Weiterreise über Watson Lake

Wir fahren den Klondike HW wieder zurück nach Watson Lake und besuchen dort nochmals kurz das Visitor Center, nicht nur, weil sie da so freundlich sind sondern weil die Dusche dort unbegrenzt warmläuft. Wir wollen über ein kurzes Stück Alaska HW den Stewart Cassiar HW Nr. 37 Richtung Süden erreichen. Stewart (Kanada) und Hyder (Alaska) sind unser Ziel. Ja, Ihr lest richtig, wieder ein Grenzübertritt. Wir wollen wieder einen kurzen Schritt nach Alaska wagen, um in Hyder die Lachsfisch-Competition der Bären zu beobachten. Auf dem HW 37 machen wir aber noch einen 112 km kurzen (auf Gravel-Road doch eher längeren Abstecher) nach Telegraph Creek. Eine wunderschöne Fahrt führt uns durch das Stikine River Valley. Die Naturstrasse schlängelt sich mal 2 Meter über dem Flussrand, mal schwindelerregende 300 Meter über dem Canyon. Die tiefe Schlucht setzt sich aus verschiedenen Sedimenten und vulkanischem Gestein zusammen und wurde durch die Erosion des Flusses, welcher sich in unzähligen Kurven, beinahe unnavigierbar durch das Gestein bewegt über eine Strecke von 80 km wild geformt fort. Wir übernachten an einem wunderschönen Ort mit Blick über den ganzen Canyon. Endlich ist es angenehm warm, nur, leider, die Plagegeister sind wieder unterwegs und hängen blutrünstig an unserem Fliegenvorhang. Einfach ärgerlich, und unser Anti-Brumm hat bald ausgebrummt. Am nächsten Tag erreichen wir die Community Telegraph Creek. Ungefähr 250 Einwohner sollen hier noch leben. Wir treffen genau 2 Frauen, sonst ist alles ruhig und verlassen. Telegraph Creek ist ursprünglich eine Tahltan-Siedlung (First Nations). In den 1860er wurde im Stikine River Gold gefunden. Der Ort wurde dann auch ein wichtiger Transport- und Kommunikationsort sowie ein beliebter Trail Ausgangspunkt in der späteren Yukon Gold-Rush-Zeit. Die Western Union Telegraph Company wollte hier die erste Telegrafenverbindung zwischen Nordamerika und Europa über Alaska und Sibirien mit Colins Overland Telegraph verwirklichen. Diese wurde nie fertig gestellt, da ihnen das Projekt der Transatlanik-Verbindung 1897 zuvorkam. Leider ist aus dieser vergangen Zeit nicht mehr viel übrig. Aber die Kirche steht immer noch im Dorf. Horu hat offroadbedingt wieder seine Farbe von Militärgrün auf Safaribraun gewechselt, und wir setzen, zurück auf gefestigtem HW 37, unseren Plan fort. Wieder haben wir einen wunderschönen Übernachtungsplatz direkt am Eddontenajon Lake gefunden. Die Temperaturen abends um sieben sind angenehm warm, die Mücken machen mal Pause und so nehmen wir unser erstes Bad diesen Sommer (!!!). Herrlich, diese Fri-i-i-i-sche-e-e-ehh! Wir begnügen uns sicherlich mit 10 Grad weniger, als im Zürisee. Aber die Landschaft ist traumhaft, der See spiegelglatt. Jetzt sitze ich an meinem Laptop und haue in die Tasten, währenddem 5 Meter neben mir die Fische auf dem Spiegel nach Mücken tanzen. Jede Mücke ist eine Mücke weniger!. Am nächsten Tag ist das Wetter traumhaft, das wollen wir weder verschlafen noch verfahren. So mieten wir uns ein Kanu auf dem nahe gelegenen Campingplatz und machen einen halben Tag Auszeit auf dem wunderschönen See. Wir waren – ausser ein paar Bibern, Enten und springenden Fischen ganz alleine auf weiter See, auch die Mücken blieben aus!

Vielen Dank dem Visitor Center in Hazelton BC

Wieder mal den Blog auf Vorderfrau gebracht. Dem Fast-WiFi-sei-Dank. Leider muss ich um 5 p.m. (=Feierabend) mein Stuhl und Tisch abgeben…

