Auf dem Weg nach Bogotá 22.07.2023

Wir setzen unsere Reise in das 267 km entfernte Bogota fort. Die Ruta 40 ist sehr gut ausgebaut und führt uns durch moderne Tunnels, welche uns etwas an die Schweizer Alpendurchstiche erinnern. Wir können uns Zeit lassen, denn Bogotás Strassen dürfen wir, gemäss unserer Autonummer-Endziffer ‘9’, nur an geraden Daten befahren. So planen wir auf den 26.07.2023, denn unser Flug nach La Macarena ist auf den 28.07.2023 geplant. Airbnb und einen sicheren Abstellplatz für Horu haben wir gebucht. In Silvania machen wir einen zweitägigen Zwischenstopp. Es ist ein Ausflugsrestaurant für die stadtgestressten Familien aus der Grossstadt Bogotá. Wir sind die einzigen Gäste und werden liebevoll empfangen. Der grosse und neue Pool lädt mich zum Schwimmen ein, obwohl die Temperaturen grenzwertig sind, endlich kann ich meine Arena-Badehaube einsetzen, denn diese ist überraschenderweise obligatorisch. Wir geniessen hier ein wunderbares Nachtessen und anschliessend amüsieren wir uns beim «Jugo de Bola de Rana». Es handelt sich um eine Art offenen Flipperkasten, wo es darum geht, die Metallkugeln aufs Spielfeld zu werfen, möglichst in den Rachen des Frosches. Wenn ich mal punkte, dann wohl eher zufällig. Zum Glück gibt es keine Strafpunkte, wenn die Kugel gefährlich am Spielfeld vorbeischiesst und anschliessend im Restaurant gesucht werden muss. So schlecht sind wir gar nicht, immerhin Rang Vier, oder Zweitletzte! Am nächsten Tag wandern wir durch die wunderschöne Landschaft und durch Regionen, wo wohl gut betuchte Bogotaner ihr Wochenendhaus besitzen. Alle ohne Gitter vor den Fenstern! Wir fühlen uns sehr sicher, umso mehr, als ein Einheimischer uns stolz versichert, dass die letzten Schusswechsel hier vor zwei Jahren gefallen seien. Na ja, wie sollen wir das nun einschätzen.

Die nächsten zwei Tage verbringen wir in Sibaté, was bereits auf 2700 Metern liegt. Wieder ein Ausflugsort für Städtler. Auf der grossen Wiese sind wir Mittelpunkt von Pferden, Lamas, Kühen, Hühnern und Gänsen, und natürlich, wie immer, von etlichen Hunden. Nicole und David stammen aus dem indigenen Volk der Muiscas und führen den kleinen Eventplatz für Familien und Firmen. Ihr Restaurant ist leider geschlossen, aber sie nehmen uns mit ihrem Auto mit ins Dörfchen Sibaté, wo wir zusammen unseren Almuerzo einnehmen. Suppe, Reis, Kartoffeln, Bananen, für mich 2 Spiegeleier, Samuel eine Art glasiertes Costini, Salat, Jugo. Kosten pro Person, jetzt festhalten: CHF 2.50! Einfach unglaublich, wie günstig das Essen hier ist, aus diesem Grund lassen wir auch lieber kochen. Kleiner Quervergleich: Ein Autobahnabschnitt von ca. 30km auf der Ruta 40 kostete uns so viel, wie ein Mittagessen. Die Strassengebühren wiederum, finden wir ziemlich teuer. Die Ruta 40 kostet uns also eine ganze Schweizer Autobahnvignette (ist der Preis eigentlich immer noch nur CHF 40.00?).

