Boquete 03.05.2023

Der Grenzübertritt nach Panama gestaltet sich reibungslos, doch, wie immer in Mittelamerika, sehr chaotisch. Kein Schalter ist angeschrieben, oder sieht mindestens so aus, wie ein Schalter. Wo stellen wir Horu hin? Kreuz und quer stehen Fahrzeuge. Und weshalb bekommt Sam bei der Migration den Einreisestempel in den Pass, und ich muss noch zuwarten? Wo können wir die Fahrzeugversicherung abschliessen? Wir werden durch eine Wechselstube, ein belebtes Restaurant, das nach altem Frittieröl und Pampers riecht, geleitet und landen dann im ersten Stock des Gebäudes, um unsere Versicherung abzuschliessen. Aber der Beamte schafft es doch noch, uns ein Lachen ins Gesicht zu zaubern, als er voller Ehrgeiz versucht, meinen zweiten Familiennamen ‚Steinbrecher‘ auszusprechen – für ihn, ein Zungenbrecher. Auf die Polizeiinspektion des Fahrzeuges können wir verzichtet, wohl ein Abkommen unter den Beamten😁. USD 20.00 kosten uns diese ‚Verzichtsspesen‘. Bienvenidos a Panamá! Wir fahren los und kommen wenig später in Boquete an, einem wunderschönen, in den Bergen gelegenen Ort.

Boquete selbst liegt auf 1000 Meter Höhe. Das Klima ist sehr angenehm und geht mit einer leichten bis stürmischen Brise einher. Die Atmosphäre auf der Strasse wirkt leicht verschlafen. Eine Mischung aus Einheimischen, Amerikanern, Indios, europäischen Aussteigern und, wie wir, Touristen. Ein wahrer Klimagenuss, nach all den heissen Tagen auf Meereshöhe.

Hier sind wir am Fusse von Panamás höchster Erhebung, dem Volcán Barú mit einer Höhe von 3475 Metern. Dessen Besteigung lassen wir wohl liebere aus. Das würde 2000 Höhenmeter auf 13 km, UND wieder zurück bedeuten. Das wäre kein leichter Nachtspaziergang gewesen. Wir entscheiden uns für die angenehme, aber vielversprechende Tour in Richtung «The Lost Waterfalls». Eine dreistündige Wanderung durch den dichten Dschungel des panamaischen Hochlandes, bei der drei atemberaubende Wasserfälle auf uns warten (und ein paar versteckte Quetzals). Die Tour sollte halten, was sie verspricht und einen ersten Eindruck der Schönheit Panamas widerspiegeln.
Nach unserer wunderschönen Wanderung erfahre ich von der Geschichte über Kris Kremers und Lisanne Froon, den beiden Holländischen Studentinnen, welche am 1. April 2014 hier spurlos verschwanden. Nach einer umfangreichen Suche, wurden einige Monate später Teile ihrer Körper gefunden. Ihre Todesursache konnte nicht definitiv bestimmt werden. Die Umstände und Folgen ihres Verschwindens haben zu vielen Spekulationen über die Todesursache geführt. Auch die panamaischen Beamten wurden unter Beschuss genommen, und Fragen zu den Untersuchungen blieben offen. Diese Tatsache hat sich tief in mir eingebohrt, und ich studiere die ganze Nacht und den Tag darauf über das schreckliche Schicksal der beiden jungen Mädchen nach. Link

Auf unserer Weiterfahrt Richtung Panama Stadt machen wir einen Übernachtungsstopp auf einem christlichen Campground. Ein riesiger Fussballplatz, zwei einheimische Familien leben da, und wenn eine Veranstaltung stattfindet, sind gut und gerne 600 Leute da. Wir haben Glück und teilen uns das ganze Areal mit einem kanadischen Pärchen, welches die kalte Winterzeit zukünftig in Panama verbringen möchte. Am nächsten Morgen suche ich über eine Stunden den Kameraden meines Flipflops – ohne Erfolg. Bei der Ausfahrt fragte ich noch den kleinen Jungen, der kannte bestimmt das Spielzeugversteck der diversen Hunde, und siehe da, da war er.