Hazelton

Nach dem HW 37 geht’s jetzt ostwärts Richtung Prince George. Wir machen einen Stopp in Hazelton, wo ich unsere Website wieder update, Sam füllt alle Tanks auf und surft ein bisschen im www. Er bucht auch die Tickets für die Fähre von Bella Coola nach Port Hardy, Vancouver Island für den 20.08. Die Fahrt von Williams Lake nach Bella Coola soll wunderschön sein, wenn am Ende auch etwas steep – haben wir uns sagen lassen. Bis dahin sind es noch 1200 km und 5 Tage, und wir nehmen an, die Bergstrasse am Ende wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Beim Visitor Center spricht uns eine Dame auf Fahrrad an, wo wir schlafen und so. Sie hätte einen Platz vor der Kirche, einen Schlüssel zur Dusche und Küche. Das Angebot nehmen wir natürlich christlich an und stehen nun inmitten einer saftig-grünen Wiese, dekoriert mit weissen Margeriten im hohen Gras in Gottes Paradies. Wir sollen nach dem Essen doch noch bei ihr vorbeikommen, was wir denn auch machen. So lernen wir neben Kelly auch Ron, ihren Mann kennen. Sie teilen sich ein Blockhaus (-häuschen) mit einem Raum für Küche, Bett, Ofen und Besuch aus der Schweiz. So erfahren wir viel über die Locals hier in Hazelton, über ihr Leben und ihren Alltag. Das ist Reisen! Plötzlich sprechen Kelly, Ron und Sam portugiesisch (???). Die beiden verleben nämlich ihren kanadischen Winterschlaf in Recife in Brasilien und Kelly hat dort sogar ihre Kindheit verbracht. Es war ein lustiger Abend, und zum Abschluss kriegen wir doch noch leckere Konfitüre vom Sonntagsmarkt (welchen wir leider bei unserer Ankunft knapp verpasst haben) zu kaufen. Ich wollte unbedingt die Saskatoon-Konfi (wilde Beeren) probieren. Kelly macht ca. 15 verschiedene Konfitüren aus selbst gesammelten Wild-Beeren. Am nächsten Morgen fahren wir über die Hagwilget Canyon Suspension Bridge aus dem Jahr 1931. Damals die höchste Hängebrücke von ganz Kanada. Wir besuchen noch Old-Hazelton und das historische Kasan-Village Museum, wo wir uns über die Geschichte, das Leben und die Kultur der First Nations, der indigenen Uhreinwohnervölker Kanadas, hier sind es die ‘Ksan, informieren. Die Bezeichnung «First Nations» unterscheidet sich juristisch, politisch und rechtlich erheblich vom Begriff «Indian Tribe». Denn, eine Nation kann sich auf das Völkerrecht berufen, eine ethnische Gruppe nur auf Minderheitenschutz.
Nach viel Gelerntem geht unsere Fahrt weiter. Auf dem HW 16 entdecken wir in Smithers noch einen Glass Repair Service. Normalerweise fahren ja alle mit einem (oder mehreren) Shots in der Frontscheibe herum, so auch wir. Es ist auch immer ein Nervenkitzel, im Gravel einen Trucker mit Anhänger, meistens mit 80 bis 100 kmh unterwegs, zu kreuzen; das sind die echten Steinschleudern. Unser Klacks ist zum Glück ziemlich unten auf der Beifahrerseite, aber der Sprung wandert mit jedem Tag ein paar mm weiter, ich habe das (Aus-)Mass schon im Auge. Der Besitzer der Werkstätte meint, er könne den Sprung nur nach unten ableiten. Kommt, ritzt von aussen mit einem Diamantmesser schwungvoll den Verlauf des Sprungs nach unten weiter, verdrängt mich vom Sitz und hämmert (aber doch gefühlvoll) von innen den Sprung in der äusseren Glasschicht in die richtige Richtung. That’s it! Quasi, wie ein Blitzableiter. Die Scheibe halte so noch ewig. Kostenpunkt: wieder null Dollar und weg war er. Da hätte ich mir ja noch mehr von diesen sauteuren Croissants heute Morgen leisten können. Das Stück zu 3.25$. Tja, da fährt man wieder 7000 km, bis man eine deutsche Bakery findet und greift einfach zu, koste es, was es wolle😊.

