Salto 22.03.2024

Wir passieren die Grenze nach Uruguay bei Salto Grande, 20 km nördlich von Concordia in Argentinien. Wir können uns über keine Wartezeiten beklagen, bis sich drei chilenische Beamte ausführlich Zeit nehmen unsere Fahrzeugdokumente zu kontrollieren, um uns einen neuen TIP für Uruguay auszustellen. Fragen über Fragen betreffend Fahrzeugtyp, Autonummer, Wohnort etc. Wo ist das «Casa Rodante» im Fahrzeugausweis ersichtlich?
Ok, wir müssen unausgesprochen zugeben «WohnM» ist leicht zu übersehen. Wir erklären, dass dies «Wohnmobil» bedeute. Puahh, einverstanden. Dann der nächste Stolperstein oder Stolperseite: Die US-Visum-Seite in unserem Schweizer Pass sorgt bei den Beamten zudem für Verunsicherung. Ob wir evtl. doch US-Bürger sein könnten? Wir müssen zuerst klar stellen, dass es sich lediglich um ein US-Visum in einem Schweizer Pass handelt und wir tatsächlich Schweizer Bürger sind. Aber, die Beamten sind allesamt sehr freundlich, vor allem Oficial Lukas Schmidt, der kein Wort Deutsch spricht. Wenn schon gründlich, warum nicht auch noch eine gründliche Inspektion unseres Fahrzeuges? Sogar mit Drogenhund, welcher aber kein grosses Interesse zeigt, schliesslich ist Siesta Zeit. Nicht einmal unserer gestriger Katzenbesuch im Fahrzeug lässt sein Herz höher schlagen. Einfach nur langweilig, dieser Job! Nach einer Stunde fahren wir nach Uruguay über die Staumauer von Salto Grande. Unser nächstes Ziel ist die Stadt Salto, welche genau gegenüber von Concordia, auf der anderen Seite des Rio Uruguay liegt. Trennte der Fluss und die Grenze nicht die beiden Städte, könnte man geografisch meinen, es handle sich um ein und dieselbe Stadt.
Hier machen wir noch unsere üblichen Besorgungen, wie immer, nach unseren Grenzübertritten: Uruguayische Pesos besorgen, neue SIM-Karte und Einkäufe. Natürlich liegt zeitlich noch ein Helado mit Cappuccino in einer Eisbude drin, weiter kommen wir heute aber nicht mehr. Wir übernachten bei den «Termas del Daymán», ein Naherholungsgebiet für die Stadtbewohner von Salto. Wir übernachten in der grosszügigen Gartenanlage eines Hotels und benützen das Thermalbad in den abendlichen Sonnenstrahlen wieder einmal ganz alleine. Und wieder geht ein anstrengender Tag zu Ende, bevor wir in der Nachbarschaft noch einen kleinen Abendimbiss zu uns nehmen.