El Valle 06.05.2023

Ganz klar, es lebt sich einfacher im Hochland, die Temperaturen sinken in der Nacht auf eine angenehme Schlaftemperatur, die Feuchtigkeit lässt sich bestens ertragen, obschon sich nachmittags, entlang der satt grünen Urwalderhebungen, die Feuchtigkeit sammelt und zu Nebel und Nieselregen auskondensiert. Ein herrliches Bild, der blaue Himmel kämpft mit dem dunklen Grau am Himmel und das satte Grün freut sich darüber. Einfach schön, dieses Klima. Einen Schirm brauchen wir nicht. Der Regen ist trocken, was sagen will, der Regen ist so schwach, dass wir laufend trocken werden. Wir stehen hier auf Marios Campground. Mario ist Ornithologe und bildet hier auch Naturwissenschaftler aus. Er schwärmt von den zahlreichen Vögeln auf seinem Grundstück. Natürlich haben wir ihn sofort nach einer privaten Tour gefragt. Wir installieren uns erst einmal für mehr als einen Tag und gehen ins nahe gelegene Dorf El Valle essen. Die Preise hier sind ziemlich amerikanisch, also, nicht nur die Währung. Wir behaupten mal, die Kosten für die Gastronomie kommen nahe an Costa-Rica-Preise heran. Nur den Diesel treffen wir hier auf einem. bis dato, Rekordtief von USD 0.867/l an. Und wenn wir schon beim Fahren sind, hier treffen wir auf die am besten ausgebauten Strassen der Panamericana. Vierspurig und ohne Flicktepich, saubere Beschilderung ohne Schusslöcher. Wir kommen mit 90km/h vorwärts, so schnell, wie schon lange nicht mehr. Die Strassen präsentieren sich sauber, aus den Kanalisationen steigt auch kein Faule-Eier-Geruch, wie wir ihn seit Mexiko gewohnt sind. Die Amerikaner haben aber auch noch andere Hinterlassenschaften. Wir treffen erstaunlich viele Einkaufszentren mit riesigen Parkplätzen an, ganze Strassen sind gesäumt von diesem amerikanischen Kommerz. Der McDonalds ist omnipräsent. Zum Glück sehen wir diese Ladenstrassen nur an der Hauptverkehrsader. Kommen wir ins Landesinnere, ändert sich das Bild schlagartig und der Ursprung von Mittelamerika ist wieder da, die Sauberkeit bleibt.

El Valle de Antón ist der weltgrösste bewohnte Vulkankrater!
«Valle» bedeutet übersetzt Tal und trifft hier den Nagel auf den Kopf, denn die Stadt El Valle de Antón befindet sich inmitten eines erloschenen Vulkans, der vor rund einer Millionen Jahren aktiv war. Der Krater zeichnet sich ausserdem durch seine unberührte und üppige Natur aus.
Die Wanderung zum Cerro Cara Iguna war die erste Tour für uns in El Valle de Antón. Vom Kraterrand bietet sich uns ein idealer Aussichtspunkt über das Tal mit der Stadt, um künftige Abenteuer auszukundschaften. Der Wind hier oben prescht mit einer gewaltigen Kraft über den Kraterrand und den ganzen Vulkangrat, so dass sich unsere Wanderung grösstenteils etwas laut und stressig anfühlt. Immer wieder kämpfen wir mit Gleichgewichtsstörungen. Mal überrascht uns der Wind von vorne, dann wieder von links und ändert seine Meinung sekundenschnell um 180 Grad. Manchmal müssen wir uns festhalten. Auch die Natur erinnert uns an eine Tundra ähnliche Vegetation, welche weiter unten schlagartig in einen Urwald übergeht. Einen entspannten Nachmittag konnten wir am Chorro las Mozas verbringen. Am seichten Flusslauf bieten sich neben Wasserfällen ideale Bedingungen für ein erfrischendes Bad im klaren Wasser. So unberechenbar kann die Natur sein, die Grenze zwischen Niederschlag und Trockenheit spielt sich innerhalb von wenigen Metern ab, wohl auch durch die Winde bestimmt, welche wiederum von Atlantik und Pazifik beeinflusst werden.
Eine weitere Besonderheit in El Valle, ist das trinkbare Leitungswasser. Von vulkanischen Quellen der umliegenden Berge wird das Leitungssystem der Stadt gespeist. Frischeres und besseres Wasser werden wir wohl nicht so schnell wieder finden.
Unser Highlight ist unsere Vogeltour mit Mario (auf dessen Campground wir stehen). Er ist einer der berühmtesten Ornithologen in der Gegend und so auch in Costa Rica bekannt. Die ‚No. 1‘ wird er genannt, was er gar nicht so sehr liebt. Der Abschied heute fällt uns schwer, so auch ‚Blue‘ seiner Hündin! Auf gehts Richtung Panama City!

