechts ins Verderben führen würde. Auch wir, als bereits schon erfahrene Reisende, müssen uns in diesem Gewusel erstmal zurechtfinden. In der Stoffstrasse wollen die Stoffballen Horu unbedingt auch von innen sehen. Karin verhindert dies, sie schiebt die Stoffballen ohne Hemmungen zurück. Irgendwie geht es dann immer, das haben wir gelernt. Die Abfahrt von El Alto hinunter nach La Paz führt uns zu einem der spektakulärsten Ausblicke auf dem südamerikanischen Kontinent. Unser Willkommensgruss: Der schönste Schneeberg der Anden; es ist der sagenumwobene Illimani.
Beharrlich schaffen wir den Weg ins Valle de Luna, wo wir uns ausruhen. Am kommenden Tag fahren wir wieder in die Stadt. Wir haben einen Check-up Termin für Horu. Ernesto ist ein Schweizer, der auf Land Cruiser spezialisiert ist. Klar, finden er und seine Mechaniker mehr, als wir uns erhofft haben. Andererseits sind wir froh, wenn uns dadurch einige böse Überraschungen erspart werden. So findet er für unsere Lenkunruhen beim Bremsen gleich mehrere Ursachen: Stützlager futsch, Querlenkerlager ausgeleiert, etwas Aufhängung gerissen, Bremsscheiben nicht mehr ganz plan, SoVIEL mal zur Vorderachse. Tja, viel Offroad mit viel Gewicht und schlechte Strassen in den Kleinstädten, getoppt mit Topes, das fordert seinen Tribut.
Die Werkstatt macht aber für lateinamerikanische Begriffe einen echten Schweizer Eindruck. Wir sind weiterhin gespannt und schlafen die erste Nacht in der Garage. Dann gehts komfortabel ins Airbnb (das Parkplatzproblem ist ja gelöst).
Ist La Paz tagsüber vielfarbig, ockerfarben, rötlich, lila die Anhöhen, unterbrochen durch die grünen Punkte der Eukalyptusbäume, silbern oder ziegelfarben die Dächer und Gebäude in allen erdenklichen Farben, so ist es nachts glänzend wie ein Nest von Glühwürmchen. Die Stadt ändert ihr Angesicht zu jeder Stunde. La Paz gibt schon auf den ersten Blick zu erkennen, dass es nicht von einer Stadtplanung entworfen wurde. Die Stadt läuft überall dort hin, wo sie Lust hat. Nur die zwei Hauptstrassen versuchen etwas Ordnung in das Gewirr der vor Verkehr überquellenden steigenden und fallenden Strassen und Gassen zu bringen.
Zwischen der Höhenlage der Wohnviertel und dem sozialen Status ihrer Bewohner existiert eine eindeutige Beziehung: Je höher die Lage, desto ärmer die Bewohner. An den Hängen von El Alto, wo Wind und Kälte den Menschen zusetzen, finden sich die kärgsten Behausungen, da leben Familien auf engstem Raum zusammen. Wer es sich leisten kann, zieht möglichst weit nach unten. El Alto hat den Status einer eigenen Stadt mit schätzungsweise weit über einer Millionen Einwohnern – also mehr als La Paz selbst! Da sich El Alto täglich weiter ausdehnt und ein Gewirr aus Bretterbeschlägen und immer neuen Gassen ist, lässt sich die genaue Zahl kaum ermitteln. 2024 soll es erneut eine Volkszählung geben. Bei dieser wird jeweils auch die Zugehörigkeit zu den verschiedenen ethnischen Gruppen erfasst. Es sind dies ungefähr 36. Natürlich wird auch da geschummelt. Bewohner aus La Paz ziehen dann plötzlich nach El Alto, um die Zahlen dort zu erhöhen.