Bogotá 26.07.2023

Wir fahren durch die 8-Millionen-Stadt, was uns ehrlich gesagt, leichter ‘fährt’, als durch die engen Bergdörfer mit ihren Einbahnstrassen, die man erst bemerkt, wenn man falsch drinsteht. Wir fahren über 8-Spurige Stadtautobahnen, welche durch zwei Busspuren in der Mitte getrennt sind, die TransMilenias. Der Stadtverkehr ist relativ flüssig, nur die Ampelwartezeiten können relativ lang sein, kein Wunder, bei so riesigen Kreuzungen. Als erstes fahren wir zu Angel und Jessica (vamos por el mundo, wie sie sich auch nennen). Hier können wir in ihrer Camper-Garage unseren Horu sicher abstellen, für unseren späteren Ausflug nach La Macarena, zu den Regenbogenflüssen. Mit dem Taxi erweitern wir unsere Fahrt durch Bogotá ins Stadtviertel Candelaria, wo wir unser Airbnb-Zimmer im schönen Art-Déco-Haus beziehen.
Obwohl La Candelaria unter wohlhabenden Bogotanos einen abfälligen Ruf als Slum mit drogenmissbrauchenden Hipstern hat, ist es das wunderschöne historische Viertel der Stadt, der Sitz der nationalen Regierung, ein Hotspot für die Künste und hat den Anspruch, die ursprüngliche Hauptstadt Südamerikas zu sein. Für alle Reisenden ein «must see». In dem historischen Kolonialviertel aus der Mitte des 16. Jahrhunderts fanden viele wichtige Ereignisse in der Geschichte der kolumbianischen und südamerikanischen Unabhängigkeit statt, darunter die Flucht und Ermordung von Simon Bolívar, die Hinrichtung der revolutionären Heldin Policarpa Salavarrieta, bekannt als «La Pola» und der Grito de Libertad, bekannt als der Beginn der Revolution in der Region. Der Bezirk ist in der Tat voller Geschichte und es gibt viele interessante Museen. Wohl die besten sind das Goldmuseum und das Botero-Museum, und viele alte Kirchen.

Wir besuchen das aussergewöhnliche Goldmuseum mit der größten Sammlung prähispanischer Goldschmiedekunst der Welt. Dieser Ort ist so besonders, dass er 2018 von der Zeitschrift National Geographic neben dem Auschwitz-Birkenau-Museum (Polen), dem Vatikan-Museum (Italien) und dem Pergamonmuseum (Deutschland) als eines der bedeutendsten Geschichtsmuseen der Welt ausgezeichnet wurde. Das Museum wurde 1939 von der Banco de la República, der kolumbianischen Staatsbank, zum Schutze des archäologischen Erbes des Staates gegründet. Es verfügt über 34’000 Goldobjekte, die alle von unvergleichlicher Schönheit und einzigartigem historischen Wert sind. Sie stammen von den indigene Kulturen wie den Muisca und Tayrona. Die Gegenständen wurden sowohl im täglichen Leben, als auch bei allen Arten von heiligen Ritualen verwendet. Unter diesen zahlreichen Objekten befindet sich auch der legendäre «Poporo Quimbaya», ein Behälter, in dem die Indianer den Kalk aufbewahrten, der beim Ritual des Kauens von Kokablättern verwendet wurde. Der «Poporo Quimbaya» ist berühmt, weil er dank seiner harmonischen Proportionen und seiner fortschrittlichen Technik als Teil der kulturellen Identität Kolumbiens angesehen wird.
Ein weiteres Objekt von faszinierender Schönheit ist das Floss von Muisca, das das Ritual darstellt, aus dem die berühmte Legende vom El Dorado hervorging. Die Legende besagt, dass es auf dem amerikanischen Kontinent einen Ort gibt, an dem alles aus Gold ist. Diese Besessenheit motivierte viele Europäer, im 16. Jahrhundert lange Reisen auf der Suche nach diesem Schatz zu unternehmen.

Caño Cristales 28.07.2023

Morgens um 05.30 Uhr lassen wir uns zum nationalen Flughafen von Bogotá fahren. Es ist sehr kalt und ungefrühstückt noch viel kälter. Der Wind auf 2640 Metern Höhe kombiniert mit regelmässigen Regenschauern, macht das Ganze auch nicht wärmer. Im Wissen, dass wir in tropische Regionen fliegen dürfen, überbrücken wir tapfer die lange Wartezeit.
Caño Cristales – Eine bunte Naturschönheit, mitten im kolumbianischen Nationalpark Serrania de la Macarena, im Departamento del Meta, finden wir ihn: den wohl weltweit einzigartigsten und schönsten Fluss, den wir je gesehen haben. Der Ausdruck „Fünf-Farben-Fluss“ oder auch „Flüssiger Regenbogen“ ist hier mehr als berechtigt. Welcher Fluss sonst kann schliesslich schon mit unterschiedlichen bunten Farbtönen begeistern? Ein grelles Pink wechselt sich hier mit Blau- und Grüntönen ab, hie und da schmuggelt sich auch mal ein leuchtendes Gelb und sogar ein schwarzer Streifen hindurch – unglaublich!
Dieses bunte Naturspektakel im Serrania de la Macarena Nationalpark, der aus einer traumhaften, 130 Kilometer langen Bergkette besteht, ist jedoch nicht das ganze Jahr über zu bewundern. In der Regel herrscht von Juli bis Anfang Dezember Hochsaison, denn nur in diesen Monaten entfalten sich die Pflanzen auf dem Flussgrund und färben den Klarwasserfluss so bunt, dass er wortwörtlich wie ein flüssiger Regenbogen wirkt. Wahnsinn, oder? Es ist aber bei Weitem nicht nur die Farbvielfalt des Flusses, die und hier so sehr in ihren Bann zieht. Auch die artenreiche Flora und Fauna, kleine, pittoreske Wasserfälle, die aussehen, als wären sie aus einem Märchen entsprungen, und nicht zuletzt die einzigartigen, nahezu surrealen Felsformationen sind ein echter Hingucker. Wasserfest muss man aber unbedingt sein!