Ciudad de Panamá

Die Erledigung aller Formalitäten für unsere Verschiffung von Panama nach Kolumbien steht bevor. Wir fahren direkt zu Alejandro von Overlander Embassy und werden herzlich (sogar mit richtigem Vornamen) in seinem Büro begrüsst. Das mutet schon mal vielversprechend an. Auf dem Platz von Alejandro treffen wir auf weitere Overlander, welche das gleiche Procedere vor sich haben, ob von Nord nach Süd oder umgekehrt. Eng zusammengepfercht stehen wir hier, so eng, dass wir nicht einmal mehr unsere Heck-Einstiegsklappe benützen können. Hier treffen wir auch wieder auf Maya und Adi, mit welchen wir nicht nur unsere Wieder-Nachbarschaft teilen, wir sind auch Container Buddies. Nach den Formalitäten werden Horus Ausmasse nochmals vermessen. Wir sind froh, dass nur seine demontierbare Dachbox die Masse überschreitet, also kein Abmontieren von Spiegeln und Containerkübeln am Heck nötig. Vom Luftablassen oder sogar schlimmstenfalls mit nackten Gebrauchtfelgen in den Container zu fahren wird Horu verschont. Unser erster Container! Wir sind froh, dass Horu nicht nur auf dem Papier Container-tauglich ist, sondern das heute in Tat und Wahrheit bewiesen hat (wobei die Tat noch mit dem Laden bevorsteht). Am Abend fahren wir mit Alejandro und ein paar Overlandern in die Stadt zum GoKart Fahren. Ähnlich, wie auf dem Stellplatz, zwängen wir uns zu neunt in einen PW. Zum Glück sind die Scheiben für die Polizei verdunkelt. Alejandro ist natürlich nicht nur der Verschiffungsmeister, sondern auch der Meister des Abends und überrundet uns alle gleich mehrmals. Auch die Anzeigetafel zeigt über Monate hinweg sein Können. Auch sonst ist er ein Tausendsasa in allen Belangen. Am nächsten Morgen stehen alle im Morgengrauen auf, nein, natürlich nicht freiwillig! Die Polizeiinspektion für die Fahrzeuge findet in einem anderen Stadtteil statt. Wir starten um 06.00 Uhr im Konvoy, und es dauert nicht lange, bis wir uns alle im Morgenverkehr Panamas Hauptstadt verlieren. Unser Handy-Datenplan endet gerade jetzt und die Garminanzeige ist zwischen den hohen Gebäuden auch nur noch am Schwirren. Wir fahren zwei Mal falsch über die gleiche Autobahnbrücke und wagen beim dritten Versuch einen U-Turn, um etwas Zeit wieder gut zu machen. Manchmal braucht es etwas Mut. Für die Inspektion gibt es folgende Vorgaben: Fahrzeug-Tip, Fahrzeug-Ausweis, Passport, Führerausweis und sämtliche Kopien davon. Vorstellung in langen Hosen (bei 35 Grad)! Man könnte sich vorstellen, wir würden in einem klimatisierten Office mit Schaltern und vor allem genügend Parkplätzen empfangen. Nein, weit gefehlt. Das Fahrzeug wird irgendwo unter dem Autobahnkreuz abgestellt. Das ‘Office’ liegt gegenüber auf einem Autowrack-Kiesplatz, ohne irgendwelche Ablageflächen. Der ‘Agente de Policia’ ist in seinem roten, verschwitzten T-Shirt (aber auch in langen Hosen) beinahe nicht als solcher auszumachen, aber seine grimmige Gesichtsmiene verrät ihn als Beamten. Alles geht aber einwandfrei über die Bühne, und wir fahren wieder zurück in unsere engen Verhältnisse.

Am nächsten Tag bekommt Horu noch einen Garagentermin für etliche Wartungen. Auch das managt Alejandro, und die Wartung findet gleich im Areal seiner Nachbarschaft statt. Sogar am Feierabend gesellt er sich zu den Overlandern, was die Abende noch gemütlicher werden lässt. Ach ja, so ganz nebenbei hat er noch eine hübsche Frau. Wir schätzen die beiden unter 30 Jahre alt und seine Frau wohl sehr verständnisvoll.

Jetzt bleibt uns noch etwas Freizeit, die Stadt auszukundschaften. Wir sind schon seit unserer ersten Ausfahrt in das Stadtzentrum begeistert von der wunderschönen Skyline entlang des Pazifiks. Panamas Geschichte ist eng mit der Eroberung Südamerikas durch die Spanier verbunden. Die Spanier raubten von Panama aus die Goldschätze der Ureinwohner Südamerikas, den Inkas. Später landeten die Schiffe, die Sklaven aus Afrika nach Amerika brachten, in Panama. Heute ist Panama als Steueroase bekannt.
Der Panamakanal – eine von Menschen erschaffene Verbindung zwischen dem Pazifik und dem Atlantik, zählt heute zu einem der absoluten Highlights des Landes.

