Oase Huacachina 08.10.2023

Zu der Entstehung des Namens gibt es unterschiedliche Überlieferungen. Huacachina setzt sich aus den Quechua-Wörtern huaca („heiliger Ort“) und china („Frau“) zusammen. Gemäss einer Legende, wanderte eine Inka-Prinzessin durch die Wüste und betrachtete im Spiegel immer wieder ihre Schönheit. Plötzlich bemerkte sie neben ihrem Spiegelbild einen Mann, der sie aus der Ferne beobachtete. Vor Schreck liess sie den Spiegel fallen, der dann in tausend Scherben zersprang und so die Lagune formte. Beim Davonlaufen formte ihr fliegender Schleier den Sand zu Dünen. Die Prinzessin soll als Meerjungfrau immer noch in der Lagune leben, in deren Tiefen sie jedes Jahr einen Mann lockt, damit sie nicht mehr einsam ist.
Nüchtern betrachtet, ist Huacachina nicht mehr als ein grosser Wassertümpel, um den herum Palmen, Unterkünfte und Bars errichtet wurden. Aber direkt hinter den Gebäuden erheben sich die mächtigen, bis zu 100 Meter hohen Sanddünen, die diesen 200-Seelen-Ort prägen: Überall kurven Strandbuggys umher, in jedem Hostel stehen Sandboards neben Swimmingpools und aus den Lautsprechern plätschert entspannte Reggae-Musik.
Wie schon öfters auf unserer Reise beobachtet, sind die Südamerikaner einfallsreich, wenn es darum geht, Touristen Geld aus der Tasche zu ziehen. In Huacachina gibt es eine fantasievolle Sandsteuer(!) von umgerechnet EUR 1.10 pro Person, um die Dünen betreten zu dürfen. Pflichtprogramm ist natürlich auch der Sonnenuntergang auf einer der vielen Sanddünen. Hochkraxeln macht da weniger Spass. Dafür klemmen wir uns zur späteren Belohnung ein Board unter den Arm. Sonnenuntergang und Down-Dune-Abfahrt sollen schliesslich aus eigener Kraft verdient werden, und dazu kommt, jeder Schritt ist eigentlich nur ein halber. Auf dem Sandgrat angelangt, werden wir mit einem kilometerweiten Blick ins unendliche „Sandgebirge“ belohnt. Nach dem Sonnenuntergang wirds dann spassig: Der beinahe senkrecht wirkende Abhang vom höchsten Dünenpunkt, hinunter zur Lagune, beschränkt unseren Mut schon etwas, deshalb machen wir vorerst ein paar Probefahrten. Schnell realisieren wir aber, steil ist geil! Bitte noch mehr Wachs! Nach diesem Gaudi, welches uns etwas an einen Freizeitpark erinnert, freuen wir uns wieder auf das Kontrastprogramm der peruanischen Abgeschiedenheit in der unberührten Natur.