Nach Bella Coola

Weiter geht’s auf dem Alexander MacKenzie HW 20 nach Bella Coola. Es ist Dienstag, und wir wollen unsere Kilometer bis zum Heckmann Pass hinter uns bringen, da es ab dann ca. 25 km steil bergab geht. Enge Kurven und Gefälle bis 16%, zudem Steinschlag und 1000 Meter tiefe Abgründe … wurden uns prophezeit. Auch soll die Strasse in Gravel sein, da die schweren Trucks auf Teerbelag ins Rutschen kämen, oh weihh! Ich übernehme mal die Fahrt bis zum besagten Ausganspunkt. Die menschenverlassene, üppige und feuchte Waldlandschaft Alaskas und des Yukon, wo die Natur mit Waldbränden und deren Regeneration die Regie übernimmt, änderte sich mit jedem Breitengrad. Der Wald wird lichter bis kahl, weite Weiden öffnen sich, etliche, schwer beladene Holztransporte kommen uns entgegen. Kühe weiden an der Strasse, Kuhgitter unterbrechen den HW 20 (zulässige Geschwindigkeit 90-100 km/h). Ähnlich, wie in der Schweiz beim Wandern, aber eben auf einem High-Trail auf 4 Rädern. Mit jedem Kilometer sieht man die Domestizierung des Menschen wie ein Film in Zeitraffer vom Jäger und Sammler bis zum Bauern mit Land und Vieh im Zeitraffer an sich vorbeiziehen. Der Boden wird trockener, die Waldbrandeinstufung warnt am Strassenrand mit «erheblich». Nichts desto trotz sind die Farben auch in Gelb, kombiniert mit dem blauen Himmel eindrücklich. Wir suchen ein Lunch-Plätzli und finden den schönsten Platz for ever: Ein Lounge-Plätzli für Boote. Tisch für 8 Personen, Feuerstelle, privater Bade Steg, was wollen wir noch mehr, da legen wir einen Badenachmittag mit Übernachtung ein; wir liegen gut in der Zeit. Auch das Wasser ist mit ca. 20 Grad herrlich. Zum Abendessen gesellen sich noch ein paar «Einheimische» dazu. Ein Farmer aus der Gegend mit seiner deutschen Freundin und zwei Angestellten (ich glaube, die Freundin ist auch eine Angestellte). Diese Art von Arbeitsbewilligung nennt sich «Travel and Work». Es war ein lustiger Abend. Wir fahren am Folgetag weiter durch schöne (aber immer die gleichen Landschaften) bis wir den Heckmann Pass fast unbemerkt erreichen. Der Anstieg auf das Chilcotin-Plateauso war so langsam und kontinuierlich, dass es jetzt nur noch bergab geht. Ein Trucker testet noch seine Bremsfunktion auf Hydraulik, Kompressor und Elektronik etc., bei uns gibt es nicht viel zu testen, Motorbremse und Fussbremse. Unten angekommen …. alles halb so wild! Die Strasse ist breit, überall zusätzlich Pull Outs. Wir mussten die Strasse nie voll (bis hart an den Abgrund) ausnützen. Schaurig waren nur die bergseitigen Abhänge mit ihren Felsblöcken (frei zum Fall) und losen Bäumen, die bereits länger der Bodenerosion ausgesetzt sind. Da muss man jeden Moment mit dem Schlimmsten rechnen, Augen zu und durch (eines bleibt zum Fahren offen, das andere zwinkert). Unten angekommen verläuft die Strasse wiederum flach dem Fjord entlang. Da! Ein Schwarzbar! Beinahe schon, hätten wir unsere ständigen Begleiter vergessen. Kurz vor Bella Coola haben wir einen Schlafplatz am Bella Coola-River (wie könnte er auch anders heissen) gefunden. Klein aber oho. Platz genug für Horu, 2 Stühle und 1 Tischchen am Lachsfluss. Ich lese im iOverlander, dass sich da 2 Grizzlys rumtreiben sollen, besser die Einheimischen fragen. Nur, wir treffen keine Einheimischen. So sitze ich nun da im Stühlchen, schwer bewaffnet mit Bären- und Mückenspray an diesem Blog. Platschtschtsch-tsch-tsch! Etwas Schwarzes (der Lichtverhältnisse wegen, sehe ich nur noch schwarz-weiss). Irgendein schwarzes, felliges Tier hat sich von einem Baum auf einen Lachs gestürzt, die stehen mir übrigens vor meinen Füssen im Wasser. So, ich verzieh’ mich jetzt in Sicherheit, denn ich sitze mitten in den Büschen und ein verdächtiger Wild Pfad von ca. Bärenbreite verläuft direkt neben mir.
Noch etwas verschlafen treffen wir morgens um 06.00 Uhr auf dem Parkplatz in Bella Coola ein, um in einem PW- und RV-Convoy 4 km zum Hafen runter zu fahren (die Hafeneinfahrt wäre zu klein, um alle Fahrzeuge aufzunehmen, obschon, es sind nur etwa 30 Fahrzeuge. Die Fähre wirft pünktlich die Motoren an, besser gesagt, nur den einen. So müssen wir uns noch eine halbe Stunde gedulden, bis das Problem am zweiten Motor behoben ist. Problem behoben, aber nur für eine halbe Stunde. Weitere Durchsage des Kapitäns: aus 10 Stunden Fahrt werden nun 12 Stunden, da die Fähre nur durch einem Motor angetrieben wird. Zum Glück macht der eine das aber ganz gut, und wir erreichen pünktlich, aber eben mit 2 Stunden Verspätung, Port Hardy.