Ein absolutes Highlight ist auch das Biomuseo. In acht Ausstellungen wird die Geschichte des Aufstiegs der Landesenge von Panama vor 3 Millionen Jahren mit all seinen Auswirkungen aufgrund der Vereinigung der Kontinente erklärt. Der Atlantik wir vom Pazifik getrennt, der Golfstrom entsteht und verändert das Klima rund um den Erdball. Durch die Vereinigung der Kontinente wird ein Austausch von Pflanzen, Menschen und der Tierwelt ermöglicht. Biomuseo Panama

 

Panama Kanal 10.05.2023

Der Panamakanal ist eine künstliche, rund 82 km lange Wasserstrasse mit Schleusen, welche die Landenge Panamas in Mittelamerika durchschneidet. Die höchste Stelle ist der Gatún Lake mit 26 M.ü.M, Atlantik und Pazifik sind somit über Schleusen für die Schifffahrt verbunden. Damit wird die Fahrt um das Kap Hoorn oder durch die Magellanstrasse an der Südspitze Südamerikas erspart. Verschiedene Aktiengesellschaften und schlussendlich die Vereinigten Staaten begannen 1881 bzw. 1894 mit dem unglaublichen Projekt. Am 15. August 1914 konnte der Kanal schlussendlich eröffnetet werden und ist somit die wichtigste Wasserstrasse der Welt. Ca. 13.700 Schiffe pro Jahr durchfahren den Kanal. Die Maut für ein grosses Schiff beläuft sich auf bis zu 1,2 Mio. USD und muss bis 24 Stunden im Voraus BAR beglichen werden! Der Kanal erwirtschaftet rund 8% des BIP von Panama.

Ganze zwei Stunden haben wir auf die Einfahrt der «Atlantic Monterrey» bei den Miraflores Locks gewartet. Eine Stunde brauchte sie für die Überwindung der beiden Miraflores Locks vor unseren Augen.

Unser Termin für die Verladung von Horu in den Container steht nun fest. Blitzschnell können wir noch unser Verschiffungsdatum wechseln, d.h. auch unseren Containerbuddy, damit wir als Personen per Segelschiff nach Cartagena in Columbien überschiffen können. Ein Hauruck-ad-Hock-Verfahren innerhalb von 30 Minuten, was uns Alejandro ermöglicht. San Blas-Inseln, wir sind bereit zum Schnorcheln, Schiff ahoi! Jetzt gilt es, nur noch die Zeit bis zum Verladen zu überbrücken, AirBnB in Panama Stadt buchen, denn für die kommenden 10 Tage bleibt unser Zuhause im Schiffcontainer eingesperrt.

Portobelo 16.05.2023

Die Stadt am Hafen der Karibik wurde ursprünglich auch San Felipe de Portobelo oder Puerto Bello genannt. Der Hafen wurde bereits am 2. November 1502 von Christoph Kolumbus während seiner vierten Reise entdeckt und als „schöner Hafen“ oder Puerto Belo auf Katalanisch beschrieben. Am Hafen von Portobelo endet der Camino Real de Castilla de Oro. Dieser Camino Real war die wichtigste Handelsroute für den Transport des in Südamerika eroberten und ausgebeuteten Goldes und Silbers während der spanischen Kolonialherrschaft in Lateinamerika. Der Camino Real verband Panama-Stadt am Pazifik mit Portobelo in der Karibik noch vor der eigentlichen Gründung der Stadt im Jahr 1597. Der Camino hatte eine Länge von ca. 80 km und war die kürzeste und topografisch bestgelegenste Verbindung zwischen den beiden Ozeanen.

Eine spanischen Silberflotte segelte seit 1561 jeden August von Puertobelo nach Spanien. Dies verlockte immer wieder Piraten zu Angriffen auf den Hafen bzw. die dort liegenden Schiffe. Die Festung San Jerónimo stammt aus dem Jahre 1753. Das Verteidigungssystem wurde aufgrund verschiedener Angriffe auf der karibischen Seite erstellt.