Nazca Lines 10.10.2023

Im Südwesten von Peru, 50 Kilometer von der Pazifikküste entfernt, haben Völker zwischen 800 vor und 600 nach Christus gigantische Bilder in den Boden gescharrt. Diese Bilder sind nur von Hügeln oder dem Flugzeug aus zu erkennen. Die nahe gelegene Stadt Nazca gab den über 1’500 Scharrbildern ihren Namen. Sie bedecken eine Fläche von über 500 Quadratkilometern und bestehen aus Linien, die bis zu 20 Kilometer lang und wenige Zentimeter tief sind. Einzelne Bilder haben Ausmessungen bis zu 285 Metern. Kürzlich wurde eine Katze neu entdeckt. Sie ziert einen Wüstenhügel und misst 37 Meter. Unter anderem gibt es auch Affe, Pelikan, Kolibri, Spinne, Baum, Echse und einen Menschen.
Forschende sehen in den Linien Botschaften an die Götter, andere interpretierten daraus einen Kalender oder auch Prozessions-Wege für Fruchtbarkeits-Rituale. Die „Nazca“ besassen keine Schrift. Wie sich das Volk selbst nannte, ist daher unbekannt. Sie lebten in den Wüstenoasen, welche sich an den von den Anden fliessenden Flüssen bildeten.
Zahlreiche Keramikgefässe, kunstvoll bemalt, sind ebenso erhalten wie Tücher, Grab-Beigaben oder Mumien. Die Nazca lebten in Holz- und Schilfhütten. Lehmziegelhäuser sind nur in wenigen Fällen bekannt. Sie dachten sich ein aufwendiges Bewässerungssystem für den Ackerbau aus. Einige Forscher vermuten auch, dass die Bodenzeichnungen damit zu tun haben könnten. Diese Scharrbilder, auch Geoglyphen genannt, schufen die Nazca, indem sie die dunklen Schichten des oxidierten Wüstengesteins aus dem Weg räumten. Dadurch kam der hellere Untergrund zum Vorschein.
Nicht nur die Nazca schufen Bodenbilder. Einige Motive sind so alt, dass die vorhergehende Kultur der Paracas schon damit begonnen haben musste. Als die Andenflüsse nicht mehr genug Wasser lieferten, versandeten die Oasen. Die andauernde Trockenheit musste schliesslich das Ende der Nazcas gewesen sein.
Wir machen einen Spaziergang, oder besser gesagt, einen Ausflug durch die Geschichte und deren Geheimnisse über den atemberaubenden Nazca-Linien. Diese tausendjährigen Geoglyphen, die in der trockenen Küstenpampa gezeichnet wurden, verwirren auch uns mit ihren Rätseln. Tier-, Vogel- und geometrische Designs sind ein Tribut an die alte Technik und künstlerische Vision der Nazca-Kultur. Für einen Moment fangen wir das Geheimnis ein, das diese Linien umhüllt, die seit Hunderten von Jahren, auch dank der deutschen Forscherin, Maria Reiche, immer noch fast intakt sind. Eine Erinnerung an das reiche kulturelle Erbe aber auch an die später entstandenen Intrigen, die die Menschheit hinterlassen hat.

Arequipa 11.10.2023

Unsere Fahrt führt uns weiter südlich, alles entlang der Panamericana, welche in diesem Abschnitt sehr gut ausgebaut ist. Sie führt uns an der wilden Pazifikküste vorbei, mal auf Meereshöhe, dann wieder über die steilen Klippen auf 200 Metern Höhe. Die Aussicht von da oben ist phänomenal. Samuel krallt sich ein bisschen fest, da er näher am Abgrund ist und ich am Steuer sitze. Wenn nur nicht der massive Lastwagenverkehr wäre, welcher sich die steile Strasse hochquält, und nachher wieder mit 40 Tonnen runterprescht. Über sicherlich 200 km präsentiert sich auf unserer rechten Seite die Schönheit des Pazifiks mit wilden Sandstränden und Klippen, für einmal ohne peruanischen Müll.
Strahlend weiss heben sich viele Gebäude Arequipas vor dem blauen Himmel und vor den drei imposanten Vulkanen ab: Die weisse Stadt vor den Vulkanen. Zahlreiche Gebäude in der Innenstadt wurden aus weissen Vulkangestein erbaut. Im Jahr 2000 wurde das Zentrum der drittgrößten Stadt von Peru zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt. Beeindruckende Sehenswürdigkeiten wie das früher so stark abgeschottete «Kloster Santa Catalina» und die tiefgefrorene Mumie «Juanita», sorgen für unvergessliche Momente in Arequipa. Ausserdem ist die Stadt aufgrund ihrer Lage ein idealer Ausgangspunkt für weitere Erkundungen. Nicht zuletzt eignen sich das milde Klima und die noch recht geringe Höhe von 2.350 Metern über dem Meeresspiegel wunderbar zum Akklimatisieren für das Hochland der Anden. Für uns jedenfalls auch ein abwechslungsreicher Zwischenstopp, da wir zuvor wieder einige Tage auf Meereshöhe verbrachten.
Die Region rund um Arequipa wurde bereits sehr früh besiedelt: Erste Spuren stammen aus der Zeit zwischen 8000 und 6000 v. Chr. – unter den Einfluss der Inkas geriet die Region ab dem Jahr 1250 n. Chr. Diego de Almagro el Viejo konnte die Region rund um die heutige Stadt im Jahre 1537 erobern. Damit wurde die Stadt Arequipa erst im Jahre 1540 von den spanischen Eroberern gegründet. Der lange Name von Arequipa lautet eigentlich «Villa de Nuestra Señora de la Asunción del Valle Hermoso de Arequipa». Da diese Bezeichnung für einen Städtenamen eindeutig zu lang ausfiel, wird die einstige Handelsstadt nur noch «Arequipa» genannt. Bereits im Jahre 1541 erhielt Arequipa vom damaligen spanischen König Carlos V die Stadtrechte und konnte sich aufgrund der günstigen Lage zu einer einflussreichen Handelsstadt zwischen den Anden und der Küste entwickeln. Die spätere Eisenbahnverbindung nach Cusco und Puno hat diese Entwicklung nochmals gefördert und machte Arequipa zu einer wichtigen Stadt in Peru.