Für uns ein absolutes Highlight, ist die atemberaubender Sicht während der Fahrt mit der höchstgelegenen Seilbahn der Welt von El Alto hinab nach La Paz. Das System «Mi Teleférico», das sich über mehr als 30 Kilometer von La Paz bis hin zu den überwiegend von Aymara bewohnten Gemeinden von El Alto auf dem Plateau erstreckt, verbindet die benachbarten Städte, die lange Zeit als zwei verschiedene soziale Welten betrachtet wurden. Jahrzehntelang war die Hauptroute zwischen beiden Städten eine Autobahn, die immer verstopfter, verschmutzter und lauter wurde. Heute gibt es jedoch die zehn Teleférico-Linien. Das grösste urbane Seilbahnsystem der Welt ist eine sichtliche Entlastung für die Bewohner. Für uns ist klar, dass solche Projekte nur in Schwellenländern durchführbar sind, wo die Regierung über die Köpfe der Bewohner bestimmt. Auf unserer Stadtführung mit Gerd und auch von unserem Mechaniker Ernesto konnten wir so einiges über Politik, Wahlen, Diesel, Gas und Korruption erfahren. Österreich und die Schweiz haben sicherlich auch mächtig mit profitiert. Die ersten Gondeln aus Olten (Schweiz) sind bereits seit 2015 in La Paz unterwegs. «Einen Auftrag für so viele Gondeln hatten wir noch nie» – News – SRF
El Alto
Der grösste Freiluftmarkt der Welt ist bekannt für seine Höhenlage, das kalte Klima, die häufigen Proteste, die geschäftigen Strassen und den dichten Verkehr. Heute sind wir zum Glück zu Fuss unterwegs. El Alto ist nichts für schwache Nerven. Dennoch geniessen wir nach einiger Zeit die Atmosphäre und sind gespannt, das lokale bolivianische Leben kennenzulernen. Auf einer Fläche von fünf Quadratkilometern bietet der Markt alles, was man sich nur vorstellen kann.
Neben Dingen des alltäglichen Bedarfs finden sich hier auch kuriose Waren wie Autoteile, Sportgeräte, illegale Kopien von DVDs und Computersoftware, gebrauchte Kleidung, gefälschte Markenware und gebrauchte medizinische Geräte. Der El-Alto-Markt ist nicht nur ein einzigartiges Erlebnis, sondern auch ein Ort, an dem Reisende wie bunte Hunde hervorstechen. Hier ist also Vorsicht geboten.
«Mercado de las Brujas» oder der Hexenmarkt, muss man gesehen haben.
Es liegt in der Tradition der Aymara Indianer, der Göttin «Pachamama», die das Leben erschaffen hat, mit kleinen Opfergaben und Ritualen gnädig zu stimmen. Vorerst geht man mit seinem Problem zum Schamanen des Vertrauens. Dieser weiss dann genau, wie man Geld-, Liebes-, Gesundheits-, Konkurrenz-, Geistes- oder Was-auch-immer-Probleme lösen kann. Um diese Opfergaben zu besorgen, geht man natürlich auf einen Markt. Der weithin bekannteste Markt ist der «Mercado de las Brujas», der Hexenmarkt. In altertümlichen, gewundenen Pflastergässchen entlang der Calle Santa Cruz, wo wir Liebes-Talismane, Figuren zum Bleigiessen, Zauberkräuter, Embryos von Lamas, Weihrauch und allerlei mehr Kurioses finden. Coca Blätter, ein gutes Mittel gehen die Höhenkrankheit, bekämen wir hier auch, aber keine Angst, die Blätter selbst sind völlig harmlos und werden oft als Tee aufgebrüht.
Das Zentrum
Der welthöchste Regierungssitz hat eine bewegte Vergangenheit. Hier fanden die ersten Aufstände gegen die spanische Herrschaft in Südamerika statt. Nicht umsonst wird die Stadt die “Wiege der Freiheit und Grab der Tyrannen” genannt.
Die Paceños, wie sich die Einwohner von La Paz nennen, sind bunt gemischt – 60% sind Indigenas, also Nachfahren der Urbevölkerung, überwiegend der Aymara und Quechua. Dazu gehören auch die Chiquitanos, die Guaraní, die Moxeños und die Afro-Bolivianer.