Bogotá 31.07.2023

Nach vier unglaublich schönen Tagen in einer superschönen, tropischen Landschaft, kehren wir wieder ins Stadtleben zurück. Wir holen unseren Horu ab und platzieren ihn, fast genau um die Quartier-Ecke unseres Airbnb im La Candelaria-Quartier. Hier gibt es genügend überwachte Parkplätze, einzige Kriterien: genügend hoch und 24 Stunden. All das haben wir vorab zu Fuss schon abgecheckt, damit wir nicht noch lange in den engen Einbahngassen suchen müssen. Jetzt heisst es nochmals Mechaniker-Besuch mit Horu. Wir wollen noch die Aufhängung vorne kontrollieren lassen, da wir vermuten, dass das zweimalig aufgetretene Vibrieren vorne einer nicht mehr ganz fitten Spurstange zuzuschreiben sein könnte. Wieder fahren wir quer durch die Stadt und sind langsam stadterfahren. Riccardo kontrolliert alle beteiligten Gelenke, zieht fest, was nicht fest war (nach all den Naturstrassen, die wir gefahren sind, erstaunt uns das nicht) und richtet anschliessend noch die Spur (sogar mit Computer-Ausdruck). Wieder einmal sind wir von der kolumbianischen Herzlichkeit überwältigt, da Riccardo uns keine Rechnung stellen möchte. Stattdessen würde er gerne unsere Reise digital mitverfolgen, sein Traum: zusammen mit seiner Frau Kanada zu bereisen. Habt ihr so etwas schon einmal in der Schweiz erlebt?
Am Abreiseabend vor unserer Weiterfahrt Richtung Süden wollen wir noch unbedingt auf Bogotás Hausberg. Auf den Monserrate führen sowohl eine Standseilbahn als auch eine Luftseilbahn. Auch ist das Ziel über einen Wanderweg durch den Wald erreichbar, der über eine Länge von 2.240 Metern von 2.693 auf 3.160 Meter Höhe führt. Wir entscheiden uns für die bequemere Variante, da die Dämmerung bereits eingesetzt hat. Die malerische, in weiss getünchte Basilika des Herrn Monserrate liegt vor uns, besser gesagt, über uns. Sie ist im 17. Jahrhundert auf dem Cerro Monserrate erbaut und beherbergt den Schrein des »gefallenen Jesus» (El Señor Caído) und ist damit eine beliebte Pilgerstätte. Die Christusstatue des Schreins wurde ebenfalls im 17. Jahrhundert gefertigt. Sowohl die Kirche als auch der Berg wurden nach dem Monserrat-Gebirge in der Nähe von Barcelona in Spanien benannt. Oben angekommen, werden wir von einem eisigem Bergwind empfangen, dafür ist die Luft klar und somit auch die Sicht. Wir schätzen uns glücklich nach einem regenverhangenen Tag in Bogotá mit dieser grandiosen Aussicht auf die schnellst wachsende Metropole Südamerikas mit 8 Mio. Einwohnern und 10 Mio. Einwohnern in der Agglomeration.

