Port Hardy

«Gilakas’la, Aayahu?at-, Welcome» Die Region von Vancouver Island North ist das Territorium der First Nations der «Kwakwaka’wak». Vancouver Island ist eine der drei grössten Kanadischen Pazifikinseln und noch grösstenteils unentdeckt, obschon nur eine Tagesreise von Vancouver, Victoria und Seattle entfernt. Ein bisschen verschlafen und ausgestorben wirkt Port Hardy bei unserer Ankunft um 20.00 Uhr. Nach langer Suche finden wir noch ein Pub-Grill, wo wir seit langem wieder einmal auswärts ein richtiges Essen bekommen, d.h., keinen Fast Food! Wir übernachten auf einem grossen Parkplatz vor dem Gericht, wo wir nach einer friedlichen Nacht in der Früh von streitenden Rabenvögeln aus dem Schlaf gerissen werden. Wie kreischende Kinder auf einem Kinderspielplatz. Wir wissen nicht, wer von den Vögel nun Recht bekommt, wir verlassen den Ort, bevor die Federn fliegen und der Richter den Vogel fällt. Wir machen noch ein paar Einkäufe und RV-Office (die Rechnungen aus der Schweiz erreichen uns auch in Kanada ☹). Bei offener Heckklappe werden wir immer wieder von neugierigen Passanten gestört. Woher wir unseren Truck haben, woher wir kommen, wie wir diesen auf ihren Kontinenten brachten, wo es uns am besten gefallen hat (bei dieser Frage sind wir noch heute überfordert), wohin die Reise weiter geht, wie lange sie noch geht, warum wir eine Schweizer Flagge mit deutschem Kennzeichen führen, etc. Wir sind erstaunt, wie viele Kanadier schon in der kleinen Schweiz waren, sicherlich jeder zweite, der uns anspricht. Interlaken ist der Favorit! Flumser Berge erstaunt uns aber dann doch etwas. Wallis und Genf, Bern und Zürich, dann war doch da mal eine Holzbrücke, die brannte…

Cape Scott Provincial Park

Vor unserer Weiterfahrt nehmen wir noch den Fort-Rupert-Trail in Port Hardy unter die Füsse. Ein sehr schöner Pfad durch den Urwald, grösstenteils auf Holzstegen. Wir fahren später weiter Richtung Nordwesten in den Cape Scott Provincial Park. Zwei Stunden Gravel führt uns über die Holberg Road. Hier wird rechts und links Zedernholz kultiviert für die Holzindustrie. Hinweistafeln informieren einen immer wieder, wann die letzte Aufforstung stattgefunden hat (1957), zudem wird auch nur partiell abgeholzt. Wie die ökologische Bilanz aber wirklich ist, entzieht sich unserem Wissensstand. Die Strasse endet vor dem National Park. Diese Gegend ist noch relativ unentdeckt, aber doch genügend bekannt für seine sehr flachen und weitläufigen Strände und unzählige, mehrtägige Trails durch die Wälder – international auch auf dem Radar der Backpacking Community. Von da aus geht’s also nur noch zu Fuss weiter. Wir lassen unser Fahrzeug auf dem letzten Campingplatz im Jungel. Der Platz ist ziemlich runtergekommen, aber sehr ruhig. Doug, der Besitzer, führte in den frühen 70er Jahren Hotels in der Gastown Area in Vancouver. Natürlich ist die Übernachtung mit $20 total überzahlt, aber wir betrachten es einfach als kleine Unterstützung für ihn, wir hoffen, dass er sich davon etwas Seife kauft und das Geld nicht gleich in Alkohol umwandelt. Wir wandern ca. eine Stunde durch den Urwald, bis wir an der St. Josef Bay eintreffen. Pünktlich mit unserer Ankunft öffnen sich auch die Wolkendeck, und die Sonne lässt die Farben von feinstem Sandstrand, grünen, weich ins Meer fallenden Hügel und intensiv blauen Himmel erleuchten. Wir kommen bei Ebbe an, und der feine Sand ist nur leicht von der ruhigen, blauen See bedeckt. Die zweite Bucht erreichen wir nur über einen Hight-Tide-Trail über die Klippen, wieder Urwald, Farn, Moos, einfach wunderschön und mystisch. Drei Stunden laufen wir den Buchten entlang ohne Langeweile. Einige junge Leute treffen mit ihren Zelten ein, um hier zu übernachten. Was für ein Paradies!