Museo Santuarios Andinos 12.10.2023

Städtebesuche bedeuten auch immer Kultur. Was liegt in Arequipa näher, als das «Museo Santuarios Andinos», das Anden-Heiligtum-Museum zu besuchen. Hier wird die Geschichte von Kindern, die in einem Inkaritual geopfert wurden, erzählt.
Bei Juanita, einem Mädchen, handelt es sich um eine der berühmtesten Funde der letzten Jahre in Südamerika. Die Eisprinzessin wurde vor mehr als 500 Jahren den Göttern geopfert – auf dem Gipfel des Nevado Ampato. Im Museo Santuarios Andinos sind neben der tiefgekühlten Mumie auch ihre Kleidung und Grabbeigaben zu sehen. Ein Film über die doch sehr komplizierte Bergung von Juanita wird ebenfalls gezeigt und erklärt die Bedeutung dieses Fundes in den Anden. Leider ist das Fotografieren im Museum untersagt. Die Stoffe und Grabbeigaben sind erstaunlich gut erhalten. Nur der Kopfschmuck von Juanita bleibt unauffindbar.

Leider ist das Fotografieren im Museum verboten. Hier der Link zu mehr Informationen: “Momia Juanita” permanece en excelente estado de conservación

Kloster Santa Catalina 12.10.2023

Erst seit 1970 ist das Kloster Santa Catalina offen für die Aussenwelt und kann besichtigt werden. Ein Besuch in dem prächtigen, im Jahre 1579 erbauten Kloster, ist eine Zeitreise in das Leben des 16. Jahrhunderts. Mitten in Arequipa finden wir im Kloster eine eigene Stadt, in der früher reiche Töchter als Nonnen lebten, die anfangs hohe Mitgiften für eine Aufnahme mitbringen mussten. In der Siedlung lebten die Nonnen abgeschnitten vom übrigen Leben von Arequipa, und heute stellt das Kloster Santa Catalina eine wunderschöne Sehenswürdigkeit inmitten von Arequipa dar. Damast, Silber, feinste Vorhänge und Spitzentücher wurden hier verwendet und geben dem Kloster zusammen mit den einzigartigen Bauten ein ganz besonderes Aussehen. Wir erhaschen uns Einblicke in ihre Zimmer, Apotheken, Küchen, Brotstuben, riesige Gemälde von unbekannten Künstlern, Gärten und Waschanlagen.
In der Nähe ruhen wir uns auf dem imposanten Hauptplatz von Arequipa aus. In Südamerika werden alle Hauptplätze einer Stadt «Plaza de Armas» genannt und in jeder Stadt sollte der Hauptplatz nicht verpasst werden. Neben vielen Begegnungen mit offenen Einheimischen ist der Platz von Arequipa auch aussergewöhnlich schön, besonders die strahlend weisse Kathedrale der Basilica Catedral de Arequipa fällt sofort auf. Zusätzlich vermitteln die vielen Kolonialbauten mit ihren Balkonen und Rundbögen, so wie auch der Springbrunnen, ein idyllisches Bild. Der Treffpunkt im Herzen der weissen Stadt wird durch den mächtigen Vulkan Misti im Hintergrund abgerundet.
Arequipa hat uns unheimlich gut gefallen, dabei wollten wir uns nur ein bisschen ausruhen und akklimatisieren. Aber, wie schon oft, ungeplante Überraschungen sind immer willkommen.