Wir sind nun in den letzten Vorbereitungen vor unserer Verschiffung. Es kann nicht immer alles rund laufen. Zu viel Service ist auch nicht immer der beste Service. Lerne: Fummle nie an einer Dichtung herum, solange sie nur wenig leckt und das evtl. schon über 10’000e Kilometer. Kaum sind wir an der Karibikseite von Panama angekommen, giert die Lenkung. Das Lenken wird zur Kraftübung. Ganz klar, die Power Steering Pump braucht dringend Öl, was sie innert nützlicher Frist auch bekommt. Klarer Fall: 100 Kilometer zurück nach Panama City, aber dieses Mal lieber auf der Autobahn. Arme, Schultern und Lenkung laufen jetzt wieder etwas geschmeidiger. In der Garage angekommen, musst nur eine Schraube angezogen werden; diese Lösung ist mir von Anfang an zu einfach. Ziehen Pessimisten eigentlich Probleme an, oder sind sie einfach zu sehr Realisten? Dennoch optimistisch, fahren wir nach einer kurvenreichen Testfahrt zurück an die Karibikseite. Angekommen an unserm Traumstrand, haben wir wieder die Realität vor Augen: Gier, gier, tropf tropf. Pessimismus-sei-Dank, deshalb schnell ein WhatsApp an die Garage. Die angenehme Antwort, dass sie morgen an unsern Traumstand kommen, um es nochmals mit einer neuen Dichtung zu versuchen, stimmt uns etwas besser. Klar, der Arbeitsort hier ist 1A, aber 2×150 km Arbeitsweg? Wir nehmen dankend an, schauen abends um 21.00 Uhr noch eine Serie Netflix (Mafia «Chema» Teil 11/84), als wir in unserer Einsamkeit plötzlich männliche Stimmen hören. Ich spasse noch und sage, die komme jetzt schon zur Arbeit. Auch das war real. Da standen die uns bereits bekannten Garagengesichter, dies nach ihrem anstrengenden Arbeitstag und trotzdem gut gelaunt, in unserem Rücken. (Anm.: Das mit der guten Laune ist wohl eher eine zum bösen Spiel). Nach einer halben Stunde und vier öligen Händen, ist die neue Dichtung drin. Auf alle Fälle machen wir am Folgetag eine erneute Test Tour, warten, bis der Motor und seine sämtlichen Öle auf Rekordtemperatur sind und machen etwas Kreisspiele vorwärts und rückwärts. Bis jetzt hält die Dichtung ihr Versprechen, Fortsetzung folgt…(hoffentlich nicht!)

Horu reist nach Kolumbien 18.05.2023

Heute verabschieden wir uns von Horu. Sechs Fahrzeuge für das Verladen in drei Container stehen bereit. Wir brüten für ca. drei Stunden in der Hitze in der Hafennähe von Colón. Aber das Schauspiel ist so spektakulär, dass wir die Schwitzstrapazen in Kauf nehmen. Manchmal geht es nur um Zentimeter, vor allem in der Höhendimension, was uns noch mehr transpirieren lässt. Alejandro von Overland Embassy zeigt vollen Einsatz. Jedes Fahrzeug hätschelt er, zusammen mit dem jeweiligen Fahrzeughalter, in die engen Verhältnisse des Containers. Uns scheint, je prekärer die Lage, desto mehr Abenteuer für Alejandro. Die Ersten werden die Letzten sein. Wir füllen den letzten Container zusammen mit unserem Containerbuddy Adi und Pierre. Jetzt muss Horu beweisen, dass er nicht nur auf seinem Geburtsschein Container-tauglich ist. Obwohl er im Vorfeld durch Overland Embassy bereits vermessen wurde, sind wir trotzdem mehr als gespannt, nämlich eher angespannt. Fraglich bleibt nur, wie Sam das Fahrzeug verlassen wird. Ein Kilo mehr auf den Rippen, und Sam hätte im Container nach Kolumbien reisen müssen. Geschmeidig und elegant, verlässt er zusammen mit Alejandro den Container robbend unter dem Fahrzeug durch. Wieder einmal sind wir glücklich über Horu’s Bodenfreiheit und dies nicht nur beim Offroad-Fahren. Die Türen des Containers werden verschlossen, und zusammen mit Adi setzen wir das Siegel für die Überfahrt. Ein bisschen traurig sind wir schon, zeitgleich aber auch glücklich, dass Horu just in den Container passt. Obwohl, die ‚Kühlerbox‘ macht sich optisch nicht gerade gut, dafür wirkt das Dach «ohne» etwas schnittiger. Jetzt muss nur noch der Pass abgestempelt werden, dass wir ohne Fahrzeug ausreisen dürfen. Vielen Dank an Alejandro und seinem Team von The Overland Embassy für die hervorragende Unterstützung! Und, by the way, die Pumpe der Servolenkung scheint immer noch dicht zu sein.