Telegraph Cove

Unsere Fahrt geht zurück über Port Hardy und weiter nach Port Neill, wo wir mit die Fähre die Insel Malcom mit dem Dörfchen Sointula besuchen werden: «Place of Harmony» auf Finnisch. Ins Leben gerufen durch eine finnische Kolonie, mit vielen Ambitionen und utopischen Träumen. Viele Besucher der Insel haben dafür Verständnis: Der richtige Platz für frische Luft und ein Salzwasserparadies auf Erden. 40 Minuten geht die Überfahrt mit der Fähre. Wir treffen wieder das österreichische Pärchen vom Dempster HW und denken, wie klein kann doch die Welt sein. Auf der Fähre, Horu bereits von Fahrzeugen umrahmt und eingeschlossen, bemerkt Sam, dass er seinen Bauchi (= Börse mit ALLEN Ausweisen!) im Visitor Center auf der Toilette hat liegen lassen. Ouh wey! Es gibt kein Zurück. Schnell suche ich die Telefonnummer heraus, immer mit dem Zeitschwert im Nachen – denn, legt das Schiff ab, verlässt uns möglicherweise das Mobilnetz. Wir schaffen eine Kontaktaufnahme noch in letzter Minute, und sein Bauchi wird sichergestellt. Ich hoffe, das wird ihm eine Aufmerksamkeits-Lehre sein. Beruhigt haben wir einen wunderschönen Übernachtungsplatz direkt am Meer gesichert und fahren auf die östlichen Küstenseite zum Wandern und zur Wahlbeobachtung am Strand. Wir fläzen zwei Stunden am Strand, leider ohne Aussichten auf Pustewale. Dafür haben wir überraschenderweise Eierschwämmli gefunden, welche unser Nachtessen bereichern. Endlich wieder einmal Pilzbrötchen alla Alp Flix! Am Abend mache ich noch eine Joggingrunde entlang der Küstenstrasse, und mir winken alle freundlich aus den Trucks entgegen, vom Ranger, über den Lastwagenfahrer bis hin zum Küstenhausbesitzer. Da füge ich voll motiviert noch 2 km an (macht zurück plus 4 km). Am folgenden Tag gibt es noch einen feinen Cappuccino inkl. Ginger Cookie im Hafencafé. Weiter geht die Fahrt via Fähre auf der Hauptinsel nach Telegraph Cove. Im Vorfeld haben wir schon Kontakt mit Franzi und Kai, den beiden Roadfüxxen aufgenommen. Wir haben sie auch schon auf dem Dempster HW getroffen. Sie laden uns auf ihren Stellplatz ein, auf den sie selbst durch digitale Kontakte von einem Landbesitzer eingeladen wurden. Nach kurzer Rücksprache erhalten auch wir Zutritt. Franzi und Kai stehen schon unten am Tor und öffnen uns das Paradies zur Plattform mit Aussicht aufs Meer. Abends gehen wir gemeinsam zur Bucht, und, da sind sie endlich! Einige Buckelwale ziehen ihre Längen in der Bucht und verraten ihre Anwesenheit immer wieder durch ihre Lungenatmung, welche doch recht kräftig sein muss, bei solchen Fontänen. Dann werden wir plötzlich durch ein Geräusch aus einem gegenüberliegenden Busch gestört. Im Gehölz bewegt sich etwas, ja, so circa in der Grösse eines Bärs. Und tatsächlich! 20 Meter vor uns vergnügt sich ein Schwarzbär beim Abendbrot. Er kommt den steilen Hang herunter und zeigt sich in seinem ganzen Antlitz. Er lässt sich von uns nicht stören und frisst gemütlich weiter, was er halt so findet an Wurzeln und Blättern. Fast schon schnuggelig und zum Umarmen nahe, und doch! Wir bleiben vorsichtig. Langsam aber doch weiter fressend, verringert er den Abstand zu uns. Das finden wir dann doch schon recht mutig, einer gegen vier! So verziehen wir uns langsam und überlassen ihm sein Revier. Eigentlich sind wir ja nach Telegraph Cove gekommen fürs Whale Watching auf dem Boot. Kaum gebucht, wurde unser Trip wegen zu hohem Wellengang (durch zu viel Wind und die Gezeiten) gecancelt. Tags darauf war die Freude umso grösser auf den Trip; unsere Freude wurde aber wieder jäh in den Wind geschlagen, nicht aufgrund des Windes, sondern wegen einer defekten Steuerung am Boot. So kommen wir wieder mit zwei langen Gesichtern zurück. Meine Enttäuschung ist riesig, und irgendwie fühle ich mich gleich wieder in meine Kindheit zurück versetzt, aber ich habe mich ja zwischenzeitlich in der Frustverarbeitung weiter entwickelt. Vielleicht morgen. Und, die lustige Begleitung von Franzi und Kai macht auch eine zweifach gecancelte Tour im Null-komma-Nichts wieder wett!
Tags darauf feiern wir unser Wiedersehen mit Anja und Uli, welche in Telegraph Cove eingetroffen sind. Fünf Wochen sind vergangen, seit unserem Auf-Wiedersehen-Versprechen. Uli erwischt gerade noch den One-Spot-Left fürs Whalewatching und kommt mit uns aufs Zodiac Boot. Wir erwischen einen Regentag (wie könnte es anders sein), dafür aber auch Orcas, Buckelwale, Seelöwen und Bald Eagles vor die Linsen. Andächtig sitzen wir im Boot und verfolgen 7 Orcas, das Männchen deutlich erkennbar an seiner doppelt so grossen Finne. Es jagen drei bekannte Clans (21 Tiere) in dieser Bucht, jedes Tier mit Namen erfasst und wird an seiner Finne (Umriss und Verletzungsspuren) und am weissen Fleck hinter der Finne individuell erkannt. Später überraschen uns zwei Buckelwale mit ihren Kindern. Die Teenager sind noch sehr verspielt (zu unserem Glück) und bluffen uns ein paar Sprünge vor. Vollständig springen sie aus dem Wasser und zeigen sich in ihrer vollen Grösse. Eine Kuh schwimmt auf dem Rücken und klatscht etliche Male mit ihrer Fluke auf die Wasseroberfläche. Die schwarz-weisse Zeichnung der Fluke und die wellenförmige Unterkannte sind ihr Erkennungsmerkmal. Die andere erwidert das soziale Spiel, indem sie mit ihren Flipper (= bis 5 Meter grosse Brustflosse) aufs Wasser peitscht. Was für ein Glück; wir sind gerührt und merken gar nicht, wie Regen-durchnässt wir nach drei Stunden Bootsfahrt sind. Am nächsten Abend wollen wir nochmals gemeinsam essen, und Sam verspicht Uli einen selbst gefangenen Lachs aus dem Campbell-River (dieser muss aber zuerst gefangen werden). Wie schon einmal erwähnt, Uli muss man immer einen Köder hinhalten, sei es Schokolade oder einen Lachs. Aus dem Lachs wird eine Lachsforelle. Uli hat etwa Mühe, und muss sich zuerst an das Filetieren gewöhnen, es sind halt keine Fischstäbli. Hie und da etwas Gräte lässt sein Herz für Findus wieder höher schlagen, das steht ihm beim Essen ins Gesicht geschrieben. Anja und Uli fahren tags darauf weiter nach Vancouver, da ihre US-Visa-Uhr tickt. Schade!