Colca Cañon 13.10.2023

Von Arequipa aus steuern wir rund 90 km nördlich zum Dörfchen Chivay, dem Eingangstor zum Colca Cañon. Wir brauchen eine gute Stunde, bis wir Arequipa nordwärts verlassen können. Die Nerven bleiben weiter angespannt, auf der AR-109 sind wir so etwa das einzige 2-achsige Fahrzeug, umringt von langen LKWs, meistens sogar im Convoy fahrend mit Begleitfahrzeugen. In den Bergen bedeutet das eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 km/h, und damit wir nicht einschlafen, halten uns immer wieder riskante Überholmanöver wach. In Chivay legen wir eine kleine Esspause ein, wohl das schlechteste Essen bisher, aber Sam ging es nicht um den Hunger, sondern viel eher um eine zeitnahe Toilette. Jetzt geht die Fahrt dem Río Colca entlang weiter ins Tal hinunter. Immer wieder durchqueren wir geologische Abstürze, welche Strassen und Dörfer heimsuchen. Geologisch chaotisch angeordnete Gesteinswände sind unsere ständigen, linksseitigen Wegbegleiter, bis wir den Rim des Canyons erreichen. Eine überwältigende Andenvegetation umgibt hier eine der weltweit tiefsten Schluchten: Der Colca Cañon liegt vor uns. Er ist, je nachdem, ob man vom höchsten Berggipfel nahe der Schlucht aus bis zum Rio Colca misst oder vom eigentlichen Rim der Schlucht, 3269 Meter, bzw. 1200 Meter tief. Der Grand Canyon dagegen misst 1800 Meter. Der Colca Cañon ist damit, noch nach der Taraschlucht in Montenegro mit ihren 1300 Metern, der dritttiefste Canyon der Welt. Aus geologischer Sicht ist der Colca Cañon mit weniger als 100 Millionen Jahren eher als jung zu betrachten.
Diese wunderschöne Schlucht steht unter dem wachsamen Auge des Königs der hiesigen Lüfte, dem Kondor. Hier haben wir den perfekten Raum für die friedliche Ruhe in der Nacht unter der leuchtenten Milchstrasse. Wir übernachten beim bekannten Mirador «el Cruz del Condor». Wir wissen, von 08.00 bis 10.00 Uhr ist der stattliche Segler hier zu sehen. Dann, wenn er die morgendliche Thermik über dem Canyon unter seine 3.30-Meter-Spannweite nimmt, um damit aus dem Canyon zu segeln und auf Beutezug fliegt. Genau um 08.30 Uhr kreisen sie aus dem Canyon hoch. Ein wundervolles Erlebnis, obschon man die Grössenrealität mit zunehmender Distanz verliert. Aber, als ein Paar genau über meinen Kopf zieht, höre ich das Rauschen der Geschwindigkeit, ähnlich eines Segelflugzeugs (ich übertreibe nicht!).
Auf unserer Rückfahrt machen wir noch einen kurzen Abstecher Richtung Volcan Hualca Hualca, entlang dem Flüsschen (oder Fluss, je nach Regenzeit) Quebrada da Huayraray. Auf einer Höhe von 4400 Metern soll da ein Geysirs aus dem vulkanischen Boden speien. Die acht Kilometer Naturstrasse lässt sich in Trockenzeit sehr gut befahren. Die Wasserfontäne des Geysirs sehen wir schon von Weitem. Wir können uns direkt zum Geysir begeben, natürlich immer in der Hoffnung, dass er schön regelmässig bläst und keine Kapriolen vollzieht. Ein bisschen Spass muss sein: In den kochenden Blubberlöchern kochen wir ein Ei mit der physikalischen Erkenntnis, dass es auf 4400 Metern nach nur 10 Minuten noch lange nicht hart gesotten ist. Noch bei abendlich orange eingefärbtem Himmel aber mit drohenden dunkel-dunkelgrauen Regenwolken, fahren wir zurück nach Chivay, essen dieses Mal woanders, und fahren weiter zum kleinen, schmucken Steinhausdörfchen «Sibayo», wo uns Maria, welche wir auf dem Plaza de Armas (schon wieder!) treffen, auf einen wunderschönen Übernachtungsplatz am Río Colca aufmerksam macht. Fischen erlaubt.