Desierto de Tatacoa 04.07.2023

Meer, Berge, Dschungel und jetzt Wüste: Im Süden Kolumbiens begegnen wir der aussergewöhnlichen Tatacoa Wüste, die sich ganz in der Nähe der Stadt Neiva befindet. Spektakuläre Sonnenuntergänge tauchen die rote Erde der Tatacoa Wüste in einen ganz besonderen Abendschein und heben bizarre Felsformationen und gigantische Kakteen inklusive ihrem Schattenspiel noch deutlicher hervor. Nicht nur am Abend, auch am Tag sorgt die Sonne mit einem Wechselspiel aus Licht und Schatten zusammen mit dem fast ewig anhaltenden Wind für spektakuläre Einblicke in die einzigartige Landschaft, welche sich aus der Macht von Wind und Sonne im Laufe von tausenden von Jahren hat entwickeln können.
Die bizarre Wüstenlandschaft umfasst rund 330 Quadratkilometer und verdankt ihren Namen einer inzwischen ausgestorbenen Schlangenart. Vor sehr langer Zeit war das heute sehr trockene Gebiet ein Meer und wurde vor rund 5 Millionen Jahren von riesigen, prähistorischen Tieren bevölkert. Als das Meer verschwand und sich die Gebirgszüge der Zentral- und der Ostkordillere herausbildeten, entstand die Tatacoa Wüste aufgrund dieser ganz speziellen Lage. Eine sehr hohe Durchschnittstemperatur und der doppelte Regenschatten der beiden Gebirgszüge führten zur Bildung eines trockenen Gebietes. Die Tatacoa Wüste ist daher für ihre grosse Trockenheit genauso bekannt wie für ihre aussergewöhnlichen Formationen, zu denen der Wind die Felsen geformt hat. Gerade für die Kakteen bietet die trockene Zone der Wüste genau das richtige Mass an Feuchtigkeit, um zu dieser besonderen Grösse, beinahe unter dem Äquator, heranzuwachsen.
Zusammen mit @naturwunderer_ und @photografnix geniessen wir die wundervollen ‚Audio‘-Natur-Reportagen von &ottopfister aus der Schweiz bei (fast) Vollmondlicht. Ein grosses Dankeschön!

Desierto de Tatacoa 04.08.2023

Meer, Berge, Dschungel und jetzt Wüste: Im Süden Kolumbiens begegnen wir der aussergewöhnlichen Tatacoa Wüste, die sich ganz in der Nähe der Stadt Neiva befindet. Spektakuläre Sonnenuntergänge tauchen die rote Erde der Tatacoa Wüste in einen ganz besonderen Abendschein und heben bizarre Felsformationen und gigantische Kakteen inklusive ihrem Schattenspiel noch deutlicher hervor. Nicht nur am Abend, auch am Tag sorgt die Sonne mit einem Wechselspiel aus Licht und Schatten zusammen mit dem fast ewig anhaltenden Wind für spektakuläre Einblicke in die einzigartige Landschaft, welche sich aus der Macht von Wind und Sonne im Laufe von tausenden von Jahren hat entwickeln können.
Die bizarre Wüstenlandschaft umfasst rund 330 Quadratkilometer und verdankt ihren Namen einer inzwischen ausgestorbenen Schlangenart. Vor sehr langer Zeit war das heute sehr trockene Gebiet ein Meer und wurde vor rund 5 Millionen Jahren von riesigen, prähistorischen Tieren bevölkert. Als das Meer verschwand und sich die Gebirgszüge der Zentral- und der Ostkordillere herausbildeten, entstand die Tatacoa Wüste aufgrund dieser ganz speziellen Lage. Eine sehr hohe Durchschnittstemperatur und der doppelte Regenschatten der beiden Gebirgszüge führten zur Bildung eines trockenen Gebietes. Die Tatacoa Wüste ist daher für ihre grosse Trockenheit genauso bekannt wie für ihre aussergewöhnlichen Formationen, zu denen der Wind die Felsen geformt hat. Gerade für die Kakteen bietet die trockene Zone der Wüste genau das richtige Mass an Feuchtigkeit, um zu dieser besonderen Grösse, beinahe unter dem Äquator, heranzuwachsen.
Zusammen mit @naturwunderer_ und @photografnix geniessen wir die wundervollen ‚Audio‘-Natur-Reportagen von &ottopfister aus der Schweiz bei (fast) Vollmondlicht. Ein grosses Dankeschön!