26% der Bevölkerung sind Mestizen (ein Elternteil indigen, das andere weiss) und lediglich 14% sind Weisse (Nachfahren europäischer Einwanderer oder Mennoniten).
Alle leben zusammen, dennoch gibt es kulturelle Unterschiede, beispielsweise in der Art zu sprechen oder sich zu kleiden. Ein besonderes Farbenspiel bietet die Kleidung der “Cholas”, den Indianerfrauen, die mit weitem Rock, besticktem Umhang aus «Aguayo Stoff» und Derby Melone die Strassen und Märkte noch bunter erscheinen lassen. Ein Menschengewimmel aller Art und Herkunft, Leute, die feilschen, etwas anprobieren, Schmuck untersuchen oder die rundherum angebotenen Speisen wie Salteñas, die bolivianische Variante der Empanadas, verzehren.
Im Zentrum von La Paz kann man beim Abstieg die Kirche San Francisco mit ihrer berühmten Steinschnitzerei sehen. Die Plaza Murillo ist der Ort, an dem die Alten zusammenkommen, um Zeitung zu lesen und die politischen Neuigkeiten zu besprechen, das ganze Szenario ist von Stadttauben umgeben. Am Rande des Platzes befinden sich das Parlament, die im neoklassizistischem Stil gebaute Kathedrale und das nationale Kunstmuseum.
Ganz kurios: Inmitten der Stadt liegt das grösste Gefängnis des Landes. Ein Knast an bester Lage: 18 Meter hohe Mauern aus Lehmziegeln, die Insassen zahlen Miete, betreiben Geschäfte, leben hier mit der Familie und wählen ihre Chefs selbst. Polizisten oder Wächter gibt es keine im Gefängnis. Vor einigen Jahren wurden hier sogar noch Touren für Touristen angeboten.
An vielen Ecken finden sich in La Paz Schuhputzer. Sie sind vermummt wie Bankräuber, da sie nicht erkannt werden wollen. Traurig aber wahr, denn mit diesem Beruf werden sie von der Gesellschaft gemieden, diskriminiert und teilweise verhöhnt. Viele davon sind Kinder, die den Job vor und nach der Schule ausführen, um die Familie zu unterstützen.
Horu in der Werkstatt
Wir verweilen eine ganze Woche in La Paz ohne uns zu langweilen. Der Grund: Horu verbringt eine Woche in Der Werkstatt. Er wird auf Fahrwerk und Gelenke überprüft von vorne bis hinten. Da kommt unter Schweizer Führung einiges zum Vorschein. Das Resultat von vielen Offroad Strassen, aber auch Strassen in den Städten, auf denen Horu fast mehr in die Knie musste. ‘Alles normal’, meint Ernesto. Wenigstens bleibt uns auch genügend Zeit, täglich die Bankomaten zu plündern, denn auch hier müssen wir bar bezahlen. Die vielen Monopoly-Banknoten kommen uns doch bekannt vor. Trotzdem werden wir langsam nervös, denn wir wollen den Salar de Uyuni und die Lagunenroute mit Franzi und Kay sowie Claudia und Achim fahren. Sie sind schon einmal vorgefahren, haben aber Probleme, ihren Dieseltank zu füllen. Die Tankstellen sollen ohne Diesel sein und die Lastwagen ordnen sich vor den Tankstellen ein, Chauffeure übernachten dort, Tankwagen fahren vorbei, zwei Tage gehen die beiden leer aus. Und wir warten die Garagenarbeiten mit vollen 300-Liter-Tänken ab. Den Diesel haben wir aus Peru importiert, aber eher im Wissen, dass der bolivianische Diesel sehr schlecht sein soll. Tja, aber wenn man leer ist, nimmt und zahlt man alles dafür. Strassenblockaden sind eine normale Begleiterscheinung, wenn der Diesel knapp ist, das könnte uns auch noch bevorstehen. Wir sind gespannt.
