Anguiatu 11.04.2023
Warum soll man El Salvador unbedingt bereisen, schliesslich ist das Land eher für Mord- und Totschlag und ggf. noch Bitcoin-Experimente berühmt. El Salvador ist aktuell eines der sichersten Reiseländer in Zentralamerika. Die hohen Kriminalitätsraten gehören der Vergangenheit an, denn, der seit 2019 amtierende Präsident Bukele hat mit recht harter Hand gegen die Banden aufgeräumt und diese, zumindest für den Moment, zum Schweigen gebracht. Also planen wir nach dem Motto „Dont’t skip El Salvador“ ins kleinste Land von Zentralamerika einzureisen, während viele Mittelamerikareisende El Salvador gerne auslassen.
Wieder steht uns ein Grenzübertritt bevor. Wir wissen nur eins: es dürfen keine Früchte nach El Salvador eingeführt werden. Ansonsten lassen wir uns einfach durch die Prozedur der Behörden treiben. Denn, bereitet man sich vor, kommt sowieso alles anders. Bei der Ausreise in Guatemala werden wir vorerst einmal freundlich zum Abstempeln unseres Reisepasses geschickt, 100 Meter entfernt, und die Sonne heizt ordentlich ein. Dann geht es wieder zwei Mal 100 Meter zurück zum Kopiershop. Unser Guatemaltekisches SAT (Fahrzeugimport Guatemala), Fahrzeugausweis, Pässe, Führerausweis Fahrzeughalter, alles muss zweifach kopiert werden. Wir geben dafür unsere letzten Quetzals aus – auch gut so. Dann wieder 100 Meter zum Ausgangspunkt zurück, wo unser SAT Guatemala abgestempelt wird. Wir fahren weiter zur Grenze El Salvador. Hier geben wir unsere abgestempelten Kopien ab und füllen ein Einreiseformular für El Salvador aus, welches dann digital erfasst wird. Die Pässe und Führerscheine aller Fahrer müssen erfasst werden. Zum Glück sind die Beamten so grosszügig und entgegenkommend und kopieren meinen Führerausweis und Pass noch nachträglich. Dann werden wir zu einem älteren Herrn am Schalter geschickt, wahrscheinlich ein, ins Alter gekommener Lehrling. Drei Kollegen gucken ihm über die Schulter, wir gucken durch das Schalterglas. Alle fünf sind wir sehr geduldig, denn das sollte unser letztes Procedere sein. Und so war’s: 1.5 Stunden in der Mittagshitze, aber alles sehr schnittig (bis auf den Lehrling) und mit viel Freundlichkeit, aber immer schwer bewaffnet! Sogar der Señor in der Kopierstube. Diskret zieht er sein T-Shirt über das Gurtanhängsel, als er meine wunderlichen Blicke aus dem Seitenwinkel spürt. Andererseits, keiner wollte einen Blick in unser Fahrzeug erhaschen, da hätten sicherlich noch 10 Migranten Platz gefunden – wohl die falsche Richtung. Beschwingt fahren wir in El Salvador ein. Nochmals zwei kurze Kontrollen mit einem freundlichen „Bienvenido“, und alle freuen sich über den aufkommenden Tourismus in El Salvador. Die Caballeros winken mir freudig vom rechten Strassenrand zu (sehe ich heute so unverschämt gut aus?). Wir erreichen mit dem Sonnenuntergang unseren ersten Übernachtungsort nach Grenzübertritt.
Volcán Santa Ana 07.04.2023
Wir campieren praktisch beim Trailhead zum Volcán -Ilamatepec, der oft auch einfach nur Volcán Santa Ana genannt wird. Zusammen mit einem Pärchen aus Quebec übernachten wir hier alleine. Der Nebel zieht hoch und umhüllt die üppige Vegetation der Vulkankegel rund um uns herum. Die Temperaturen sind angenehm kühl. Ja kalt, hatten wir doch in der zweitgrössten Stadt El Salvadors, Santa Ana, Temperaturen über 35 Grad, was unsere Stadtbesichtigung physisch etwas einschränkte. Wir geniessen hier oben auf 1800 Meter Höhe das leichte Frösteln im kurzärmligen T-Shirt. Leider ist es nicht erlaubt, ohne Guide den Vulkan zu besteigen. Man liest so widersprüchliches. Gruppenscheu, wie wir sind, gehen wir alleine mit unserem Privatführer José hoch. Die Wanderung ist anspruchslos und kurz, dafür bietet sie tolle Aussichten sowohl auf die Umgebung und den tiefer gelegenen Lago Cotapeque, als auch in den türkisblauen Kratersee innerhalb der Caldera. Und wieder sind wir froh, dass wir schon um 07.00 Uhr gestartet sind. Der Vukan gehört uns ganz alleine. Was für ein unglaubliches Erlebnis, in den tiefen Schlund des Kraters blicken zu können. 200 Meter tiefer schwefelt und brodelt es und das türkisfarbene Blau des Kratersees liebäugelt mit dem Azurblau des Himmels über uns. Wir haben wirklich Glück. Einsam und bei bestem Wetter geniessen wir die überwältigende Aussicht hier oben. Beim Abstieg kommen uns im untersten Drittel auch schon die ersten Touristen entgegen. Sie gucken uns schon ein bisschen neidisch an, denn die ersten Nebelschwaden bilden sich schon wieder und schleichen zusammen mit den Wanderern den Vulkan empor. Wir sind froh, haben wir uns trotz aller Gegenwehr einen Führer genommen; es gibt Polizeikontrolle. José, unser Führer erklärt uns, dass es offenbar zu Unfällen mit unvorsichtigen Touristen kam, die nach einem Flug von mehreren hundert Metern im schwefelhaltigen, brodelnden Kratersee landeten. Das muss wohl der Grund für die Guidepflicht sein. Und natürlich einige Dollars verdienen, was wir auch in Ordnung finden. So früh waren wir noch nie von einer Wanderung zurück. 10.00 Uhr am Morgen. Wir nutzen die Zeit und fahren weiter an die Pazifikküste. El Zonte ist unser erstes Ziel, hier suchen wir aber vergebens nach einem Übernachtungsplatz. Auch die Hotels scheinen ihre Preise dem wieder steigenden Bitcoin angepasst zu haben.