Artigas 24.03.2024

Grosse Rinder- und Schafherden begleiten uns über mehrere Kilometer links und rechts der Strasse. Hier scheint die Viehzucht vorherrschend zu sein, Platz hats hier ja genügend. Wir kommen in Artigas an, einer verschlafenen Kleinstadt, dabei ist heute Samstag. Etwas ausserhalb übernachten wir auf dem Club Deportivo, wo wir auf Rosi und Uli treffen. Wir teilen folgende Gemeinsamkeiten: Toyota Landcruiser, Verschiffung ab Montevideo auf dem gleichen Schiff, Amethysten Safari für Sonntag geplant und seit längerer Zeit Overlander-Einsamkeit vorherrschend! Endlich wieder einmal gemeinsam ein Glas Wein. Es bleibt nicht nur bei einem Glas, Fortsetzung folgt für den nächsten Tag.
Unsere Amethysten Safari lehrt uns viel über den Uruguayischer Amethysten, welcher in über 50 Länder exportiert wird. Im Bergbau sind fast 2000 Menschen beschäftigt. Es ist wahrscheinlich der grösste Arbeitgeber im Norden Uruguays. Alle der rund dreissig Bergbauunternehmen halten sich an die strengen Umwelt- und Arbeitsgesetze Uruguays. Sie achten auf eine konsequente Einhaltung der Sicherheitsvorschriften. Heutzutage verfügen die meisten Minenarbeiter über die nötigen Qualifikationen.
Als Amethyst werden die violetten Variationen des Minerals Quarz bezeichnet. Amethyst besteht, wie Quarz, aus Siliziumdioxid (SiO2), jedoch mit zusätzlichen geringen Fremdbeimengungen von Eisen.
Der Uruguay-Amethyst gilt als der beste der Welt. Auch die grössten, mit Amethysten gefüllten Geoden der Welt, stammen aus Uruguay. Ein Geode ist ein Gestein, mit einem von Kristallen ausgekleidetem Hohlraum. Der Rekord: die bekannte „Kaiserin von Uruguay“. der zwanzig Tonnen schwere Gigant, der sich jetzt in einer Privatsammlung in Australien befindet.
So gehört Uruguay zu den 100 bedeutendsten, geologischen Stätten der Welt. Ein internationales Gremium für die geologischen Wunder der Welt hat Uruguay zu diesen Top 100 auserwählt. Dies aufgrund seines grossen Vorkommens an Amethysten. Vor allem aber auch für die Einzigartigkeit aufgrund der Konzentration von Megageoden, ihrer enormen Reserven, ihrer Edelsteinqualität und Variationen in Grösse und Formen. Die allerbesten Amethysten liegen in der Region Las Catalanes nahe der Hauptstadt Artigas im Norden Uruguays.
Um nach Catalanes zu gelangen, fahren wir gemeinsam mit dem Guide rund 60 km von Artigas ins Bergbaugebiet zu den Minen. Während der Safari treten wir in einen Tunnel, der immer noch voller Geoden (Uruguays Minen haben so viele Geoden, dass sie sich derzeit nur auf den Abbau der grössten und wertvollsten Geoden konzentrieren). Es ist aufregend, bei einer konstanten Temperatur von 18 °C unter der Erde zu sein, umgeben von Edelsteinen, die vor 135 Millionen Jahren entstanden sind, als sich die heutigen Kontinente Südamerika und Afrika trennten.
Die Herkunft des Namens stammt aus dem griechischen „amethystos“, „dem Rausche entgegenwirkend“, und drückt den alten Glauben aus, dass ein Träger eines Amethysten gegen die berauschende Wirkung von Wein gefeit sei. Ebenso sollte Wein aus einem Becher aus einem Amethysten nicht betrunken machen. Ursprünglich ergab sich dieser (Aber-) Glaube aus dem Brauch, den roten Wein mit Wasser zu verdünnen, welcher dann eine rötlich-violette (amethystfarbene) Färbung annahm. Gleichzeitig konnte man wesentlich mehr davon trinken, ohne gleich betrunken zu werden.
Eine andere Variante der Namensgebung ist die, dass Bacchus, der Gott des Weines, ein junges Mädchen so erschreckte, dass es zu Kristall erstarrte. Daraufhin seufzte der Gott, und als sein Atem den Stein berührte, färbte sich dieser Purpur, wie die Farbe des Weines.
Dem Amethyst wurde auch eine Wirkung gegen Diebstahl nachgesagt. Dieser Umstand wird durch frühgeschichtliche Grabfunde auch belegt. In Bereichen der Niederlegung der Steine (meist in Halsketten), blieben goldene Grabbeigaben unangetastet.
Wir verabschieden uns vorläufig von Rosi und Uli, da sie noch tierärztliche Dokumente in Argentinien für den Nach-Hause-Flug ab Buenos Aires für ihren Dalmatiner organisieren müssen. Wieder einmal sind wir glücklich darüber, dass wir keine Fellnase auf unserer Reise mit eingepackt haben. Verliebt haben wir uns ja oft genug in diese obdachlose Lieblinge.
Unser Tagesplan wären 308 km von Melo nach Punta del Diablo an der Atlantikküste gewesen. Auf der Ruta 19 werden wir bei «19 de Junio» jäh zur Umkehr gezwungen. Der Río Cebollata ist in den letzten Tagen so angeschwollen, dass er die Strasse geflutet hat. Wir hoffen noch, dass unser Schnorchel sicherlich genügend über dem Wasserspiegel atmen kann, doch die Hoffnung stirbt, als uns die Locals sogar vor Lebensgefahr warnen. Zur Beweislage kommen uns auch schon zwei Kanufahrer auf der Strasse entgegen-«gefahren». Aus einem festgefahrenen Camion mussten sie Hab und Gut inklusiv Hund retten. Sie berichten uns, dass die Strasse weiter vorne zwei Meter tief unter dem Spiegel liegt. Klar zum Wenden! Diese Aktion kostet uns zum Glück nicht das Leben, dafür 200 Kilometer Umweg. Trotz Allem, das geplante Ziel erreichen wir mit Anbruch der Nacht.

