Grand Teton Natl. Park – Rocky Mountain Natl. Park
Wir verlassen den Yellowstone Park beim Südausgang und fahren durch den Grand Teton Natl. Park. Alpin geht es hoch auf den Togwotee-Pass auf eine Höhe von knapp 3000 M.ü.M. Wir machen wir eine kleine Rast und vertreten unsere Füsse um den schön gelegenen Bergsee, der plötzlich aus dem Nichts auftaucht. Und weiter geht die Fahrt entlang unzähliger Ranchen mit überdimensionalen Eingangstoren und meilenlangen Zugangsstrassen, welche sich irgendwo am Horizont im Nichts auflösen, Steppenlandschaften, Bergketten mit wunderschönen Formationen, Gesteinsarten in allen Farben. Rinder weiden auf mehren 10‘000 Morgen Land, und ich frage mich, wie solche riesige Rinderfarmen wohl organisiert sind. Da kommen Erinnerungen an die Fernsehserien „Bonanza“ oder „Rauchende Colts“ auf, welche im Western-Milieu der 1860er Jahre spielten. Hoppla, schon wieder 12’000 km gefahren, und Horu braucht wieder eine Abschmierpflege. Der Platz am See ist viel zu schön, und wir verpassen beinahe den Gute-Nacht-Sonnenuntergang. Aber die Pflege und Instandhaltung unsers Klassikers ist uns wichtig, und wir schmieren zum zweiten Mal auf unserer Reise alle beweglichen Teile am Fahrwerk und am Antrieb. Weiter geht es über Rawlings und Fort Collins in den Rocky Mountain National Park. Wir haben noch keinen Übernachtungsplatz, denn alle ‚Wild Camping‘ sind hier nicht mehr zugelassen. Wir fahren von Estes Park quer durch die alpine Gebirgslandschaft. Der höchst gelegene Punkt der Strasse liegt auf 3700 M.ü.M. Leider ist das Wetter zum Tadeln, aber die Strasse, welche sich über die Gebirgszüge hochzieht, eine Wucht. Am Ausgang des Parks, in Grand Lake, finden wir noch einen bezahlbaren Campground als „Zelt“. Genial, als was wir alles auftreten können, je nach dem, was gerade passabel ist. Auf den Parkplätzen mal als PW, mal als RV, je nach Platzangebot, bis hin zum Zelt (auf 4 Rädern) auf dem Campground. Nach unserer Passabfahrt haben wir das Gefühl, ein neues Geräusch zu hören, Bremsscheiben? Ein bisschen früh, aber wir steuern sicherheitshalber die nächste Garage an.
Und tatsächlich, wir bleiben in Grand Lake für einige Tage im Elk Creek Campground sitzen. Ein angenehmes Plätzchen mit Duschen, Waschmaschine, Tumbler, WIFI und Playground für Erwachsene. Wir müssen nach nur 37‘000 km die Bremsklötze und Bremsscheiben inkl. Dichtungen auswechseln lassen. Wohl ein Resultat unserer vielen Passstrassen mit Übergewicht. Da unsere Bremsscheiben etwas grösser als die Originale für den LandCruiser Jahrgang 2000 sind, müssen wir zum ersten Mal den Lieferdienst von Horus Geburtsstätte in Deutschland in Anspruch nehmen. So warten wir in unserer Unterkunft mit Notbremse gespannt ab ….