San Augustin 06.08.2023

Wir setzten unsere Fahrt Richtung Süden fort. Ein kleiner Abstecher von 3 Tagen nach San Augustin darf auf keiner Kolumbienreise fehlen! San Agustin ist für die mystischen Steinskulpturen aus präkolumbianischer Zeit bekannt, die in seinem archäologischen Park und an anderen Ausgrabungsorten in dieser Gegend zu sehen sind. Die archäologische Fundstätte, umgeben von dem reissenden Fluss, ist eine der wichtigsten dieser Art Südamerikas und seit dem Jahr 1995 als UNESCO Weltkulturerbe anerkannt.
Archäologen fanden einfache Gräber mit Holzsärgen, aber auch aufwändigere Schächte und Hügelgräber. Am eindrucksvollsten sind allerdings die überdimensional grossen, steinernen Darstellungen von Menschen, Tieren, Göttern und Dämonen. Auffallend ist dabei die mythologische und bildhauerische Nähe zu den mittelamerikanischen Maya (Chichén Itzá, Tikal, Calakmul). Auch sie verehrten in ihrer Religion Lebewesen wie Schlangen oder Adler und schufen ähnlich aussehende Steinskulpturen. Auch interessant ist die Tatsache, dass die Figuren im Laufe der Jahre immer realistischere Formen annahmen. Waren die ersten “Idolos” noch recht abstrakt, kommen die neusten der Realität schon bedeutend näher.
Über die Künstler, die die Statuen vor über 2000 Jahren in die Steine gehauen haben und von denen bis heute mehr als 300 Werke in der ganzen Region entdeckt wurden, ist nur wenig bekannt. So wird ihre Kultur dann auch nur nach dem Ort der Fundstätten «San Agustín Kultur» genannt. Eine riesige Nekropolis, vermutlich für ihre Stammesfürsten und spirituellen Führer wurde hier errichtet. Viele Statuen sind Bildnisse von Schamanen, Göttern und wichtigen Personen. Über die Interpretation der einzelnen Statuen herrschen aber oft geteilte Meinungen, manch einer sieht einen Gott, der ein Menschenopfer auffrisst, während andere dies als Darstellung einer Geburt deuten. Wir selbst sind geteilter, geschlechtlich geprägter Meinung: Sam sieht einen Menschenfressenden Gott, für mich ist es ganz klar die Darstellung der Geburt oder Fruchtbarkeit. Auf alle Fälle lassen wir uns von den mystischen Statuen verzaubern.
Heute erwandern wir die wunderschöne Gegend auf und ab, denn eine der Skulpturen ist an einer ganz besonderen Stelle in den Fels gehauen. «La Chaquira» befindet sich an einem magischen Ort umgeben von grünen Bergen über dem Magdalena Canyon. Der Spaziergang lohnt sich auf jeden Fall, werden wir doch am Ende des Weges mit einer spektakulären Aussicht über den grünen, z.T. engen Canyon und die umgebende Natur belohnt.
San Agustín hat aber noch viel mehr zu bieten als nur die Jahrtausend alten Steinskulpturen. Die Kleinstadt befindet sich auf rund 1800m Höhe und ist umgeben von den mit tropischer Vegetation bewachsenen Berghängen, der Andenkordillere. Hoch in den Bergen, in einer Lagune auf 3500m Höhe, entspringt der Rio Magdalena, einer der wichtigsten Flüsse Kolumbiens.
Unser kulinarisches Highlight hier ist das schnucklige Restaurant «Saberes Ancestrales». Nur zufällig gelangen wir an diesen schönen Ort. Ganze 20 Quadratmeter klein aber oho (eine Küche, zwei Tische). Paola und Samuel sind die aussergewöhnlichen Gastgeber, welchen es gelingt, den Ort San Augustin für uns noch mehr zu verzaubern. Wir trinken Tee mit Kräutern, Rinden und Blätter aus der Umgebung und lassen uns von Paola mit ihrem Menu «Cazuales de Montaña» verwöhnen. Obwohl schon Feierabend, lassen die beiden Herzensguten ihr Restaurant für uns zwei Stunden länger geöffnet. Denn alleine schon für das Kochen des Yuka-ähnlichen, hölzernen Stammes braucht Paola eine Stunde. So enden wir glücklich und zufrieden an einem reich gedeckten Tisch. Das «Yuka»-Purrée schmeckt hervorragend, die im Öl ausgebackenen Chips aus einer Art Frucht sind aromatisch, knusprig und einfach ein Knaller. Die perlförmigen, kleinen, roten Kartoffeln sind fürs Auge und für den Gaumen ein Schmaus. Im Hintergrund läuft, passend zur Gegend, mystische Musik und Samuel (der Gastgeber) führt uns seine Instrumente aus Naturmaterialien vor. Und wieder eine absolute Bereicherung auf unserer Reise und 5 wohlverdiente Sterne auf Google!