Punta del Diablo 26.03.2024

Müde und mit Anbruch der Dunkelheit erreichen wir trotzdem noch unser Ziel. 298 km von der Hauptstadt Montevideo entfernt an der Atlantikküste und rund 40 Kilometer südwestlich der brasilianisch-uruguayischen Grenze. Hier gibt es eine geteerte Strassen, der Rest liegt im Sand. Zwischen einer schwarzen Lagune und dem Meer liegt dieser attraktive und einzigartige Zufluchtsort für Boheme, Ruhe, Outdoor-Vergnügen und Freiheit: die Küstenstadt Punta del Diablo.
Der Ort verdankt seinen Namen der Tatsache, dass die Gegend in den vergangenen Jahrhunderten Schauplatz zahlreicher Schiffbrüche war. Er wurde Mitte 1942 von Fischern besiedelt, die sich dem Haifischfang widmeten, deren Öl während des Zweiten Weltkriegs exportiert wurde, um die Armeen zu ernähren. Das ursprüngliche Fischerdorf, dessen 389 Einwohner (Stand: 2004) überwiegend als Fischer und Kunsthandwerker tätig sind, ist eines der bedeutendsten touristischen Ziele an der Küste Uruguays. Es stellt dabei aufgrund seiner Ursprünglichkeit und seines wenig modernen und mondänen Erscheinungsbildes den kompletten Gegenentwurf zum schicken, etwa 200 km entfernten Punta del Este dar, was wir sicherlich noch erkunden werden. Punta del Diablo kann man wohl als sogenanntes Aussteigerdorf bezeichnen. Trotzdem übt es eine hohe Anziehungskraft auf Touristen aus Argentinien, Brasilien und auch Europa aus und ist ein unter anderem bei Surfern beliebtes Urlaubsziel.
Die Sandstrassen sind nicht sonderlich gut ausgeleuchtet, trotzdem finden wir von unserem Camping aus den Weg ins Zentrum, wo um 20.00 Uhr gerade die Restaurants geöffnet werden. Wie wärs mit einer Pizza aus dem Holzofen und nach uruguayischer Art mit «Fainá»? Fainá kam um das Jahr 1830 von italienischen Einwanderer ins Land. Im Gegensatz zum genuesischen Fainá, wird bei der Herstellung des Montevideo-Fainá oft Weizenmehl zum Rezept hinzugefügt, da Kichererbsenmehl importiert werden muss. Eine Kuriosität ist, dass das Getreide, das früher Teil der Mischung war, «Erbsen» genannt wird, weil es Kichererbsenmehl sehr ähnelt, und im Departement Canelones in Uruguay produziert wurde. Sein Anbau wurde in den 1980er Jahren eingestellt. Damit ging dieses uruguayische Produkt beinahe verloren, wenn man nicht kürzlich versucht hätte, es aus ein paar geretteten Samen zurückzugewinnen.