Abschied von La Paz
Abschied von La Pazafür haben wir Heinz in La Paz wieder getroffen. Auf der Baja California haben wir mit ihm und vielen anderen Overlandern Weihnachten verbracht. Heinz ist vom Overlander zum Backpacker mutiert, er hat sein Auto in Panama verkauft. Er hat grosse Pläne, fliegt anfangs November nach Guatemala zurück, denn dort wartet ein grosser Segelturn auf ihn. Zu dritt, open water – open end. Wir sind gespannt.
Wir verbringen drei gelungene Tage zusammen mit Essen, Trinken, Kultur, Austausch und der Krönung: Heinz und ich besuchen eine Schamanin. Zuerst lege ich mein ganzes Anliegen auf Spanisch zurecht, damit mir keine Worte fehlen. Dann streut Wicki (Künstlername?) Kokablätter auf ihren Tisch und meine 10-Bolivianos-Note, beträufelt alles mi irgendeinem Wunderwässerchen und blickt in meine Zukunft, was ich eigentlich gar nicht anstrebte. Egal, beim zweiten Zauberakt kommt alles gut und die Kokablätter liegen in ihren Augen richtig. Dann legt sie noch ihren Schwur in ihrer Quechua-Sprache darüber, und ich verlasse von allem Übel befreit – so hoffe ich – ihr Hexen Kabäuschen.
Fahrt über den Salar Uyuni 26.10.2023
Wir fahren im Schnellzugstempo (auf diesen Strassen heisst das 90 km/h) in den südwestlichen Anden Boliviens auf der F12 weiter, um in Huancalle unsere Freunde Claudia und Achim einzuholen. Zu viert überqueren wir den Salar de Coipasa. Der Salar de Coipasa hinterlässt an unseren Fahrzeugen schon einmal einen sehr salzigen Abdruck . Es hat zwar nicht geregnet, trotzdem weist er anstelle einer kompakten Kruste viel eher eine weiche Salzglasur an seiner Oberfläche auf. Frisch aus dem Service, ist Horu schon jetzt ganz schön eingesalzen; nur schon dieser Anblick hinterlässt in unser Fantasie viele Erosionen! Wir übernachten in Coipasa und fahren tags darauf weiter auf dem Salzsee. Hier soll die Salzschicht nur ca. 40 cm dick sein, ein Grund mehr, um uns an die, auf der Salzoberfläche leicht sichtbaren Routen zu halten. Doch, was ist, wenn die Spuren plötzlich weg sind?! Wir ziehen es vor, zurückzufahren, um eine andere Route zu wählen, was denn auch glücklicherweise klappt. Unsere nächste Salznacht ist in Coqueza, eingebettet in eine Lamaherde mit Aussicht auf den weissen Salzsee von Uyuni, dekoriert mit pinken Flamingos. Wir fragen uns, ob den Tieren das versalzene Essen hier wohl schmeckt und wie sie metabolisch die riesige Salzmenge wegstecken. Am nächsten Morgen machen wir einen kleinen Ausflug zu den Chullpas Momias. Hier wurden diese vor 1200 Jahren in ihren Steinhäusern oder Höhlen sitzend in Embrionalstellung beerdigt. Von Coqueza aus, nehmen wir dann gleichentags die Fahrt auf den Salar de Uyuni auf.
Der Salar de Uyuni ist die grösste Salzpfanne der Erde. Vor 10’000 Jahren befand sich an ihrer Stelle ein prähistorischer See, der austrocknete und eine wüstenartige, fast 11‘000 Quadratkilometer grosse Landschaft zurückliess, die von schneeweissem Salz, Felsformationen und kakteenbewachsenen Inseln geprägt ist. Die unwirtliche, weiss-blendende Mondlandschaft wird aufs Härteste von der UV-Strahlung auf 3600 M.ü.M getroffen. Obwohl in diesem einzigartigen Ökosystem kaum Leben möglich ist, haben sich in Insel- oder Landnähe zahlreiche Flamingos angesiedelt.