Mocoa 09.08.2023

Wir fahren weiter Richtung Süden, um die Grenze nach Ecuador Mitte August zu passieren. Auf der Fahrt auf der Ruta 45 machen wir einen Zwischenstopp in Mocoa, die Hauptstadt des Departemento de Putumayo, nahe der Grenze von Equador. In dieser letzten grösseren Stadt vor dem Grenzübertritt wollen wir noch unsere SIM Karte für einen weiteren Monat bezahlen. Vielleicht müssen wir ja unseren Aufenthalt in Kolumbien verlängern.
Seit einiger Zeit erschüttern Morde, Anschläge, Entführungen, Schutzgeldererpressungen und weitere Gewaltsverbrechen die Städte Ecuadors, vor allem die Hafenstadt Guayaquil. Schon lange warnen Sicherheitsexperten, dass Ecuador eine neuer Hotspot der lateinamerikanischen Drogenkartelle geworden ist, wo sie um Routen und Reviere ringen. Nachgewiesen sind die mexikanischen Grossmafias «Sinaloa-Kartell» und «Jalisco Nueva Generación», die sich jeweils mit lokalen Gruppen verbünden.
Die seit drei Monaten anhaltende Gewalt in Ecuador hat jetzt auch den Wahlkampf um das Präsidentenamt erreicht. Heute wurde der Präsidentschaftskandidat Fernando Villavicencio im Anschluss an eine Wahlveranstaltung in Quito ermordet. Erst vergangene Woche hat Villavicencio öffentlich gemacht, dass er von einem Anführer der Drogenbande «Los Choneros», die mit dem mexikanischen Sinaloa-Kartell verbündet ist, bedroht wurde. Hauptthemen waren für ihn der Kampf gegen die Korruption und die Gewaltkriminalität sowie die fortschreitende Umweltzerstörung im Andenstaat Ecuador. Der jetzige Präsident Lasso rief noch am Abend nach der Tat das Sicherheitskabinett zusammen und verhängte den Ausnahezustand, zunächst für 60 Tage. Der Termin der Wahlen vom 20.08.2023 bleibt aber und wird nicht aufgeschoben. Uns bleiben drei Tage, dann werden wir in Ecuador sein. Wir werden uns laufend informieren und entsprechend planen.
Heute verbringen wir noch einmal einen Tag wenig ausserhalb von Mocoa bei Francisco in seiner Hacienda und geniessen seine Gastfreundschaft und Gesellschaft am Pool. Hier, auf 640 Metern Höhe, sind die Temperaturen übrigens wieder sehr tropisch warm und feucht, im Gegensatz zum nebligen San Augustín. Unglaublich, wie das Klima hier wechselt.

Cascada del Fin del Mundo 11.08.2023

Von Mocoa aus fahren wir nur wenige Kilometer südwärts zur Posada Dantayaco. Von dort aus ist es nur eine kurze Distanz zum offiziellen Eingang des Naturreservats. Wir wandern zwei Stunden durch üppigen Urwald, warm und feucht ist es in den unteren Regionen, etwas mehr Frische und Regen kommen uns in den oberen Regionen willkommen entgegen. Nass sind wir alleweil, ob von den heftigen Regenschauern oder von der hohen Luftfeuchtigkeit. Das Laufen auf den rutschigen Holz- und Felswegen, macht unseren Aufstieg noch abenteuerlicher; der Gedanke an den Abstieg quält mich jetzt schon.
Im Gegensatz zu seinem Namen, ist der „Cascada del Fin del Mundo“ kein apokalyptischer Ort. Ganz im Gegenteil, der Wasserfall ist von üppigen Wäldern des Putumayo umgeben und bietet uns ein einzigartiges Naturerlebnis. Oben angelangt, werden die Füsse bei der Flussüberquerung bestimmt nass (eigentlich sind sie es schon), deshalb, weg mit den Schuhen! Ausserdem fühlt sich die Bodenhaftung mit natürlicher Sohle auch viel sicherer an (sorry‚ LaSportiva‘!). Barfuss im kolumbianischen Urwald – wer hätte das gedacht?!
Am Abbruch des Wasserfalls, werden wir mit einem Panoramablick auf die Amazonaswälder von Putumayo belohnt, und nach 2-stündiger Einsamkeit mit Klettergurten ‚al Fin’ herzlich willkommen geheissen. Was soll das denn? Weder will ich springen, noch möchte ich mich 80 Meter abseilen – ‚im Fall!‘ Zum Glück: es geht lediglich darum, die steile Aussicht in den gigantischen Wasserfall hinunter zu geniessen. In Bauchlage, notabene halb im Wasser, geniessen wir also (an-)gespannt, aber in Sicherheit gefühlt.
‚Fin del Mundo’ UNBEDINGT zum Nachahmen empfohlen!