Barra de Valizas 28.03.2024

Vor dem Dorf Barra de Valizas bietet uns der Atlantische Ozean 3 km feinen, weissen Sandstrand mit mässigem Wellengang. Dieses erholsame Strandleben wird von riesigen Dünen eingerahmt, diese wiederum werden durch Lagunen und deren Ausflüsse ins Meer unterbrochen. Die Wellen am Strand von Barra de Valizas eignen sich sehr gut zum Surfen, aber die beliebteste Sportart ist das Sandboarden, was auf den bis zu 40 Meter hohen Dünen ausgeübt werden kann. Fans dieser Sportart finden hier ein Paradies zum Sandboarden, insbesondere in der riesigen Düne namens «El Gran Val».
Der Strand Barra de Valizas ist auch Ausgangspunkt für zwei lange und tolle Spaziergänge, einer davon 7 Kilometer nach Norden in Richtung Aguas Dulces und der andere in die entgegengesetzte Richtung, nach Süden, zum Cerro de la Buena Vista. Er führt uns über den Fluss Valizas, wo wir per Boot die kleine Strömung überqueren können.
Die Hauptidee und das Hauptziel der angelegten Wanderwege direkt an den Sandstränden dieser Küstenregion besteht darin, das Gebiet zwischen Aguas Dulces, Barra de Valizas und Cabo Polonio zu vereinen und somit aufzuwerten. Apropos vereinen, hier treffen wir auch wieder auf Rosi und Uli mit ihrem Armado, dem Dalmatiner. Gemeinsam geniessen wir 2×2 Caipirinhas und 2×2 Mochitos im Strandrestaurant, wo wir übrigens auch seit Langem wieder ein köstliches Menu verkosten.
Aber auch hier war es in früheren Zeiten wesentlich unruhiger. Seit der Ankunft der Kolonialmächte in dieser Region Südamerikas, kämpften die Spanier und Portugiesen unermüdlich um ihre Gebietsansprüche im heutigen Uruguay. Durch die neuen Siedlungen entstanden riesige Viehzuchten. Jesuiten und deren eingesetzten Missionare sowie die Ureinwohner, die Guaraní, lebten hier. Die „zivilisierten“ Guaraní betrieben weiterhin riesige Viehzuchten, um die enorme Bevölkerung der entstandenen Missionsstädte zu ernähren. Die Rinder und Pferde wurden auf Befehl von Hernandarias (Gouverneur von Paraguay) ab dem Jahr 1611 eingeführt. Im Jahr 1750 unterzeichneten die Mächte Spanien und Portugal den Vertrag von Madrid, der die neuen Grenzen der Besitztümer eines jeden Königreichs in diesem Teil des amerikanischen Kontinents festlegte. Der «Vertrag von Madrid» ersetzte den vorherigen sogenannten «Vertrag von Tordesillas“» und ermöglichte so tatsächlich die Expansion der portugiesischen Kolonialgebiete in Südamerika. Gemäss dem neuen Vertrag wurden dann dauerhaft Marinesoldaten eingesetzt, um die territorialen Grenzen zu markieren. Diese territorialen Markierungen wurden «Marcos de los Reyes» genannt. Einer von ihnen befand sich genau an dieser Stelle.

Cabo Polonio 30.03.2024

Bei Kilometer 264,5 der Route 10 Uruguays, im Departement Rocha, befindet sich die Einfahrt zum Dorf «La Puerta del Polonio»: Seit 2009 ist «Cabo Polonio» Teil des Nationalen Schutzgebietssystems. Um seinen natürlichen Reichtum zu bewahren und die Auswirkungen der Menschen auf die Umwelt zu minimieren, ist die Einfahrt in das Dorf mit Privatfahrzeugen nicht gestattet. Die einzigen, die dazu berechtigt sind, sind offene Lastwagen im Safari-Stil, die direkt am Parkeingang abfahren und diese sieben Kilometer in ca. 30 Minuten durch Wald, Sanddünen und schlussendlich über den Strand in einer abenteuerlichen Panoramafahrt nach Cabo Polonio zurücklegen. Andere Möglichkeiten, das Dorf zu erreichen, sind zu Fuss oder mit dem Pferd von Valizas aus.
Ziel ist es, das schöne und einzigartige Ökosystem am Cabo Polonio mit seiner Felsenküste an der Halbinsel, den sich südwestlich und nordöstlich davon ausbreitenden wunderbaren Sandstränden, den hinter diesen liegenden Streifen mit Wanderdünen und die der Küste vorgelagerten Inseln mit ihren grossen Seelöwenkolonien in ihrem ursprünglichen, praktisch naturbelassenen Zustand zu bewahren und einen Teil davon einer kontrollierten touristischen Nutzung zuzuführen. So mancher Investor hatte hier schon ein zweites El Arenal visualisiert, und so mancher Hippie ein neues Goa. Zum Glück wurde aus beiden ‹Projekten› nichts.
Hier stehen wir auf einem ca. 30 Hektar grossem Felsplateau, das sich bis zu 15 m über den Meeresspiegel erhebt. Nordöstlich und südwestlich davon erstrecken sich wunderbare Sandstränden, die von Seelöwen und anderen Robbenspezies besucht werden. Hinter diesen liegen die grössten Wanderdünen Südamerikas! Die bis zu 50 m hoch werden können. Diese Dünen sind Zeugen, wie es früher an der gesamten uruguayischen Küste aussah; naturbelassenen Hügel und kleine Feuchtgebiete.
Die Geographie dieser Küstenregion war für Seefahrer seit je her gefährlich, da sich dieses Kap mitten in rauer See befindet und sich zudem eine ganze Menge an früher noch unbekannten Felsformationen darin befinden. Rund 400 Schiffbrüche vor Ort sind bekannt. Und weil wir gerade bei Schiffbrüchen sind: Die ersten (unfreiwilligen) Siedler von Cabo Polonio landeten hier 1753 (viele Quellen sprechen irrtümlich von 1735), als die spanische Galeone mit dem komplizierten Namen «Nuestra Señora del Rosario, Señor San Joseph y las Animas» mit 318 Mann an Bord unterging. Ein Teil dieser Männer wurde gerettet und verblieb danach auf der Halbinsel. Das Schiff gehörte übrigens einem Señor namens Joseph Polloni, was manche zu der Vermutung brachte, der Name Cabo Polonio könnte aus dem Nachnamen Polloni entstanden sein. Mit dem anschliessendem Bau des Leuchtturms begann auch die Fischereitätigkeit.