Tofino Uluelet

Wir fahren noch nach Tofino und Ucluelet an der Westküste von VI. Schliesslich wollen wir noch an die bekannte Long Beach, dem grössten und längsten Strand im Pacific Rim National Park Reserve und einer der frühesten und beliebtesten Surfgebiete British Columbias. Da der Strand hier dem offenen Pazifik ausgesetzt ist, und keine Inseln vorgelagert sind, herrscht eine konstante Brandung. Wir übernachten auf einem Campground, da hier Wild Campen praktisch unmöglich ist. Die Preise liegen denn auch bis zu 180$! Wir haben uns für klein, bescheiden aber oho entschieden und reihen uns zwischen die Surfer-Busse ein, für 32$. Sofort fühlen wir uns 30 Jahre jünger und hören Musik vom Lokalsender «Dick Dale, King of the Surf Guitar»

Victoria

Victoria ist zurecht die Hauptstadt der Provinz British Columbia. Die Stadt mit dem viktorianischen Charme, mit ihren altehrwürdigen Gebäuden, den Parks und Gärten erobert unsere Herzen im Nu. Vor allem der wunderbare Inner Harbour, eine Wohlfühlzone aus Hafen, Entertainment, Kunst, Kultur und vielem mehr. Hier vertreten wir uns die Beine bei einem kunterbunten Boardwalk, geniessen den wunderschönen Beacon Hill Park und lassen uns von der Open-Air Dixie-Band im Park akustisch verwöhnen. Hier liegt auch der Ursprung des Trans-Canada-Highways mit seinen 8030 km Länge, welchen wir von Halifax aus bis hierher unter die Räder nahmen. Die Mile «0» erreichen wir stolz und zu Fuss am Pazifik. Am nächsten Nachmittag haben wir unsere Fähre von Nanaimo nach Vancouver gebucht, dann heisst es Abschied nehmen von der Insel mit ihrem milden Klima vor der kanadischen Pazifikküste. Die Insel ist von Nord bis Süd ein Potpourri vom gesamten Kanada, wie wir es in den letzten drei Monaten kennen und lieben gelernt haben.