Denver 25.09.2022
Wir wollen unsere Lieferung aus Deutschland sicherheitshalber direkt am nächsten DHL Point abholen (falls es Probleme mit dem Zoll gäbe oder die Formalitäten unvollständig sind). Leider ist die DHL in Colorado sehr untervertreten, dafür fliegen uns UPS und FedEx ärgerlich um die Ohren. Wir suchen einen halben Tag die westliche Stadtgrenze von Denver für einen geeigneten Übernachtungsplatz ab und verzweifeln beinahe an unserm Projekt. Geschlossen, full, oder nur über Website buchbar, welche nicht funktioniert – als hätten wir nicht schon genug Stress! Dann fahren wir halt erneut über das Schnellstrassensystem von Denver, auf HWY, ab HWY, wechseln auf Schnellstrasse, nehmen eine der beiden linken Spuren und das alles bremsschonend und zum Glück ohne „bei nächster Gelegenheit bitte wenden!“. Wir erreichen den Standley Lake Campground in der Recreation Area von Denver – den haben wir uns jetzt wirklich verdient. Wunderschön an einem See gelegen, im Hintergrund die Rocky Mountain-Kulisse. Hier sind wir inmitten der Prärie unter Mitbewohner wie Präriehunden (ähnlich unserer Munggen), Bald Eagles und heulenden Kojoten in der Nacht und das in Denver-Westminster! Während wir immer wieder unsere DHL-Tracking-Nr. monitorisieren (über London Heathrow – Cincinnati/Ohio …), fahren wir Downtown in die 16th Mall Street in Denver. Die Stadt überrascht uns von allen Seiten! Fahren wir doch von der Prärie mitten ins Stadtzentrum, alles sauber, gepflegt, organisiert. Eine Grossstadt mit Wurzeln aus dem Wilden Westen und Ausgangspunkt ins Skigebiet der Rocky Mountains und doch scheint sie uns nicht als Touristenattraktion serviert. Wir essen in einem historischem Pub. Immerhin fand in Denver über Jahrzehnte das grösste Bier-Festival Amerikas mit über 800 Bierbrauereien mit 4000 verschiedenen Biersorten statt! Neben uns mache ich einen „Wiener-Dialekt“ aus (ich muss gestehen, nach langen überlegen, was das wohl für eine Sprache sein könnte – lange nicht mehr gehört). Es ist die Oktoberfestband „Pech & Schwefel“ (auch noch nie davon gehört), welche seit September in Texas, Georgia, Tennessee, Montana und Colorado (uns fast alles bekannt) in Biergärten und Oktoberfesten auf Tour ist. Wir müssen schmunzeln, wie hier nicht nur Bier gebraut, sondern auch die Bierkultur aus Europa angezapft wird. Es ist schon dunkel, und wir finden unseren Weg zum Standley Lake (etwas mühsamer als tagsüber) dennoch geübt zurück. Wir verlängern unseren Aufenthalt analog der DHL-Trackingdaten. Weihnachten!: Am Mittwoch können wir unser Paket bei der DHL im Flughafen von Denver abholen – alles klapp super. Unermüdlich fahren wir danach ca. 15 Garagen in Denver an, doch, leider ohne Erfolg. Entweder für 3 Wochen ausgebucht, der Lift ist zu schwach, oder die Garage zu wenig hoch. Wir haben das Gefühl, die wollen einfach nicht. Unsere letzte Rettung ist unsere erste Anlaufstelle, die Garage in Granby, wo wir am Mittwochabend einen Termin, für sage und schreibe Freitagmorgen, 08.00 Uhr vereinbaren können. Unsere nächste Enttäuschung ist vorprogrammiert. Randy zeigt um 08.20 Uhr überhaupt kein Interesse mehr, an unserem Fahrzeug etwas zu machen. Desillusioniert fahren wir weiter in Richtung Great Sand Dunes National Park. Auf dem Weg versuchen wir in Silverthorne erneut unser Glück. Auf der Suche begegnen wir Dillon mit seinem Hund Mac, er ist sehr hilfsbereit und vermittelt uns schlussendlich eine „mexikanische“ Garage – but only cash. Dillon fragt uns, ob wir genug Cash hätten mit uns hätten, er würde uns sonst etwas leihen. Puahhh, so liebenswürdige Menschen, da weicht der Frust sofort wieder den emotionalen Gefühlen! Wir bringen unseren Horu zu Martin, welcher meint, er könne das machen – me gusta!. So verbringen wir wieder 5 Stunden im verregneten Silverthorne, um schlussendlich einen niederschmetternden Anruf zu erhalten, nada!, sie wollen keine Verantwortung übernehmen für ein customized Rig – auch keine mexikanische! Aber die bereits gewechselten Bremsbelägen seien trotz der ramponierten Bremsscheibe noch in Ordnung. So fahren wir weiter und versuchen, unsere wertvollen Beläge zu schonen. Wir haben ja noch ein 5-Gang-Getriebe. Wir befinden uns aber immer noch in den Rockies und haben etliche Pässe noch vor uns. Wir machen uns langsam ein Spiel daraus, wie sich ohne Bremsen fahren lässt – ganz viel! Sam hat schon Angst, dass ich gar nicht mehr bremse.