José Ignacio 31.03.2024

Das Fischerdorf José Ignacio hat sich zu einem sehr gehobenen Ferienort entwickelt und ist eine auffällig belebte Ergänzung zu den Küstendörfern, welche wir bis jetzt in dieser Region gesehen haben. Den wohlhabenden Besuchern und Prominenten dienen die Strände Brava, auch beliebt bei Surfern, sowie Mansa als Anziehungspunkt. Auf der grünen Halbinsel finden sich zahlreiche Yogastudios, Cocktailbars sowie Grillrestaurants mit Terrassen, die häufig auch zu trendigen Hotels gehören, sowie Maklerbüros.

Trotz all dem Mondänen, finden wir hier auch unberührte Strände, an denen goldener Sand und kristallklares Wasser des Atlantischen Ozeans aufeinandertreffen. Und, wir finden sogar, nach einer halben Stunde Wartezeit, einen Platz in einem Restaurant. Heute ist Ostersonntag, dementsprechend ist auch hier überall viel los. Wir laufen an modernen Villen vorbei, welche wohl Eigentum von reichen Uruguayern, Argentiniern und Brasilianern sind. Hier entdecken wir auch den ersten Ferrari auf unserer Reise. Passend, zu unserer Reise, steht auch er auf einer Sandstrasse, unpassend aber, mit Schweizer VD-Nummernschildern! Geflogen? Der Besitzer ist aber kein Schweizer Fussballspieler, sondern ein Paraguayer. Präsident einer Energie-Firma sowie einer südamerikanischen Logistikfirma, Mitglied einer Anwaltsvereinigung und Professor an der Uni Belgrano. Schweizer-Autoindex-sei-Dank und Google.

Am äussersten Ausläufer des Küstenbandes, am steilen und felsigen Ufer, warnt auch hier ein Leuchtturm den Schiffverkehr. Der „Faro de José Ignacio“ bietet von oben einen herrlichen Ausblick auf den Südatlantik. Er erreicht eine Höhe von 26 Metern und nahm am 1. Juni 1877 seinen Betrieb auf. Ich steige die 121 Stufen, hinauf und befinde mich nun 32,5 Meter über dem Meeresspiegel. Von hier aus sehe ich die Naturschönheiten um die Stadt und geniesse die Umgebung in allen Himmelsrichtungen bis zum Horizont. Endlich kann ich mal auf Sam hinunterschauen.

Uns ist klar, wir befinden uns hier nicht in einem Kaffeeland. Dennoch finden wir Illy-Kaffee, sogar in Bohnen, importiert wohl für die Schönen und Reichen. Ohne Preisüberwachung, schnappen wir uns eine 250gr-Dose und trauen nach dem Kauf unserer Benachrichtigung der DKB-App kaum: EUR 50.00 lassen wir uns unseren letzten Kaffeespass kosten.