Fahrt über den Altiplano 15.10.2023

Der Altiplano: Eine riesige, faszinierende Hochebene in Südamerika, die sich über vier Länder erstreckt: Peru, Bolivien, Chile und Argentinien. Er liegt zwischen den West- und Ost-Anden und hat eine durchschnittliche Höhe von 3.600 Metern. Er ist einer der höchsten und trockensten Orte der Welt. Altiplano ist auch eine kulturreiche Hochebene mit Tiwanaku-, Inka- und indigenen Spuren. Er ist auch das Ziel für Abenteurer und Entdecker, die die Natur und die Menschen kennenlernen wollen. So gibt es hier in dieser einzigartigen Region auch viele Möglichkeiten für Trekking, Radfahren, Camping und Fotografie. Der Altiplano ist aber auch ein Ort für Wirtschaft und Bergbau. Er enthält wichtige Ressourcen, wie Kupfer, Lithium, Silber und Gold. Einige Unternehmen, wie «Altiplano Metals», fördern diese Metalle und verkaufen sie auf dem Weltmarkt.
Der Altiplano entstand, als sich diese Region vor 65 Mio. Jahren gegenüber der westlichen und östlichen Kordillere stark absenkte. Dadurch bildeten sich kilometerdicke Sedimentablagerungen.
Seit 20 Millionen Jahren herrscht in der Westkordillere rege vulkanische Aktivität, durch die sich Stratovulkane von bis zu 6000 Metern Höhe gebildet haben. Noch heute zeugen heisse Dampf- und Schwefelquellen (s. Bilder Colca Cañon) am Rande des Altiplano von diesem jungen Vulkanismus.
Vor zwei Millionen Jahren, hat eine Hebung der intermontanen Becken eingesetzt. Das jetzige Zentrum des Altiplano, und kleinere Teilbecken im Süden, waren in den vergangenen 30.000 Jahren von grossen Seen (Ballivián-See) beherrscht. Diese Süsswasserseen hatten eine mittlere Tiefe von 20 bis 70 Metern, was auf eine deutlich höhere Niederschlagstätigkeit als heute hinweist. Das Ende der letzten Kaltzeit und der Beginn der warmzeitlicheren Epoche vor etwa 10’000 Jahren leiteten einen deutlichen Klimaumschwung ein – es wurde zwar wärmer, aber die Niederschlagsmengen gingen zurück.
Wenn man mit diesen wissenden Augen durch die Landschaft fährt, gefällt sie einem noch besser. Kilometerweite Sicht erweitern uns den Horizont und lassen uns auf hohe Berge und tiefe Täler blicken. Natürlich gestaltet sich die Fahrt auf den Naturstrassen etwas langwierig, dafür werden wir immer wieder von einer hinreissenden Kulisse überrascht.