Hossier Pass 30.09.2022
So, da hätten wir schon den nächsten Pass mit stolzen 3600 m.ü.M. Wir übernachten auf Passhöhe, obwohl nicht gerade gewünscht, aber die Erde dreht sich um ihre Achse, und der Tag neigt sich unweigerlich dem Ende, auf dass er morgen wieder beginnen kann. Eingekuschelt und mit Socken und Pullover erreichen wir eine angenehme Schlaftemperatur. Wir hören die fetten Nassschneeflocken auf unser aufgestelltes Hardtop-Dach platschen, ein Geräusch welches uns sanft in den Schlaf begleitet. Nach einer Stunde Schlaf ändert sich das Geräusch fremdartig. Wir wachen gleichzeitig auf und sehen unser schützendes (jetzt aber eher bedrohliches) Dach auf uns zukommen. Mit Eigengewicht plus Gewicht des Reserverads und Diversem im Dachkoffer plus neu: ca. 100 kg Wasser in Schneeform halten die gasgefüllten Holmen (die leiden auch unter der Kälte) dem Gewicht nicht mehr stand. Wir sind ein hellwaches und eingespieltes Team: Sam stützt das Dach, ich krieche unter dem spärlich gewordenem Raum hervor, übernehme das Stützen, bis wir beide in Sicherheit stehen und das Dach einklappen können. Etwas eng, dafür umso wärmer, schlafen wir im 1. UG weiter. Ich vermisse noch das Aggregatgeräusch des Kühlschranks neben meinem Ohr, aber wahrscheinlich gibt es nichts mehr zu kühlen. Am Morgen wachen wir denn auch in einer verträumten Schneelandschaft bei minus 4 Grad auf.
Great Sand Dunes National Park und Preserve 01.10.2022
In der Zwischenzeit habe ich noch einen Hilferuf betreffend LandCruiser-Garagen ins Buschtaxi-Forum gestellt, mit Erfolg. Eine ausgewiesene Garage für HZJ 78 Modelle soll in Grand Junction sein (würde auf dem Weg unserer Nationalparks liegen). An dieser Stelle, herzlichen Dank den Buschtaxi-Drivers!
Die Great Sand Dunes sind nicht nur für ihre Sanddünen, die sich durch die Rocky Mountains Landschaft ziehen, bekannt, sondern auch durch die 4WD Medano Pass Primitive Road. 22 Meilen über den Medano Pass mit 3300 m.ü.M. Was anfänglich auf angenehmen Sandpisten beginnt, endet (laaaanges Ende!) in einer rough Road im highest Level. Keine Angst, die Bremsen werden kaum gebraucht, wir fahren praktisch nur in Untersetzung im ersten, höchstens zweiten Gang. An ganz prekären Stellen habe ich nach 40’000 km einen 4. Haltegriff entdeckt. Trotzdem gelingt es mir, sämtliche Fingernägel in meine Handflächen zu krallen. Wieder wird mir bewusst, dass Adrenalin den Mund austrocknen, der Puls höher steigen lässt und einen nahe an die Erschöpfung bringen kann. Leider gelingt es mir nicht, an den verrücktesten Stellen ein Video zu machen, besser gesagt, ist mir die Lust dazu vergangen. Die neun Flussüberquerungen, meistens war es der Medano Creek, sind im Vergleich dazu eher Adrenalin-senkend. Etwas erschöpft, übernachten wir wieder auf Passhöhe. Der Lack unseres Horus hat schon etwas gelitten, mussten wir doch vielmals am äussersten, befahrbaren Rand die Reifen aufsetzen, um nicht allzu sehr in Schräglage zu geraten. Die Büsche auf dieser Höhe sind sehr robust gebaut. So pflege ich die seitlichen Schrammen mit Wattebausch und Nivea Reinigungsmilch – übrigens, sehr zu empfehlen! Passabwärts werden wir noch von einem auf dem Dach liegenden PW schockiert. Knapp können wir kreuzen (ob es überhaupt ein Zurück gegeben hätte? Wir halten an, und ich möchte nachsehen, ob vielleicht noch eine Person im Auto eingeklemmt ist. Zum Glück nicht, die Insassen mussten sich durch die eingeschlagenen Türscheiben retten. Mir wird wieder bewusst, dass wir unsere roten Hämmerchen nicht nur als Dekoration in der Führerkabine aufgehängt haben.