Wir wählen unseren Übernachtungsplatz in der Nähe der Isla del Pescado und machen noch ein paar witzige Aufnahmen, wobei wir mit der Perspektive spielerisch kämpfen. Gar nicht so einfach, richtige Distanzen, Positionen, Tiefenschärfen und genügend Geduld in der grellen Sonne in Einklang zu bringen. Leider wird nichts mit dem Abendessen in der schwarzen Nacht auf dem weissen Salz unter dem Dach der Milchstrasse – zu windig und zu kalt. So sitzen wir wieder am Tisch in der warmen Stube von Claudias und Achims «Wacki».
Morgens um 08.00 Uhr heizt die Sonne schon mächtig ein. Mitten auf dem Salzsee sind wir versucht, uns bei 100 km/h alleine zu fühlen. Doch Vorsicht, plötzlich taucht in der Einsamkeit ein schwarzer Punkt auf. – Ein Fahrradfahrer! Gar kein Verkehr kann auch seine Gefahren in sich bergen.
60 km vor Uyuni liegt die Kakteeninsel «Incahuasi». Sie scheint im Zentrum aller Routen zu liegen. Vom Mirador aus, können wir auf der weissen Fläche die sternförmigen Routen, herkommend aus allen Himmelsrichtungen gut ausmachen. Hier muss wohl das Besucherzentrum sein.
Zielgerade geht es für uns weiter nach Uyuni, wo wir am Monument der «Dakar-Rallye Bolivia» einen kurzen Fotostopp machen. Die Route führte hier in Bolivien quer durch den Salar de Uyuni
Die Rallye Dakar 2018 war die 40. Austragung der Rallye Dakar und die 39., die tatsächlich zu Ende gefahren wurde. Sie fand zum zehnten Mal in Folge in Südamerika statt. Die Rallye begann am 6. Januar 2018 in Lima und endete nach 14 Etappen am 20. Januar in Córdoba. In dieser Zeit wurden, je nach Fahrzeugklasse, ca. 8300 bis 8800 Kilometer, davon rund 4300 Rennkilometer, durch Peru, Bolivien und Argentinien zurückgelegt. Insgesamt gingen 335 Fahrzeuge an den Start, davon 139 Motorräder, 92 Autos, 49 Quads, 44 Trucks und 11 UTVs. Bevor wir unsere Reise fortsetzen, gehen wir noch für mindestens fünf Tage Lebensmittel einkaufen, tanken Diesel und Wasser. Wir fahren aus der Stadt Uyuni hinaus und besuchen noch für ein paar Fotos den Eisenbahnfriedhof. Ein Stück Wüste, in der Zeitzeugen des Bergbaus entsorgt wurden. Heute eine Touristenattraktion für gute Fotosujets.
Dakar Legend – Panic in Bolivia
Skandal bei der Rallye Dakar
Lagunen Route West 31.10.2023
Von Uyuni aus fahren wir weiter auf dem Camino Avaroa-Alota und machen kurz Halt in San Cristóbal, wo sich die letzte Tankstelle und das letzte WiFi-Signal anbietet. Noch vor der chilenischen Grenze biegen wir in die Westvariante der Lagunenroute ein.
Hier ist es wieder! Dieses angenehme Gefühl völliger Freiheit. Erwartungsvoll fahren wir in die karge und einsame Natur. Die Lagunen-Westroute gehört zu den spektakulärsten Hochlandstrassen der Welt. Sie erstreckt sich über rund 450 Kilometer von Uyuni bis nach San Pedro de Atacama in Chile. Horu ist vollgepackt mit genügend Diesel-, Wasser- und Lebensmittel-Reserven. Was die Lagunenroute anspruchsvoll macht, sind die teils miserablen Wege und die kontinuierliche, extreme Höhe von vier- bis fünftausend Meter. Die Luft hier oben ist trocken und dünn.