Cusco 16.10.2023

Cusco, die Stadt in den peruanischen Anden, war einst die Hauptstadt des Inkareichs und ist heute einerseits für seine archäologischen Stätten und andererseits für die spanische Kolonialarchitektur bekannt. Auf der Plaza de Armas, dem Hauptplatz in der Altstadt, finden sich Säulengänge, geschnitzte Holzbalkone und immer noch Mauerruinen aus der Zeit der Inkas. Das barocke Kloster Santo Domingo wurde auf den Überresten des Sonnentempels der Inkas (Coricancha) erbaut. Teile des ursprünglichen Mauerwerks sind noch heute zu sehen.

Hier verbringen wir ein paar Tage, machen Urlaub vom Reisen und lassen uns kulinarisch verwöhnen.
In der historischen Altstadt wimmelt es von Feinschmeckerrestaurants und guten Cafés, inklusive Bäckereien. Tourenanbieter halten in den Säulengängen Machu Picchu feil und edle Kleidergeschäfte preisen fein verarbeitete Alpakawolle in modernem Style an. Mein Traum des orangen Kurzjäckens für EUR 300.00 verkneife ich mir aus Platz- und Keine-Gelegenheits-Gründen.

Wenn man in Cusco ist, nimmt man normalerweise die Prozedur auf sich, Tickets für den Besuch der Ruinenstadt Machu Picchu zu organisieren. Wir können das gelassen nehmen, denn wir besuchten Machu Picchu schon im Jahre 2019. Einmal muss man diese mystische, in den Anden gelegene Inkastadt gesehen haben, aber nicht zwei Mal. Trotzdem fühlen wir uns eng verbunden mit Cusco und dem Machu Picchu. Im Jahr 2019 durften wir mit Ely, unserem Guide auf dem Salkantay Treck während fünf Tagen enge Freunde werden. Für uns war immer klar, dass wir sie und ihre junge Familie in Cusco besuchen werden. Leider wurde bei ihr anfangs Jahr Rückenmarkskrebs diagnostiziert. In Peru gibt es für Notfälle, wie diesen, d.h. eine Knochenmarkstransplantation, kein Geld. Ihre Agentur, Apus Peru hat noch eine Sammlung gestartet. Leider kam jede Hilfe zu spät. Wir sind so traurig, dürfen wir Ely nur noch auf dem Friedhof im Stadtteil Santiago besuchen. Obwohl wir von ihrem Arbeitgeber freundlicherweise die genaue Lokalisation erhalten haben, suchen wir über eine Stunde nach ihr. Der Friedhof wurde um einen neueren Teil erweitert, was wir nicht wussten. «Santa Clara, B26» gibt es anscheinend zwei Mal. Traurig stehen wir vor ihrem Foto, aber glücklich darüber, dass wir sie trotzdem noch besuchen konnten. Wieder wird uns bewusst, wie gut unser Gesundheitssystem zu Hause funktioniert, auch wenn wir wieder eine Prämienerhöhung von 8% erhalten haben. Ely hinterlässt zwei Kleinkinder.

Saqsaywaman 17.10.2023

Die Ruine der Inka-Festung Saqsaywaman ist heute eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten aus der Inkazeit und liegt am Rande der peruanischen Stadt Cusco, nur fünf Gehminuten von unseren Campplatz entfernt.

Dem Chronisten Garcilaso de la Vega zufolge, war diese zeremonielle Festung «das grösste architektonische Werk, welches die Inkas während ihrer Blütezeit vollbrachten».
Obwohl sein Nutzen nicht vollständig geklärt ist, wird vermutet, dass die Anlage für militärische Zwecke bestimmt war: Hier sollten Inkakrieger ausgebildet werden. Betrachtet man jedoch die Architektur, wird einem der Komplex als ein grosser zeremonieller Tempel präsentiert, der dem Gott Inti (Sonne) geweiht ist und somit die geeignetste Funktionalität zu scheinen sein.