Puerto Punta del Este 01.04.2024

In El Tesoro, nördlich der Küstenstadt, machen wir einen kurzen Zwischenstopp im «Museo del Mar». Hier treffen wir nicht nur auf eine riesige Auswahl an Meeresbewohnern, aufbewahrt in Formalingläsern, aufgerüstet als riesige Skelettgiganten oder in Reih‘ und Glied in Glasvitrinen ausgestellt. Wir reisen auch durch die Geschichte des Meeres und seiner Küste.
Was für eine riesige Arbeit, verbunden mit viel Leidenschaft, in diesem Museum steckt! Auch Piraten, alte Koffer, Parfums, Medikamente, der ganze «Way of Life» aus längst vergangenen Zeiten des Küstenlebens von Uruguay wird uns offenbart. Hier hätten wir eine Woche bleiben können, um jedes Detail aufzunehmen. Deshalb sind unsere Sinne, nach nur 2-stündigem Aufenthalt, leicht überfordert.
In Puerto Punta del Este machen wir einen Kaffeestopp, um wieder fit zu werden. Mehr, als Geld abheben erledigen wir in dieser, strategisch wohl wichtigen Stadt, nicht. Einzig der Hafen beeindruckt uns mit seinen Yachten. Die Stadt selbst ist nicht schön, dafür schön teuer.

Piriápolis 01.04.2024

Piriápolis hat eine, auf den Tourismus ausgelegte Infrastruktur, und zählt zu den bedeutendsten Badeorten des Landes. Die Stadt, die an der Küste über weite und schöne Badestrände verfügt, zählt ca. 10’000 Einwohner, besitzt einen Yachthafen, einen Golfplatz sowie einen Zoo.

Um 1715 war das britische Unternehmen „The Pan de Azucar Bay“ in diesem Gebiet tätig. Aufgrund dieser englischen Aktivität, erhielt das Gebiet den Namen «Puerto Inglés» und «Cerro del Inglés». Das heutige Piriápolis befand sich in der ursprünglichen Gerichtsbarkeit von Montevideo, das seine östliche Grenze vom «Cerro Pan de Azúcar» bis zum Meer hinzog.
Fernando Juan Santiago Francisco María Piria de Grossi war ein uruguayischer Unternehmer, Journalist, Politiker und der Gründer Piriápolis. Geboren wurde er 1847 als Sohn von aus Genua stammenden italienischen Immigranten. Um 1890 kaufte der Unternehmer diese Ländereien auf, wobei Piriápolis zunächst als landwirtschaftliches Unternehmen fungierte und erst später zu einem Kurort wurde. Im Jahr 1897 wurde der Bau des Schlosses (Privatresidenz von Piria) abgeschlossen und im Jahr 1899 das Weingut (mit einer Produktionskapazität von 360‘000 Litern Wein) sowie etwa 200 Hektar bepflanzte Weinberge. Gleichzeitig entwickelte sich auch eine Arbeiterstadt. Im Jahr 1902 begann die touristische Aktivität mit der Eröffnung des ersten Hotels im Garten des heutigen Argentino Hotels (von Piria als „Morondanga“ bezeichnet). Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits einige Besucherorte wie «La Cascada» und «La Virgen de los Pescadores». Um 1912 kamen neue Attraktionen hinzu, unter anderem der «Fuente del Toro» und der «Fuente de Venus» und das Hippodrom. Um 1916 wurde der Hafen fertiggestellt (die derzeitige Erweiterung wurde 1997 abgeschlossen), ebenso, wie die «Rambla de los Ingleses», wo wir mehrere Male vom Hafen bis zum Beginn des Strandes von San Francisco spazieren und die «Rambla de los Argentinos», welche sich westlich von Piriápolis erstreckt.

Wir laufen bis zum «Fuente del Toro“», welcher an Hängen des «Cerro del Toro» gelegen ist. Es handelt es sich um eine lebensgrosse Eisenplastik des Bildhauers «Isidore Bonheur», welche Francisco Piria eigens aus Paris mitgebracht hat, um die von ihm entworfene Trilogie der Brunnen zu vervollständigen. «Piri», wie der Bulle liebevoll genannt wird, wurde 1911 eingeweiht und speiste hier eine Mineralwasserquelle. Das Wasser dieser Quelle fliesst aus dem Mund des eisernen Stiers. Wenn also das Wasser durch das Innere des Stiers fliesst, dann werden dieses gereinigt. Hier gehen wir verbotenerweise weiter, um die schöne Aussicht auf dem Cerro del Toro zu erkunden. Der Weg muss schon über längere Zeit gesperrt sein, oder die Vegetation ist so schnell gewachsen. Nur mit Strandschuhen bekleidet, geht es schlussendlich dann doch auf allen Vieren auf den Felsgipfel.