Unsere Navis(maps.me und garmin) erkennen meistens nur noch Wanderwege. Auf Sand- Geröll- Waschbrett- und Buckelpisten geht es über die Berge. Der bekannte Geruch von Lehm und Staub (und schlecht verbranntem Diesel) macht sich breit. Während uns die Berge und Vulkane in sanften Farbtönen begegnen, ist der Weg alles andere als sanft. Aber Horu erweist als wahrer Gebirgsschuh, und die faszinierende Landschaft macht sowieso alles wieder wett! Hier ist kein Jeep, kein Tourist. Nur wir, in guter Gesellschaft mit @wackiontour, alleine auf einem fremden Planeten.
Eine schier unendliche Weite umgibt uns. Die in weichen Farben getönte Andenlandschaft erscheint uns künstlich, wie eine Landschaft aus einem Ölgemälde.
Auf zur Laguna Cañona. Die Lagunenkonturen zeigen sich in einem zarten Rosa, durchbrochen von Zinoberrot. Beim Näherkommen sehen wir, dass es sich um hunderte von Flamingos handelt. Endlich sind sie da – und bleiben auch immerfutternd im ca. 20 cm tiefen Lagunenwasser ‘weidend’. Zum Tagesende verziehen sie sich in die Lagunenmitte und richten sich für ihre Nachtruhe ein. Bevor wir uns in unser Dachzelt verziehen, teilen wir wieder Speis und Trank mit Claudia und Achim. Zu viert heizen wir ihr Bimobil ganz schon auf, was uns unseren Gang durch die dunkle Kälte in unser kaltes Schlafgemach ganz schön widrig macht. Sind wir mal unter der Decke, wird es schnell warm, und wir schlafen gut. Morgens um 07.00 Uhr heizt bereits die Sonne wieder ein und erinnert uns ans Aufstehen. Wieder empfängt uns das Flamingo-Panorama. Die eleganten Vögel sind schon wieder daran, ihren Kalorienbedarf des heutigen Tages zu decken, hochkalorisch wird das salzige Gewässer auf 4200 Metern wohl nicht sein. Wir geniessen die warmen Sonnenstrahlen bei einem schönen Frühstück, die Aussicht brauchen wir wohl nicht zu erwähnen. Alles in allem, einfach bombastisch!
Wir setzen unsere Route fort, und nach einigen Kilometern präsentiert sich schon die Laguna Hedionda, oder Smelly Lake genannt. Uns wird schnell klar, woher diese Benennung stammt. Gleiche Flamingos, aber grösserer Geruch, obwohl ihnen das Wasser hier bis zu den Hüften steht.
Manchmal haben wir die Qual der Wahl, welche Route wir wählen sollen. Deshalb fahren wir einfach weiter in Richtung nächstes Ziel, z.B. die Laguna Chiar Kota, auch Laguna Negra genannt. Warum Negra? Keine Ahnung, viel zu bunt präsentiert sich die Lagune. Sogar ein grelles Gelb ist mit im Spiel, wahrscheinlich Schwefel. Die Flamingos scheinen hier zusammen mit Möven, Schwalben und dem Hodded Siskin die für uns einzigen Tiere zu sein. Sicherlich aber streifen hier nachts auch Pumas durchs Gebüsch.
Weiter südlich überrascht uns die Laguna Ukhuqucha, auch Laguna Honda genannt. Es ist nicht ihr Erscheinungsbild, nein, ein Monument mit der Aufschrift «COOPERACION SUIZA – SAC» im Zusammenhang mit der «Ruta de las Ioyas Altoandino», die wir gerade fahren. Als Fotodekoration zücke ich noch unseren Matterhornmagneten, welcher mir zu Boden fällt und uns sogleich mitteilt, dass hier der Boden massiv eisenhaltig ist. Hier treffen wir noch auf ein französisches Fahrradpärchen, welches in Lima gestartet ist. Wir hart muss das wohl sein, auf diesen steinigen Naturrouten auf einer Höhe von bereits 4700 Metern in die Pedale zu treten. Zudem sind sie Wind und Wetter ausgesetzt; eine Gewitterfront ist schon bedrohlich im Anzug.