Vancouver

Am 03.09. fahren wir von Victoria wir wieder nordwärts nach Nanaimo, um die Fahre nach Vancouver zu nehmen. Die Überfahrt dauert ca. 90 Minuten. Wir haben uns für einen Zeltplatz (den Down-Town-nächst-Gelegenen) entschieden. Wir stehen wie auf einem Parking Lot, aber das wäre in der Stadt ja auch nicht anders gewesen, dafür haben wir die Annehmlichkeit einer Dusche, Waschmaschine, Pool und Bushaltestelle. Laut ist es hier schon, sind wir doch ziemlich unter der Lions Bridge und einem Verkehrsknotenpunkt zum HW1, aber egal, dafür legal und zentral. Am nächsten Tag machen wir unsere Hop-on/Hop-off Bustour, um erst einmal einen Stadtüberblick zu er-fahren. Leider ist der Stanley Park gesperrt, und der Bus schon eingereiht (und eingeklemmt) Richtung Vancouver West, weshalb unser Fahrer gezwungen ist, über die Lions Bridge Richtung Vancouver-West zu fahren. Da gibt es eigentlich nicht viel zu sehen, ausser, dass unser Höre noch brav auf dem Campingplatz steht. Unser Driver fährt weiter auf dem West Canadian HW 1 und zurück über die Ironworkers Memoriale Second Narews Bridge nach Vancouver Ost. So haben wir eine unordentliche, einstündige Extratour gemacht und wurden auf dem Highway als exotischen Touribus, brav eingereiht zwischen den Truckers fragend bestaunt, Vancouvers Real-Life Tour. Weg vom wunderschönen Stadtzentrum wird uns wieder bewusst, wie sehr wir die grosse Weite mit ihren abgelegenen Orten in Alaska und Nord-Kanada vermissen. Hier sind wir wieder zurück in der Zivilisation, wo den meisten Bewohnern ihr Land nicht mehr wichtig. Sie verdienen Geld und schlagen ihre geldeinbringenden Trassen durch die Natur. Wir fahren wieder zurück in unsere ordentliche Tour und erkennen wieder unsere grünen Bus-Stops
Vancouver ist eine einzigartige Stadt. sauber, modern, gepflegt, hip. Eingebettet in die nahe Berglandschaft und mit einem geschäftigen Seehafen an der Westküste British Columbiens. Sie ist der drittwichtigste Standort der nordamerikanischen Filmindustrie (Hollywood North). Vancouver wandelte sich mit der Zeit zu einem Dienstleistungszentrum und, insbesondere nach der Weltausstellung Expo 86 zu einem Reiseziel für Touristen. Neben den Betonbauten entstehen viele Glasbauten und eine blühenden Kunst- Theater- und Musikszene. Die Expo 86 war mit ein Grund, warum viele junge und ethnisch vielfältige Menschen nach Vancouver kamen. 2010 fanden hier die XXI. Olympischen Winderspiel statt. Unter fünf Goldmedaillen die goldenen Sprünge von Simon Ammann.
Wir nehmen rund 16 km unter die Füsse, von Canada Place über China Town durch Gastown (nach der mit Gas betriebenen Standuhr benannt) entlang dem Harbour Green Park, zurück über den Stanley Park und die Lions-Bridge.

Fazit

Kanada ist ein wunderschönes Land mit einer unbegrenzten Natur und liebenswürdigen, hilfsbereiten Menschen. Ihre Neugierde, verbunden mit ihrer direkten und ehrlichen Art, hat uns sehr angesprochen. Alle sind an unserer Herkunft und Reise sehr interessiert und immer zu einem Schwatz bereit. Es scheint, als spiele hier die Zeit keine Rolle. Wir wurden jederzeit willkommen geheissen und fühlten uns überall sicher. «Safe travel», zwei viel gehörte Worte.
Nur eine traurige Tatsache hat uns die ganze Reise quer durch Kanada begleitet: der Umgang der kanadischen Regierung, der Behörden und der Kirchen mit der indigenen Bevölkerung während mehr als 150 Jahren. Dies hat traurige, sicht- und spürbare Spuren hinterlassen. Wer sich stark fühlt und sich informieren will, kann den nachfolgenden Link anklicken:
Die brutale Historie der Indigenen-Schulen in Kanada