An unserem letzten Aufenthaltstag besuchen wir noch Freunde, die wir bis anhin aber noch nicht kannten. Ja, das geht, nämlich so: In der Pandemiezeit lernte ich in Elm auf einer Wanderung Marcus, einen Brasilianischen Geologen kennen. Das war auf der Wanderung zum Martinsloch. In Ushuaia haben wir ihn nur knapp verpasst, Brasilien besuchten wir nicht. Seine Eltern wohnen aber in Piriápolis und freuten sich riesig über unseren Besuch. Wir natürlich auch. Schon bei der Begrüssung haben wir uns in die Arme geschlossen, als würden wir uns schon lange kennen. Für mich war die Konversation etwas schwierig. Spanisch geht ja zwischenzeitlich einigermassen. Aber die beiden switchten immer wieder ins Portugiesische. Trotzdem, unser Besuch hat wohl alle gefreut.

Montevideo 07.04.2024

Montevideo, die Hauptstadt des zweitkleinsten Landes in Südamerika, Uruguay, liegt entlang der Bucht des Mündungstrichters des Rio de la Plata. Montevideo ist nicht nur die Hauptstadt, sondern auch Primatstadt des Landes. Hinsichtlich ihrer demografischen und funktionalen Vormachtstellung hat sie eine ausserordentlich Bedeutung im nationalen Wirtschaftssystem und ist aufgrund ihrer Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft den anderen Städten des Landes weit überlegen. Montevideo hat knapp 1,4 Millionen Einwohner und in der Metropolregion leben ungefähr 2 Millionen Menschen.
Das bedeutet, dass fast 60% der Bevölkerung Uruguays im Ballungsraum von Montevideo leben. Die Mittelschicht der Bevölkerung ist recht wohlhabend und das extreme Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich ist hier eher unbekannt – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern des Kontinents. Die Stadt zeigt sich der Welt mit einem prachtvollen Mix aus Strandpromenaden, Grünflächen und architektonischen Meisterwerken. Zudem gehört Montevideo zu den sichersten Städten Lateinamerikas und ist ebenso die südamerikanische Stadt mit der höchsten Lebensqualität.
Auch wenn bereits im Jahre 1516 die ersten Europäer das Nordufer des Rio de la Plata bei Montevideo betraten, dauerte es nochmals mehr als 200 Jahre, bis die Gründung Montevideos durch die spanische Krone vollzogen wurde. Bei der Stadtgründung spielten vornehmlich militärische Gründe die wichtigste Rolle, denn es galt, die Angriffe der Portugiesen abzuwehren, die immer wieder von Brasilien aus in die Mündung des Rio de la Plata eindrangen. Ebenso war die Sicherung der Schifffahrt im südlichen Atlantik bei der Stadtgründung ein wichtiger Grund.
Nachdem wir unser Airbnb bezogen haben und Horu sicher auf einem bewachten Parkplatz abgestellt ist, erwartet uns in Montevideo eine ruhige und entspannte Zeit ohne Hektik und Stress. Im Vergleich zu vielen anderen südamerikanischen Grossstädten, ist Montevideo wirklich sehr entspannt. Die Autos bremsen freiwillig an Fussgängerübergängen, das typische Verkehrsgeräusch von Autohupen bleibt vollends aus. Vielleicht liegt die lockere und entspannte Atmosphäre daran, dass die meisten Einwohner immer mit den wichtigsten Utensilien unterwegs sind. Nämlich mit ihrem Matebecher und der Thermoskanne zum Nachfüllen. Der Matetee, ein koffeinhaltiger Kräutertee, wird in Uruguay sogar mehr getrunken als in Argentinien.
Montevideo verzaubert uns mit tollen sehenswerten Art Deco Gebäuden, wie dem Wahrzeichen der Stadt, dem Palacio Salvo. Daneben gibt es sehr viele schöne Kolonialbauten und Museen. Die meisten Museen sind sogar kostenfrei. Jedes Gebäude in Montevideo scheint eine eigene Geschichte erzählen zu wollen. Es lohnt sich also beim Spaziergang durch die Stadt immer wieder einen Blick nach oben auf die tollen Fassaden und Verzierungen der einzelnen Gebäude zu werfen. Wenn man Montevideo mit einer europäischen Stadt vergleichen sollte, würde uns auf Anhieb Budapest, mit seiner ähnlich schönen Architektur, einfallen.
Am Palacio Salvo vorbei, komme wir auf den wunderschönen Plaza Independencia. Dort haben wir den besten Blick auf das Art Deco Gebäude, umringt von Palmen, Reiterstatue und Altstadttor. Ein wirklich eindrucksvoller Platz!
Die Reiterstatue zeigt Artigas, den Nationalhelden von Montevideo, der für die Unabhängigkeit gekämpft hat. Unter dieser Statue ist das frei zugängliche Mausoleum mit seinen Überresten zu finden, geschützt von zwei Soldaten. Für uns heute leider geschlossen.
Wir gehen durch das alte Stadttor und befinden uns alsdann in der «Ciudad Vieja» – in der Altstadt von Montevideo. Sie ist gesäumt von kleinen Geschäften, Cafés und Restaurants. Von dort gelangen wir zum Puerto Mercado. Ein leckerer Geruch von gegrilltem Fleisch liegt in der Luft und reizt unsere Magenverven. Wir bekommen Hunger und sind hier genau richtig. Auch Grillgemüse am Fleischspiess wird für mich angeboten. In der Markthalle sind viele Restaurants anzutreffen. Dort wird das Asado auf dem offenen Grill, wie es in Uruguay üblich ist, langsam gegart. Einzelne Steaks gibt es bis 400 Gramm.
Am Palacio Municipal schaut eine der wenigen Nachbildungen von Michelangelos «David» in Originalgrösse auf uns herunter. Anlässlich der Fussballweltmeisterschaft 2018 in Russland, wurde die Nachbildung der Skulptur von David, vor den Büros des Bürgermeisters, ins Tenue der uruguayischen Fussballmannschaft-Mannschaft eingekleidet. Dieser Eingriff löste – wie erwartet – Kontroversen aus. Auf der Welt gibt es vier Nachbildungen von «El David». In Montevideo wurde «David» am 24. August 1931 eingeweiht, jedoch an einem anderen Ort als heute.
Im Anschluss geht es mit dem Fassadenlift dem Rathausgebäude empor, bis wir die 22. Etage in schwindelerregender Höhe erreichen. Wir erhaschen einen tollen Ausblick in alle Richtungen von der Aussichtsterrasse des «Palacio Municipal». Alle paar Meter stehen kleine Informationstafeln zu den Sehenswürdigkeiten, die wir in der Nähe oder in der Ferne ausmachen können.
Bald müssen wir uns von Horu für einige Wochen verabschieden. Am Hafen von Montevideo wird er uns in einem Container verlassen.