Panamá ohne Horu 19.05.2023

Nun hängen wir weitere vier Tage in der Stadt Panama herum, wobei das ‚Hängen‘ auf unserer Reise eine wohltuende Abwechslung bringt – vor allem die Klimaanlage in unserem Airbnb! Trotz allen Annehmlichkeiten werden wir immer wieder daran erinnert, dass wir nur halbherzig unterwegs sind. Nach einem Jahr, wie eine Hausschnecke, mit sämtlichem Gut unterwegs, vermissen wir doch laufend dieses und jenes. Jetzt sind wir zu Fuss oder Uber unterwegs. Wobei das Uber hier in Panama City erstaunlich günstig ist. Wartezeiten eine Minute! Wir treiben uns hier im Stadtteil Casco Viejo herum, wo wir an zentraler Lage unser Airbnb haben. Hier sind die Strassen sehr sicher, die Polizei steht überall, wohl auch, weil hier die Liegenschaften der Regierungssitze sind. Aber Vorsicht, nur eine Strasse zu weit, werden wir sofort von einheimischen Passanten gewarnt und zurückgewiesen. Natürlich künden sich die abenteuerlichen Strassen auch optisch an: Gebäude, mit bröckelndem Verputz, Arbeitslose auf den Strassen, ganze Familien, die ihr Wohnzimmer auf die Strasse verlegen. Aber dieser Szenenwechsel vollzieht sich von einem Meter auf den anderen, wie wenn eine unsichtbare Linie im Boden für immer eingemeisselt wäre. Wohl ein Überbleibsel aus früheren Zeiten. Früher wurde das Altstadtviertel, das Casco Viejo oder auch Casco Antiguo kaum von Touristen betreten, da dort Gangs ihr Unwesen trieben. Armut, Kriminalität und Verfall war Alltag.
Einer der Hauptorte der Kriminalität war der heutige Standort des American Trade Hotels, in dem die Gangster ihr Unwesen trieben. Dieser Ort wurde von den Einheimischen auch als C.D.D. bezeichnet, Ciudad de Dios. Benannt nach dem brasilianischen »Vorbild» aus Rio de Janeiro. Einige kennen sicher den gleichnamigen Film „City of God“ dazu.
Um den Bandenkriegen jedoch ein Ende zu setzen, überlegte sich eine Gruppe junger Männer ein Präventivprogramm. Die Idee war es, die Menschen durch Bildung und psychologische Unterstützung zurück in ein korrektes Leben zu führen. Daher wurde der Esperanza Social Venture Club gegründet. Mit dem Konzept der Integration, Intervention und Prävention bietet der Club bis heute den Einheimischen Chancen und Wege aus dem Leben weg von der schiefen Bahn. Einer der Absolventen des Programms wurde erst vor kurzem als Mitarbeiter des Jahres des Tantalo Hotels gekürt. Heute zählt der Stadtteil Casco Viejo zum Weltkulturerbe.

Islas San Blas – Cartagena 22.05.2023

Nach dem ‚Hängen‘ geht es für uns segelnd in der Karibik weiter nach Cartagena in Kolumbien. Wir stehen um 04.00 Uhr auf und lassen uns vor dem Hotel Plaza in Casco Viejo abholen. Für den Transfer von Panama City nach Porvenir gibt es nur eine Strasse, welche eine spezielle Lizenz zum befahren benötigt. Mit dem Jeep fahren wir wieder an die Karibikküste nach Porvenir und steigen dann um auf das Speedboat, welches uns weiter zu unserem Segelboot, der Amande bringt, wo wir dann für ca. fünf Tage schwankend verbringen werden. Das heisst, wir gehen jetzt noch schnell zur Apotheke!