Die wichtigste „Verteidigungslinie“ besteht aus drei terrassenförmig übereinander gebauten Zickzackmauern, welche bis zu 600 m lang sind. Sie weisen eine Höhe von fünf bis zehn Meter auf. Zum Bau der Mauer wurden riesige Steine von den 20 km entfernten Steinbrüchen herantransportiert und dann so bearbeitet, dass sie fugenlos aneinander passten. Der größte Stein weist eine Abmessung von 9 Metern Höhe und 5 Metern Breite auf und ist überdies 4 Meter dick. Das ergibt rund 200 Tonnen.
Oben sind die Überreste von zwei viereckigen Türmen und einem runden Turm, dem Muya Marca, zu sehen. Diese sind durch unterirdische Gänge miteinander verbunden. Kanäle zur Wasserversorgung und zur Ableitung des Regenwassers durchziehen die Terrassen. Hinter den Wällen liegt ein grosser Platz, auf dem auch heute noch jährlich am 24. Juni das Sonnenfest (Inti Raymi) gefeiert wird.
Im hinteren Teil der Anlage befindet sich ein kreisrunder Platz, vertieft angelegt und gestützt durch einen mannshohen Mauerring. Daneben befinden sich ein kurzer schmaler Tunnel, der nur von einer einzelnen Person passiert werden kann, sowie verschiedene Mauerreste.

Bei unserem Besuch der Anlage kommen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus: mit feinster Präzision und einer eindrucksvollen Technik wurde hier ein Stein auf den anderen gesetzt. Durch die Genauigkeit und die Harmonie mit welcher hier die gemeisselten, teils metergrossen Steine auf- und aneinandergesetzt wurden, bringt uns an die Grenzen unserer Vorstellungskraft.

Rainbow Mountain 20.10.2023

Der Vinicunca, oder Rainbow Mountain, ist ein Berg südöstlich von Cusco gelegen, mit sieben verschiedenen Farben, welche parallel zueinander verlaufen, so wirkt er wie ein Regenbogen.
Von Cusco aus gelangen wir über Checacupe und weiter über die «Avenida Progreso» ins östliche Seitental zum Vinicunca. Die Fahrt führt dem Fluss entlang und immer mit Blick auf den bei Bergsteigern bekannten «Ausangate» mit 6384 Metern. Die gut ausgebaute Strasse durchquert mehrere kleine Bergdörfer (und Lamaherden) und schlängelt sich eng dem Flusslaufes entlang, mal gehen unsere Blicke bedenklich tief in die Schlucht, mal sind mir wieder auf Augenhöhe mit dem Fluss. Genau an einem solchen Ort übernachten wir auf knapp 4000 Metern und verpflegen uns mit Spargelrisotto, Caprese-Salat und einem Glas Malbec. Um 08:11 ist bereits Nachtruhe (nach der letzten Netflixfolge ‚Lupin’). Der Wecker wird uns nämlich schon um 05:15 seine Morgenmelodie vorträllern. Wir wollen die Touristenattraktion vor den ersten Tagestouristen aus Cusco erreichen. Erfahrungshalber erhoffen wir uns in den Morgenstunden auch mehr Sonnenschein (ohne Sonne, keinen Regenbogen:-). Vom obersten Parkplatz können der Vinicunca und das Valle Rojo bequem in einer Tagestour erwandert werden.
Unsere Planung passt, aber als wir den Vinicunca genau um 08.00 Uhr erreichen, sind wir doch nicht ganz unter uns. Zwei, drei kleinere Reisebusse aus Quito haben ihre Gäste schon abgeladen, um 02.30 Uhr erwachte für sie bereits der Tag im Dunkeln. Trotzdem, unsere Blicke auf die wunderschön angeordneten Farben bleiben ungetrübt, auch die Sonne blinzelt angenehm warm zwischen den Wolken hindurch. Ein paar Touristenfotos mit den Lamas ist wohl ein ‘Must’. Gerade noch, kann ich die Besitzerin davon abhalten, den Tieren Sonnenbrillen alla «Blues Brothers» aufzusetzen.
Die Wanderung auf den Aussichtspunkt ist atemberaubend, nicht nur wegen der spektakulären Landschaften, sondern auch wegen der dünnen Höhenluft auf 5200 Metern. Jeder Schritt kostet Kraft, doch dieses Naturschauspiel lohnt sich auf Schritt und Tritt. So kriegen wir vom Naturspektakel und der dünnen Luft nicht genug und wandern noch in völliger Einsamkeit ins Valle Rojo und um den „Hatun Rit’lyop“ zurück. Das kostete unsere Reisekasse zwar nochmals Eintrittsgelder, wir nehmen aber an, dass es sich hier um verschiedene Landrechte der Chechuas handelt, welche von der Weidewirtschaft leben.
Wer sich die Frage stellt, wer den Regenbogen über den Vinicunca so kunstvoll bemalt hat: Die Farben entstehen durch verschieden überlagerte Mineralien. Diese Sedimentschichten haben sich über Jahrmillionen gebildet und wurden durch die Plattentektonik von einer waagerechten in eine fast senkrechte Position gedrückt. Das enthaltene Eisenoxidpigment ist rötlich, oxidiertes Mangan präsentiert sich in Pinktönen, gelbliche Farbtöne werden durch elementaren Schwefel oder auch Schwefelverbindungen hervorgerufen. Die Reaktion von Kupfer mit Wasser und Sauerstoff führt zu den bekannten, blaugrünen Verfärbungen. Das Vorkommen von Granit erklärt die schwarzen Streifen.