Fazit Kolumbien

Nicht umsonst haben wir uns fast drei Monate auf unserer Panamericana-Reise hier aufgehalten. Kolumbien gilt als eines der landschaftlich vielfältigsten Länder Lateinamerikas. Traumhafte Karibikstrände, die raue Pazifikküste, zahlreiche Nationalparks und natürlich die Anden und der Amazonas. Zudem trumpft Kolumbien mit wunderschönen Kolonialstädten, wie z.B. Cartagena, aber auch pulsierenden Metropolen wie Medellín und Bogotá, sowie abgelegenen Dörfern, wo die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Das Klima hier wechselt von einem Fahrtag zum anderen. Mal befanden wir uns im mystischen Nebelwald auf über 2000 Metern Höhe, weiter unten in den klimatisch angenehmen Kaffeeregionen, dann wieder in heiss feuchten Klimazonen auf Meereshöhe oder, zwischen den Andenzügen, in der Tatacoawüste.
Was die Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft der Kolumbianer angeht, das kann wohl kein anderes Land toppen. Offen und neugierig, aber immer mit Anstand. Keine Ahnung, wie oft unser Fahrzeug von innen und aussen nun als Bühnenbild für Selfies in den sozialen Netzwerken dient. Zwei Mal durften wir für eine Fahrzeugreparatur, um Gottes und des Mechanikers Willen, nichts bezahlen. Am Rande müssen wir noch erwähnen, dass so ein Reisefahrzeug in etwa gleich viel kostet, wie eine komplette Finca mit Pool hier in Kolumbien, und sie wissen das genau. Wie kann man das beschreiben?
Kamen wir zwei Mal in eine Polizeikontrolle, ging es lediglich darum, uns näher kennen zu lernen und sich mit uns auf sozialen Netzwerken zu verknüpfen. Sollten wir also einmal auf der Plattform der Policia Nacional de Columbia aufpoppen, keine Angst, wir sind einfach nur gut befreundet. Hier gibt es unzählige Hunde, die aber scheinbar von irgendjemanden auf der Strasse, vor der Eingangstür oder im Park versorgt werden. Auch viele haben Hunde und Katzen adoptiert. So erscheinen uns die Strassenhunde auch gut genährt und glücklich, wenn sie mit ihrer Hundegang durch die Gassen ziehen. Auch sind sie immer sehr zutraulich und lieb, weder bissig noch aggressiv. Sie dürfen überall ein und aus, sei es in Restaurants, Flughafengebäuden, Parks, Kaffees, Übernachtungsplätzen. Sie sind einfach willkommen. Dementsprechend zeigt sich auch das Tierfuttersortiment in den Tiendas relativ übertrieben gross (gegenüber null für Vegetarier). Ein liebevolles Wort, und du hast sie im Schlepptau, Liebe auf den ersten Blick! Und, wie die flirten können!
Wie steht es um die Sicherheit? Dieses Thema hätten wir beinahe vergessen, nicht umsonst, denn es war glücklicherweise nie ein Thema für uns. Wir fühlten uns auf unserer ganzen Kolumbienreise Tag und Nacht sicher, sowohl in den Städten (selbstverständlich mit höherer Aufmerksamkeitspräsenz) wie auch auf dem Lande. Falls wir uns mal auf einer Wanderung zu weit hinauswagten, fragten wir die Einheimischen über den aktuellen Stand. Schliesslich und endlich soll es hier immer noch Gruppierungen von FARC-EP, der linken bzw. solzialrevolutionären Guerillabewegung geben.
Am 13.08.2023 verlassen wir das wunderschöne Land. Das erste Mal fühlen wir uns ein bisschen wehmütig. Kolumbien, du hast es uns angetan.