Puerto de Montevideo 09.04.2024

Unsere zweitletzte Aktion nach unserer fast zweijährigen Reise, aber eine einschneidende. Wir verabschieden unser tolles und zuverlässiges Fahrzeug, unsere zweckmässige Unterkunft und idyllische Schlafstätte als Überseefracht nach Hamburg. Was sollen wir sagen? Was empfinden wir dabei? Emotionen über Emotionen bewegen unsere Gemüter tief im limbischen System, während sich ‚Horu‘ alleine auf dem Atlantik bewegt.
Wäre da nicht noch die Vorfreude auf Urlaub in der kosmopolitischen Hauptstadt Argentiniens, käme uns glatt das Heulen! Die Verschiffung läuft wieder über Alejandro von Overlander Embassy in Panama. In Montevideo hat er seine Partner und Agenten. Horus Partner im Container ist ebenfalls von der Gattung Toyota Landcruiser. Dario und Vanessa lernten wir in El Chaltén kennen und haben mit ihnen das Teilen des Containers vereinbart. Zeitlich und von den Fahrzeugen her, passte das wunderbar. Und tatsächlich, auch vor Ort, im Hafen von Montevideo, werden beide Fahrzeuge in den Container gefahren. Dieses Mal steht der Container auf dem Hafenboden, und die Einfahrt erfolgt direkt. Leider geht die Abgabe der Fahrzeugschlüssel (Hinterlassung im offenen Fahrzeug) vergessen. Die müssen wir dann via Postweg aus der Schweiz dem Agenten am Hafen in Hamburg nachsenden. Das Verladen der Fahrzeuge dauert nicht mal eine Stunde. Da bleibt Zeit, noch eine Tour durch den Palacio de Salvo, das Wahrzeichen von Montevideo, zu machen.