Tinajani-Canyon 21.10.2023

Das erste, woran man denkt, wenn man über Puno spricht, ist der Titicaca-See. Heute entdecken wir einen neuen, versteckten und mystischen Ort: Unser Geheimtipp ist der „Cañon de Tinajani“ auf dem Altiplano im Süden von Peru. Auf einer weitläufigen, kargen Landschaft sind hier durch Wind und Wetter atemberaubende Felsformationen entstanden.
Der spektakuläre Cañón de Tinajani wird in den meisten Reiseführern nur mit ein paar Zeilen erwähnt, ist aber definitiv einen Abstecher wert! Die imposante Landschaft erstreckt sich über eine Fläche von rund 250 Hektaren und ist geprägt von bizarren Felsformationen, zerklüfteten Höhlen und schmalen Flussläufen – ein peruanisches „Monument Valley“. Die atemberaubende Schlucht wird auch Teufels-Schlucht genannt. Wir erreichen diese Schönheit von Ayaviri aus auf der gut ausgebauten Naturstrasse PU-713. Der Tinajani-Canyon selbst, liegt auf einer Höhe von 3.920 Metern.
Wir wandern durch die spektakuläre Landschaft und sind automatisch versucht, Figuren in den Felsformationen zu erkennen. So finden wir Dinosaurier, geflügelte Fabelwesen, menschliche Gestalten, Pinocchio, Kathedralen, ein echtes Wasserschloss und granitene Geister. Riesige, verwitterte Steinblöcke, bis zu 50 Meter hohe Säulen, manchmal als Monolithen, allein auf weiter Canyon-Flur, manchmal in regelrechten Stein-Wäldern anzutreffen. Gewaltige Steilwände inmitten einer kargen Vegetation versetzen uns ins Staunen.
Zwischen den hoch aufragenden Steingebilden sind einige Grabstätten längst vergangener Kulturen zu finden, die einst im Altiplano gelebt haben. Wie winzige Steinhütten schmiegen sich die so genannten Nischengräber in den Schatten der Felsen. Gleichzeitig ragen die farbig-glitzernden Kreuze moderner Gräber an manchen Stellen aus dem Nichts aus dem strohgleichen Gräsermeer. Unterbrochen wird das Szenario von den meterhohen, endemischen „Säulenpflanzen“, die uns an eine willkürliche Zusammensetzung aus Baum, Sukkulente und Kaktus erinnern. Die Übernachtungsplätze hier sind zudem grandios (aber hoch gelegen).