Wir lassen uns vor dem Hotel Plaza für den Transfier nach Porvenir abholen. Die Fahrt gestaltet sich sehr abenteuerlich. Schon der Platzverhältnissen wegen. Vier Passgieren steigen noch dazu, mit Gepäck für acht. Die Fahrt geht über geflickte Strassen, mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h mit Stossdämpfern, die nicht mehr dämpfen. Zum Glück kennt unser Fahrer jeden der Topes. Die laute Musik scheint er aus seiner vorgängigen Disco-Nacht mitgenommen zu haben, wir hoffen schwer, nicht aber den Alkoholpegel. Weiter geht es mit dem Speedboot den Rio Nergala flussabwärts, Richtung Golfo de San Blas an der Karibik. Schon hier künden sich die Ureinwohnerstämme der Guna in ihren Einbäumen an, welche sich weiter bis in die San Blas-Islands zurückgezogen haben. Wir beziehen unsere Koje auf der Amande. Eng ist es, aber immerhin haben wir ein eigenes ‘Bad’. Es gibt ein kurzes Breefing. Der aus Spanien stammende Kapitän Daniel stellt uns Teresa, die Köchin vor und Kevin, die freie Hand in Küche und am Steuer. Wir sind 14 Passagiere, eine bunte Mischung aus jungen Girls aus Norwegen, Holland und Kanada, die deutsche Familie mit viel Gepäck und eine Pärchen aus Neuseeland. Sofort verstehen wir uns Generationen- und Länder-übergreifend gut auf Englisch und Spanisch. Schon beim ersten Menu, welches uns Teresa hinzaubert, sind wir überrascht über ihre Kochkünste. International und kreolisch angehaucht. Für mich immer eine vegetarische Ecke auf dem Teller. Die Ecke ist so gross, dass ich alle davon kosten lasse, am Ende der Reise werden wohl alle Vegetarier sein. Wir legen an den paradiesischen Inseln an, Teresa kauft frisch gefangenen Fisch, den die Einwohner von ihrem schwimmenden Einbaum anbieten. Aber auch sie muss von USD 40 Dollar auf USD 20.00 den Preis drücken, inklusive ausnehmen und filetieren. Wir sind nicht traurig, wenn sich die Sonne für einige Stunden hinter den karibischen Wolken versteckt, oder die dunklen Wolken Regen lassen. Die Hitze wäre sonst unerträglich. Am Abend gibt es ein Barbecue auf der Insel Waisaladup, welche von einer Familie bewohnt ist. Hier sehen wir den schönsten Sonnenuntergang unserer bisherigen Reise. Die Wolken türmen sich dramatisch über einer kleinen Palmeninsel vor unseren Augen. Ein unvergessliches Farbenspiel präsentiert sich vor unseren Augen in Wolken, Himmel und Meer. Am nächsten Morgen plane ich, eine Mahlzeit auszulassen; drei Mahlzeiten und nur chillen und schnorcheln geht auf den Rippen. Doch auf Teresas Pancake kann ich nicht verzichten. Und schon riecht es wieder nach Kuchen aus der Segelküche vom Kapitän himself.

Hier verbringen wir drei Tage im Paradies zwischen Segelboot und verschiedenen Inseln, im Genuss von weissen Sandstränden am türkisblauen bis smaragdgrünem Wasser, wo sich hunderte von Fischen in allen anderen Farben an den Riffen verköstigen. Weiter gehts auf offener See Richtung Cartagena. Delfinschulen, Schildkröten und fliegende Fische bereichern unsere Aussicht, sogar Drogenpäckchen schwimmen zu Hunderten an uns vorbei… wir nehmen an, es sind welche. Sonst ist es ruhig auf dem Meer, zu ruhig für ein zügiges Vorwärtskommen. So segeln wir mit Unterstützung des Motors. Es gibt nochmals ein Sicherheits-Breefing, bevor wir die Segel setzen und aufs offene Meer Richtung Cartagena steuern.

Heute ist es etwas ruhiger an Bord. Zu heiss? Oder erstes Unwohlsein? Wir sind auf offenem Meer, die Segeln füllen sich mit Wind, halt, was es so an Wind zu sammeln gibt. Es ist eher ruhig, die Segel maximal gespannt, der Motor hilft mit. Apropos Motor: Meine Koje liegt direkt neben dem Motorraum, die Nacht war, als hätte ich sie im Motorraum selbst verbracht. Nicht nur der Wind macht Flaute, auch die Passagiere hängen herum, wie tote Fliegen. Mir scheint auch, als hätte Teresa ihre Menüs dem Befinden der Passagiere und den schwankenden Tischen angepasst; es gibt ‘nur’ noch Essen im Schälchen, aber immer noch sehr lecker. So segeln wir mit Beistand des Motors mit einer Geschwindigkeit von 6.8 Knoten auf Cartagena zu. Manchmal schläft die ganze Crew und überlässt das Steuer dem Autopiloten.

Ja, und weil ich jetzt so ausserordentlich viel Zeit habe, die sich bis zur Langeweile ausbreitet, erzähl ich euch etwas über die San Blas Inseln, die wir vor Kurzem verlassen haben und nun auf offenem Meer segeln.

Die San Blas Inseln sind eine Inselgruppe im Archipel von San Blas, und liegen im Nordwesten von Panama auf der Karibikseite. Es gibt 378 Inseln im Archipel, welche auf einer Fläche von etwa 150 km2 verteilt sind. Wir verliessen den Rio Grande de Cartí mit einem Schnellboot, um über den Golfo de San Blas auf die Insel El Porvenir zu gelangen, wo unser Segelschiff Amande auf uns wartet. Auf El Porvenir fand übrigens unsere originellste Migration reiseweit statt: Schnorchelnd ans Ufer, erreichen wir die Insel im Bikini, Flossen in der rechten Hand, Taucherbrille in der linken, gehts tropfnass ins Gebäude für ein Gruppenfoto. Wohl auch, wegen den jungen Mädels, die dabei waren. Die Mehrheit der 378 Inseln sind nicht bewohnt. Die Ureinwohnerstämme bewohnen Aguja Island, Guanidup Island, Chichimei, Yandup Island.