Mesa Verde Natl. Park 03.10.2022
Unsere Weiterfahrt führt uns durch den Mesa Verde Natl. Park. Hier bewundern wir an verschiedenen Aussichtspunkten die archäologischen Wohnstätten der Ancestral Pueblo People und ihre Welt, geschätzt 550 Jahre n.Chr. Lange bevor die Europäer nach Nordamerika kamen, lebten sie hier für über 700 Jahre in Communities und bauten ihr Zuhause mit Sandsteinziegeln in die Felsen der Canyons des Mesa Verde. Sie hatten einfache Werkzeuge aus Materialen wie Pflanzen, Tierfellen, Knochen, Steinen – ähnlich, wie in der Steinzeit. Sie waren Jäger und Farmer. Mesa Verde bietet eine spektakuläre Erinnerung an diese Kultur der Ancestral Pueblo People. 1880 wurden durch lokale Ranger die ersten Entdeckungen gemacht, seither versuchen Archäologen deren Leben und Kultur zu verstehen. Unglaublich, ihr Leben spielte sich an der Kluft des Canyon ab, ihre Felder bewirtschaften sie auf den Plateaus über ihren Köpfen, der Canyon, liegt ihnen tief zu Füssen. Spruce Tree House, aus der Zeit von ca. 1200 n.Chr. war eines der grössten Dörfer in Mesa Verde. Es hatte ca. 130 Räume und 8 Kivas (vertiefte Rundhäuser für soziale Gemeinschaften mit Feuerstelle). Ca. 60 bis 90 Menschen lebten in diesem Dorf. Wir reisen zurück in ihre Zeit und halten einige Minuten inne, hören die Kinder lachen, die Frauen berichten, die Hunde bellen und die Hähne krähen. Wir hören und fühlen den Rhythmus der Trommeln, begleitet von Gesang. Wir riechen das Feuer, wir fühlen den Spirit ihrer Anwesenheit…
Valley of the Gods 04.10.2022
Wir übernachten seit Langen wieder einmal auf dem Walmart-Parkplatz in Cortez, da es schon dunkel wird. Dafür kann ich am nächsten Morgen via Whats-up-Videocall und Walmart-Net-sei-Dank meiner lieben Schwester zum Geburtstag gratulieren. Wir fahren weiter Richtung Valley of the Gods. Schon die Fahrt ins kleine «Monument Valley» ist beidseitig flankiert von Sandsteinformationen und beeindruckt uns sehr. So weit das Auge reicht, präsentiert sich eine Hochebene, das Utah Canyon Country. Unvergesslich, diese freistehenden Sandsteinmonolithe, zarte Spitzen und langgezogene Felsrücken. Hier ist es überall erlaubt zu campen. Die Farben, das Licht, die Ruhe, der Sternenhimmel (wir schlafen bei offener Dachluke), das alles lässt mich an einen Schöpfer glauben (wahrscheinlich auch inspiriert durch die Namensgebung des Tals). Dramatische Wolkenformationen, in Grautönen von weiss bis schwarz getönt, versuchen, mit den pittoresken Monumenten zu konkurrenzieren. Vor 300 Mio. Jahren lag hier in einem Tieflandbecken eine 400 Meter dicke Sandsteinschicht mit rotem Schluffstein. Diese wurde zu hohen Sandtürmen am Ufer eines urzeitlichen Meeres aufgetürmt Diese Landschaft wurde vor ca. 250 Mio. Jahren von Eis, Wind und Regen aus dem Sandstein geformt. Für alle Filmliebhaber: hier wurden zwei Episoden von der BBC-Science-Fiction-Serie «Dr. Woh» gedreht. 2017 reduzierte Präsident Donald Trump die Grösse des National Monuments Parks um 85%, das Valley of the Gods fiel dadurch aus dem Schutz der Bundesregierung. Das Gebiet ist durch die Vergabe von Öl- und Gaslizenzen gefährdet. Gegen die Reduzierung laufen Gerichtsverfahren.
wie immer super interessant und informativ mit schönen Bildern
Danke Dir, lieber Daheimgebliebener 😉