Wir ziehen weiter und machen einen geografischen Abstecher Richtung Osten zur Laguna Pastos Grandes, wo uns Hagel, Wind und Kälte empfängt. Die Fotos halten sich in Grenzen, die Hügel im Hintergrund (wohl bereits über 5000 Meter hoch) werden mit einer weissen Zuckerschicht bestäubt. Leider werden unsere Linsen mit zu wenig Licht unterstütz. Warum nicht unsere hungrigen Mägen zufrieden stimmen? Es gibt Kaffee und aufgebackene Schokoladen-Croissants, in Horu riecht es für einmal nach Bäckerei.
Der Magen ist zufrieden, das Koffein macht uns aktiv, der Regenhagel ist vorbei, die Fahrt geht weiter zur Laguna Cachi, mit dem wunderschönen Cero Pastos Grandes im Hintergrund.
Unsere heutige Etappe neigt sich dem Abend zu und führt uns zum Kara Lake, wo wir uns für die Nacht einrichten. Die letzten Sonnenstrahlen verschwinden hinter dem Cerro Chascón im Westen und mit diesen verlässt uns auch die Wärme. Wir sind jetzt auf 4530 Metern Höhe, was sich temperaturmässig deutlich bemerkbar macht. Unter der Decke wird es zwar warm, doch die Matratze kühlt unsere Liegefläche deutlich aus. Mit dem Sonnenaufgang um 06.30 Uhr, weckt uns nicht nur die Sonne, sondern es wird auch deutlich wärmer. Ansonsten ertragen wir die Höhe mittlerweile recht gut. Ich glaube, dies war unsere höchstgelegene und kälteste Nacht bis anhin.
Der Weg zur Laguna Colorada führt uns am Arbol de Piedra vorbei. Hier liegen einige, lustig geformten Felsbrocken herum, als wären sie vom Himmel gefallen. Die Wolkendecke über unseren Köpfen schliesst sich und es kühlt wieder merklich ab. Angekommen an der Laguna Colorada, blinzelt etwas die Sonne hindurch, als ob sie mit unseren unterbelichteten Fotos Erbarmen zeigte.
Wir übernachten etwas südlicher der Laguna Colorado, in einem ausgetrockneten und windgeschützten Cañon, hier sind die nächtlichen Temperaturen auch deutlich angenehmer. Trotzdem war die Nacht für mich nicht so angenehm. Schlechter Schlaf, starke Kopfschmerzen, Fieber, nächtlicher Toilettengang lassen mich krank fühlen. Wir fahren am Sol de Mañana, den Geysieren vorbei, ab da bin ich knocked out, wechsle meinen Fahrplatz zwischen vorne sitzend und hinten liegend auf der Fahrbank, was sich auch nicht sehr komfortabel anfühlt, auf diesen Holperpisten. Irgendwie habe ich die letzten Lagunen verpasst, Laguna Verde und Laguna Blanca liegen eh› im Schneenebel.
Die chilenische Grenze nähert sich, auch von diesem Procedere habe ich nur mitbekommen, wie ich mich mühsam in die Kälte begeben musste, um meinen Pass abzustempeln. Der Übertritt gestaltete sich aber einfach, nur unsere ganzen Essensvorräte, oder, was davon noch übrig blieb, mussten wir abliefern. Gemüse, Früchte und Eier hatten keine Chance, in Chile einzureisen. Auf der chilenischen Seite warten aber bestimmt die nächsten Einkaufsmöglichkeiten auf uns.
Von der Zollstelle auf 4100 müM im Schneesturm fahren wir ins wesentlich wärmere San Pedro de Atacama auf 2500 müM. Welch ein Genuss.