Diese Ureinwohner nennen sich Kuna oder Guna. Die Kuna sind ein stolzes Volk, die ihre eigenen Gesetze, Normen und Werte mit ihrer gelebten Kultur verbinden. Seit der letzten Völkerzählung aller Kuna-Indianer leben schätzungsweise 300‘000 in Panama, Costa Rica und Kolumbien, wobei davon 50’000 auf den San-Blas-Inseln leben.

Ihre Sprache ist die Chibcha-Sprache. Die Kunas sind ein einfaches Volk, und ihre Wirtschaft basiert auf Fischerei und Landwirtschaft. Hauptsächlich werden Mais, Süsskartoffeln, Zuckerrohr und Tabak angebaut. Die Menschen sind in Dörfern oder zeitweise in richtigen Städten organisiert, das hängt davon ab, wie gross eine Familie ist, also aus wie vielen Generationen sie besteht und ob sie alle am selben Ort leben.
In kleineren Gemeinden siedeln sich die Bewohner im Allgemeinen am Ufer eines Flusses an. Der Grossteil der Bevölkerung schläft in Hängematten. Die meisten Häuser haben Wände aus Bambusrohr und Strohdächer, aber einige Kunas haben es geschafft, Betonhäuser mit Wellblechdächern zu bauen. Nach der Tradition müssen Frauen lange Röcke bis zu den Knöcheln und bunte Hemden tragen, auf welche Molas genäht sind, Stücke, die aus verschiedenen Schichten bestehen, welche aus farbigen Stoffen geschnitten sind. Sie tragen auch einen goldenen Ring an der Nasenscheidewand sowie Armbänder und Fusskettchen.
Nachfolge und Erbschaft finden in mütterlicher Linie statt, die Männer geniessen zwar auch eine gewisse Autorität, besonders in der Öffentlichkeit. Die Religion wird vom Schamanen namens ‚Nele‘ geleitet, der für die Vermittlung zwischen der Welt der Menschen und der Geisterwelt verantwortlich ist.

Am Hafen von Cartagena werden wir dann unser ge-Wohn-tes Zuhause empfangen und aus seinen engen Verhältnissen wieder befreien dürfen. Ach, alles ist so spannend.

Fazit

Sehenswert ist Panama auf jeden Fall, doch auch nirgendwo sonst sahen wir das Gefälle zwischen Arm und Reich so deutlich, selbst innerhalb eines Stadtquartiers in Panama City, von einer Strassenüberquerung zur anderen. Dass das Land Panama einerseits so reich werden konnte, hat es dem Panamakanal zu verdanken oder viel mehr den Amerikanern. Diese unterstützten die Panamaner bei ihrem Kampf um ihre Unabhängigkeit gegen Kolumbien. Die Folgen sind heute noch zu spüren. Die offizielle Währung in Panama ist der Balboa. Praktisch jedoch hat der Balboa den gleichen Wert wie ein Dollar und es gibt ihn auch nur in der Balboamünze. Geldscheine und auch die meisten Münzen sind US-Dollar, welche in der Überzahl sind.

Panama hatte für uns immer eine Überraschung der Superlative parat. Egal, ob in Panamas pulsierenden Hauptstadt oder ausserhalb der Städte bis hinaus in die Karibik, der San Blas Inseln. Die Einwohner sind sehr hilfsbereit und gastfreundlich. Wir fühlen uns jederzeit wohl und meistens auch sicher, denn auch hier gilt, höre auf die Einheimischen! Ihnen liegt viel daran, dass die grosse Einnahmequelle, die des Tourismus, nicht unter Überfällen und negativen Medienberichten leidet.

Wir haben auch schon bemerkt, dass Panama auf dem guten Wege ist (oder eben weniger guten Wege) ein zweites Costa Rica zu werden. Amerikaner und Kanadier kaufen hier Land, für ihre Winterresidenz. Die Preise ziehen an und nähern sich langsam dem teuersten Land Mittelamerikas, nämlich dem erwähnten Costa Rica.

Das Einzige, was auf unser Wohlbefinden drückt, sind die hohen Temperaturen bis 38 Grad, kombiniert mit der allgegenwärtigen Feuchtigkeit, gefühlt sind das 50 Grad, es klebt alles und jede Bewegung fühlt sich dermassen anstrengend an, dass man sich einfach nur geschlagen geben kann. Nach einigen Tagen kann das ganz schön auf die Reiselauen drücken und lässt uns Klimaanlagegegner plötzlich zu Klimaanlageliebhaber werden. Auch wenn es in der Schweiz gerade regnet, der Frühling ins Wasser fällt, Daunenjacken getragen werden, sehen wir uns nach diesem frischen Klima!